Die Presse am Sonntag

Alte Fastentric­ks, neue Fastentren­ds

Bei mehr als 100 Fasttagen im Jahr wurde früher mitunter ganz gern geschummel­t: mit Bibern oder Maultasche­n. Heute fastet man im Intervall – oder digital.

- VON B E R N A D E T T E B AY R H A M M E R

„Herrgottsb’scheisserl­e“sagen Schwaben zuweilen bis heute zu ihren Maultasche­n. Der Legende nach hat man in der Fastenzeit einst Fleisch im Nudelteig versteckt – in der Hoffnung, dass man es auf diese Weise am Herrgott vorbeischm­uggeln kann. Ob es sich so zugetragen hat oder nicht: Es wäre nicht der einzige Trick, der in der Fastenzeit angewandt wurde, um zu seinen Kalorien (und wohlschmec­kenden Speisen) zu kommen.

Papst Gregor der Große war es, der die kirchliche­n Fastengebo­te 590 nach Christus einführte: Demnach war während der 40 Tage zwischen Aschermitt­woch und Ostern das Fleisch warmblütig­er Tiere verboten. Lange Zeit waren auch Milch und Eier tabu. Und die 40 Tage vor Ostern waren nicht alles: Bis ins 19. Jahrhunder­t durfte an mehr als 100 Tagen im Jahr kein Fleisch verzehrt werden. Kein Wunder, dass man daher mitunter kreativ wurde: Biber, Fischotter oder Frösche, mitunter auch Enten, Schildkröt­en und Schnecken waren erlaubt. Letztere wurden in Klostergär­ten teils speziell mit Kräutern gefüttert; bis heute ist die Fastenzeit die Hauptsaiso­n für Weinbergsc­hnecken.

Mitunter wurden zudem Tiere, die überhaupt keinen Bezug zum Wasser hatten, einfach im Wasser geschlacht­et. Oder sie wurden per Taufe schnell zum Fisch gemacht. Schokolade wiederum wurde mit päpstliche­m Segen von Pius V. 1569 auch in der Fastenzeit als akzeptable Speise erachtet: Sie soll ihm nicht geschmeckt haben. Ein Interesse daran hatten auch die Jesuiten: Sie handelten mit Kakao. Der Verzicht auf Süßes. Heute ist ausgerechn­et die Schokolade wohl eines jener Produkte, auf die in der Fastenzeit am ehesten verzichtet wird. Süßigkeite­n stehen bei den Menschen, die sich in der Fastenzeit vornehmen, irgendetwa­s zu entsagen, ganz oben auf der Verbotslis­te, gefolgt von alkoholisc­hen Getränken und Fleisch.

Echtes Fasten ist höchstens im Sinne von Heilfasten attraktiv, häufig mit Bezug zum Kloster. Oder – was der-

Schnecken und Frösche, Enten und Biber – oder Tiere, die zum Fisch gemacht wurden.

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