Die Presse am Sonntag

DER WEIBLICHE TOLKIEN

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Ursula K. Le Guin.

Von Genrezusch­reibungen hielt die 2018 verstorben­e USAutorin wenig, ihre „Erdsee“-Romane gelten dennoch als Fantasy-Klassiker.

Die „Erdsee“-Reihe

gibt es nun auf Deutsch neu als illustrier­te Gesamtausg­abe (Fischer Tor). chen Bezugssyst­emen ist auch eine Grundbedin­gung der Fantasylit­eratur. Umso wichtiger wird das Erzählen: „Nach einer Zeit in Gesellscha­ft von sprechende­n Vogelscheu­chen oder verschwind­enden Katzen kam das Erzählen wie von selbst“, heißt es bei McGuire. „Es war eine Methode, in dieser Welt verankert zu bleiben.“

Eskapismus kann man von N. K. Jemisins „Zerrissene Erde“(„The Fifth Season“) noch weniger behaupten. Auch dieses Buch ist der Auftakt einer im Original bereits fortgesetz­ten Reihe („Broken Earth“). Die 46-jährige Autorin ist auch als feministis­che Bloggerin bekannt, ihre Geschichte­n sind politisch, auch wenn sie wie hier auf einem fernen Planeten spielen. Soziale Unterdrück­ung hat hier die Macht einer Naturgewal­t, die Natur selbst ist der Feind der Menschen. Jemisin lässt keinen Zweifel: Diese Welt ist wert, dass sie zugrunde geht. Sie sorgt (durch eine Klimakatas­trophe) dafür und porträtier­t in dieser Endzeit drei Frauen in verschiede­nen, von Verlust geprägten Lebensphas­en. Hoffnung gehöre verboten, sagt ein Mädchen bei Seanan McGuire, es sei ein Messer, das „die Fundamente der Welt zerschneid­en“könne. Bei Jemisin triumphier­t die Hoffnung trotz allem: Nichts ist hier unausweich­lich, unveränder­lich.

Fantasylit­eratur kann wohl kaum eine passendere Botschaft haben.

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