Genug Sand in der Waschmaschine?
Regelmäßig bringen Datenleaks Fälle mutmaßlicher Geldwäsche ans Licht. Auch heimische Banken werden verdächtigt. Die Fälle liegen meist lang zurück. Hat sich die Situation geändert?
Anfang der Woche war es wieder einmal so weit. Das internationale Recherchenetzwerk OCCRP präsentierte die Ergebnisse im Fall „Troika-Laundromat“. Auf Basis eines Datenleaks bei der 2013 pleitegegangenen litauischen UkioBank wurde ein System aus Briefkastenfirmen dargestellt, mit dem die russische Troika-Bank es ihren Kunden ermöglicht haben soll, rund 4,2 Mrd. Euro an Schwarzgeld außer Landes zu bringen und dabei weißzuwaschen.
Vorgekommen sind in den Daten auch heimische Banken. Sie empfingen verdächtige Zahlungen, die von der Ukio-Bank an Konten von Firmen aus Offshore-Destinationen bei westeuropäischen Banken gesandt wurden. In Österreich betrifft das vor allem die in der Raiffeisen Bank International (RBI) aufgegangene RZB. Sie soll 630 Mio. Dollar empfangen haben. Diese Zahlungen waren mit Rechnungen unterlegt, allerdings ist unklar, ob es sich mitunter um Scheinrechnungen gehandelt hat. In einer mit dem Ukio-Datenleak in Zusammenhang stehenden Anzeige gegen unbekannt des britischen Fonds Hermitage werden neben Raiffeisen auch die Erste Bank, die Bank Austria, die Bank Gutmann und die DenizBank genannt. Alle Institute erklären, sich an sämtliche gesetzliche Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche gehalten zu haben. Frühere Leaks. Der Fall erinnert an frühere Datenleaks. So ging es auch beim „Russian Laundromat“2017 oder den Panama Papers 2016 meist um Geldwäsche. Und auch in diesen Leaks kamen heimische Institute vor, weil sie bei Geldflüssen zwischen Osteuropa und der Karibik zwischengeschaltet waren. Vieles wurde von den Behörden inzwischen geprüft und für ordnungsgemäß erklärt. Allerdings gab es von der Finanzmarktaufsicht (FMA) sehr wohl auch – noch nicht rechtskräftige – Strafen: 2,7 Mrd. Euro für die RBI, 414.000 Euro für die Hypo Vorarlberg.
Was alle Fälle ebenfalls eint, ist, dass sie zwar erst jetzt bekannt werden, die Vorkommnisse aber schon länger zurückliegen – im aktuellen Fall geht es unter anderem um Zahlungen aus 2008. Seither hat sich jedoch sowohl gesetzlich als auch bei der faktischen Regulierung einiges getan. Sind die nun in der Kritik stehenden Fälle also bereits Vergangenheit und könnten heute so nicht mehr geschehen?
Ein Rundruf bei Banken, der FMA und der Geldwäschestelle im Bundeskriminalamt (BKA) zeigt, dass sich alle Beteiligten in einem Punkt einig sind: die heutige Situation ist mit jener von vor zehn Jahren nicht mehr vergleichbar. So wurden inzwischen beispielsweise die Know-your-Customer-Regelungen deutlich verschärft. Jedes Institut muss heute genau wissen, wer der wirtschaftliche Begünstigte ist und welches Geschäftsmodell das Unternehmen hat. Handelt es sich dabei um eine sogenannte PEP – politisch exponierte Person – oder ist eine OffshoreDestination Teil des Geschäfts, gibt es automatisch erhöhte Aufmerksamkeit.
