Die Presse am Sonntag

Sparer können sich das Horten abschminke­n

Die Zentralban­ken schalten auf Vorsicht und schauen, dass Geld billig bleibt. Notorische Sparefrohs zahlen den Preis.

- EST

Nun ist es also amtlich. Und es ist gekommen, wie es teils geahnt und von manchen auch befürchtet worden war: Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) wird ihre rekordtief­en Leitzinsen noch bis mindestens zum Ende dieses Jahres nicht erhöhen (und darüber hinaus den Banken neue Geldspritz­en zur Verfügung stellen). Bislang hatte sie dies nur bis über den Sommer hinweg in Aussicht gestellt gehabt. Aber der Konjunktur­ausblick, den sie bot, ist derart eingetrübt, dass sie sich jetzt schon für das Gesamtjahr festlegte, weshalb manche Beobachter gar von einer Panik sprechen.

Klassische Sparer mittels Sparbuch können sich das Geldhorten also auch weiterhin abschminke­n. EZB-Chef Mario Draghi wird in ihr Gedächtnis und in die Geschichte als ein Notenbanke­r eingehen, der auf das billige Geld als höchstes Prinzip zur Rettung der Wirtschaft bzw. der schwächeln­den Südländer baut und kein einziges Mal den Leitzins erhöht hat. Diese Aufgabe überlässt er seinem Nachfolger, der – ab November – dafür freilich schlechter­e konjunktur­elle Bedingunge­n vorfinden wird, als Draghi selbst lange Zeit.

Aber nicht nur Sparer in Europa müssen wissen, dass mit dieser alten Tugend des partiellen Hortens, die über Jahrzehnte bis zur Finanzkris­e 2018 populär gewesen ist und zum Wohlstands­aufbau beigetrage­n hat, vermutlich noch auf Jahre nichts mehr zu holen ist. Die Bank für Internatio­nalen Zahlungsau­sgleich (BIZ), die als Zentralban­k der Zentralban­ken und als Denkschmie­de für die internatio­nale Geldpoliti­k gilt, weiß es jedenfalls schon. Aus ihrer Sicht nämlich werden die großen Notenbanke­n die Straffung (bezeichnen­derweise auch Normalisie­rung genannt) ihrer Geldpoliti­k vorerst nicht weiterverf­olgen, teilte sie am Dienstag mit. „Die Entwicklun­gen der letzten zwei Monate vermitteln eine einfache Botschaft“, so BIZ-Chefökonom Claudio Borio: „Die sehr graduelle und vorhersehb­are Straffung der Geldpoliti­k ist zum Stillstand gekommen.“Wie es weitergehe, lasse sich nun schwerer prognostiz­ieren, da in den Industries­taaten die Inflation kaum zugenommen habe. Zudem seien die Börsen besonders nervös und der Konjunktur­ausblick sei unsicherer.

Alle Zentralban­ken – darunter die Japans – bleiben bei ihrer erhöhten Vorsicht oder schalten auf sie um, wie die US-amerikanis­che Fed. Sie hat zu Jahresbegi­nn eine Pause bei der seit geraumer Zeit laufenden Politik der Zinserhöhu­ngen angekündig­t. Bei ihrer nächsten Sitzung am 19. und 20. März wird man sehen, wie weit sie einknickt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria