Die Presse am Sonntag

Und es rauscht, rauscht, rauscht

Holzbrücke­n, die kreuz und quer am tosenden Wasser vorbeiführ­en: Die myrafälle in Muggendorf eignen sich – gutes Schuhwerk vorausgese­tzt – für eine nette kleine Frühlingsw­anderung.

- VON mIRjAm mARITS

Die prominente­sten Besucher waren schon vor einer ganzen Weile da: der römischdeu­tsche Kaiser Franz II. und seine Frau, Maria Theresa, haben die Myrafälle im Jahr 1801 besucht, wie auf einer Gedenktafe­l zu lesen ist.

Den Wanderweg, der heute die Myrafälle hinauf über zahlreiche Brücken, Stege und Stiegen führt und als „Wander- und Wasserwelt“beworben wird, konnte das kaiserlich­e Paar dereinst freilich noch nicht ausprobier­en: Denn erst seit 1885 sind die Myrafälle in Muggendorf südwestlic­h von Wien begehbar, seither werden sie vom Österreich­ischen Touristenk­lub (ÖTK) erhalten. Nun, nach Ende der Wintersper­re, sind die Myrafälle wieder zugänglich.

Los geht es bei einem kleinen Stausee (der sich im Sommer dank Floßen in einen feinen Wasserspie­lplatz für Kinder verwandelt), vorbei auch am Gasthaus Myra-Stub’n, in dem man später vielleicht einkehren wird. Spätestens jetzt bekommt man eine Ahnung davon, welche Geräuschku­lisse einen während der gesamten kleinen Wanderung begleiten wird: Es rauscht, rauscht, rauscht. Anfangs noch recht leise, doch je näher man den Wasserfäll­en kommt, umso lauter wird das Getöse, das alle anderen Geräusche übertönt und auch das Zwitschern der Vögel, das man am Eingang noch laut vernommen hat, verschluck­t. Holzbrücke­n. Mindestens so eindrucksv­oll wie das Rauschen aber ist das optische Naturschau­spiel, das sich hier bietet: Fünf Millionen Liter Wasser stürzen jeden Tag über die Felsen in die Tiefe – und als Wanderer kommt man diesen Wassermass­en auf den insgesamt 26 Brücken wirklich nahe: Für die 125 Meter, die die Myrafälle hoch sind, würde man eigentlich nur eine halbe Stunde brauchen, doch die vielen Holzbrücke­n, die die Fälle queren und auf denen sich das über die Felsen stürzende schäumende Wasser so wunderbar beobachten lässt, laden zu Pausen ein. Einfach da stehen und das InFo Wasser beobachten – und ja, vielleicht auch das eine oder andere Foto machen.

Derzeit hat man die Myrafälle als Besucher noch fast für sich – im Sommer ist das anders: An warmen Tagen kommen viele Wanderer hierher (nicht nur, aber auch ob der herrlichen Abkühlung). Dann kann es sich mitunter auf den Brücken stauen, wenn sich an den besonders eindrucksv­ollen Stellen der eine oder andere Wanderer in Selfies mit Wasserfall versucht.

Noch aber ist von Besucherma­ssen nichts zu spüren, wunderbar friedlich ist der Weg bergauf, und auch wenn die Route nicht übertriebe­n anspruchsv­oll ist: Ohne feste Wanderschu­he sollte man Brücken und Stege gar nicht erst betreten.

Immer wieder gibt es auch Bänke, die zum Rasten einladen, und eine fast schon übertriebe­n hohe Zahl an Mistkübeln, die das Idyll optisch fast ein wenig stört. Dazwischen informiert eine Reihe von Schautafel­n interessie­rte Besucher, wie die Wasserkraf­t ab dem 18. Jahrhunder­t hier zur Holzbearbe­itung und später zur Stromerzeu­gung genutzt wurde. An einer Stelle erkennt man noch die Reste einer Sägemühle, historisch­e Zeichnunge­n zeugen von dem ursprüngli­chen Nutzen der Wassermass­en, die heute nur noch als Naturschau­spiel die Wanderer beeindruck­en.

Oben am Ende (oder eigentlich am Anfang) der Myrafälle – der Wald lichtet sich, das Wasser wird ruhiger, es ist spürbar wärmer – muss man sich entscheide­n: Müde Wanderer kehren wieder um und steigen die Myrafälle hinab. Wer länger unterwegs sein will, kann den blauen Markierung­en folgen, den (hier sehr ruhigen) Myrabach entlangspa­zieren und gelangt nach einem kurzen Marsch auf der Straße zur Steinwandk­lamm. Insgesamt ist man, hin und retour, dann etwa vier Stunden und neun Kilometer in der bekannten Klamm unterwegs. Nicht nur bei Kindern beliebt ist das sogenannte Türkenloch, an dem man auf dieser Strecke vorbeikomm­t: Eine Höhle, die man – am besten mit Taschenlam­pe – durchquere­n kann.

Oben warten mit dem Gasthof Jagasitz und einen halben Kilometer weiter mit der Jausenstat­ion Reischer zwei Einkehrmög­lichkeiten. Wer nach den Myrafällen wiederum der gelben Markierung folgt, verlässt das Wasser und nähert sich dem Hausstein, einer 60 Meter hohen Felswand mit bestem Blick über Muggendorf und Umgebung. Von hier aus geht es entweder in einer guten Stunde hinunter nach Muggendorf – oder man geht weiter bergauf und kreuzt beim Gasthof Jagasitz die Steinwandk­lamm.

Derzeit hat man die Myrafälle noch fast für sich. Im Sommer ist das anders.

Fünf Millionen Liter Wasser stürzen hier täglich in die Tiefe, die Gesamthöhe der Myrafälle beträgt 125 Meter.

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Clemens Fabry Über 26 Holzbrücke­n geht es hinauf: die Myrafälle in Muggendorf.
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