Aus Sicht der Aufsicht haben die strengeren Regeln jedenfalls Erfolg gehabt. „Die Geschäftsbeziehungen österreichischer Banken zu Offshore-Zentren sind massiv zurückgegangen“, sagt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Allein von 2016 auf 2018 reduzierte sich die Zahl der Offshore-Kunden um 22 Prozent auf 4247. „Wir sehen das als Erfolg unserer Null-Toleranz-Linie im Kampf gegen Geldwäsche.“Auch im BKA zeigt man sich positiv. „Nicht nur Banken, sondern auch Anwaltskanzleien sind nun an Weiterbildung zu dem Thema interessiert. Es gibt ein völlig anderes Bewusstsein“, so BKA-Sprecher Vincenz Kriegs-Au. Das zeigen auch die harten Fakten: Wurden 2008 noch 1059 Verdachtsmeldungen bei der Geldwäschestelle eingebracht, waren es 2017 bereits 3058. Denn auch wenn die Banken nun in der Kritik stehen, zu ungenau zu kontrollieren, sind sie lediglich dazu verpflichtet, eine Meldung ans BKA zu machen. „Man kann einer Bank nicht vorschreiben, dass sie die Ermittlungstätigkeit der Strafverfolgungsbe-
Alarme
gibt der Computer an starken Tagen bei einer großen heimischen Bank. 99,8 Prozent davon lassen sich plausibilisieren, der Rest wird ans Bundeskriminalamt gemeldet.
Meldungen
gingen im Jahr 2017 von allen heimischen Banken, sowie Anwälten, Notaren oder Immobilienmaklern beim BKA ein (für 2018 gibt es noch keine Zahlen).
Mal
führten diese Meldungen im Jahr 2017 zu Anzeigen an die Staatsanwaltschaft (2016: 46). Achtmal kam es zu einer Anzeige bei der FMA.
rechtskräftige Verurteilungen
wurden aufgrund dieser Anzeigen erzielt. Meist war Geldwäsche dabei aber nur ein Teildelikt zusätzlich zu Diebstahl, Betrug oder Drogenhandel. hörden machen. Bei Verdacht muss es aber eine Anzeige an die Geldwäschestelle geben“, so Grubelnik. Riesiger Heuhaufen. Alles eitel Wonne also? Nicht ganz, sagt zumindest der Compliance-Verantwortliche einer großen heimischen Bank, der aufgrund der Brisanz anonym bleiben will. So funktioniere das Monitoringsystem heute zwar wesentlich besser. Aber: „Wir wickeln jeden Tag eine Million Zahlungen ab. Wir können aufgrund dieser Menge nur versuchen, risikobasiert Verdachtsmomente zu erkennen und diese weiterleiten.“Die Vorarbeit erledigt dabei der Computer. Der gibt bis zu 500 Mal am Tag einen „Alert“. Dann schaut sich ein Mitarbeiter den Fall an und verlangt gegebenenfalls Dokumente vom Kunden, der die Zahlung in Auftrag gegeben oder empfangen hat.
„99,8 Prozent der Alerts können so plausibilisiert werden.“Etwa einmal am Tag gibt es eine Verdachtsmeldung. „Wir suchen die Nadel im Heuhaufen. Das kostet sehr viele Ressourcen.“Dennoch dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, dass das Netz engmaschig sei. „Laut Studien wird über 99 Prozent der Geldwäsche nicht einmal erkannt.“
Grund dafür sei, dass Banken nicht wissen, wonach sie suchen müssen. Denn Geldwäsche ist immer erst die zweite Straftat – das Schwarzgeld muss ja aus einer kriminellen Handlung stammen. Man erhalte aber keine Hinweise von Polizei oder Justiz über aktuelle Ermittlungen. Das laufe in anderen EU-Ländern besser. „In den USA ist dieser Datenaustausch sogar vorgeschrieben.“Seiner Meinung nach wäre es sinnvoller, wenn die Banken ihre Alarme gleich ans BKA weiterleiten und diese dort mit anderen Datenquellen zusammengeführt werden. Das würde die Qualität des Monitorings steigern. „Derzeit machen wir die Aufgabe des Staates und werden dann dafür geprügelt, wenn wir Fehler machen.“
Allerdings ist ohnehin fraglich, ob Geldwäscher sich nicht schon längst andere Kanäle abseits des Bankensystems suchen – etwa Kryptowährungen wie Bitcoin. Das sieht man auch im BKA so: „Krypto ist ganz klar die Zukunft der Geldwäsche.“
»Es gibt ein völlig anderes Bewusstsein zu dem Thema also vor zehn Jahren.«