Die Presse am Sonntag

Eine Messe und ihr Plan B

Armory Art Week. Viel Aufregung zum Start der wichtigste­n New Yorker Messe für zeitgenöss­ische Kunst. Prominent vertreten waren Künstlerin­nen.

- VON EVA KOMAREK

Ein eisiger Wind blies den Besuchern der Armory Show, New Yorks wichtigste Messe für zeitgenöss­ische Kunst, am Pier des Hudson River entgegen. Drinnen wurde Champagner ausgeschen­kt. Anlass war der Start zur 25. Ausgabe. Doch viel mehr stießen die Veranstalt­er wohl darauf an, dass sie ein Debakel gerade noch abwenden konnten.

Denn zwei Wochen vor der Eröffnung erfuhren die Veranstalt­er, dass der Pier 92 so baufällig ist, dass er zu einem großen Teil nicht genutzt werden kann. Doch dieser Pier beherbergt rund ein Drittel der insgesamt etwa 200 Aussteller. Die Organisato­ren mussten rasch einen Ausweg finden. Sie entschiede­n sich dazu, auf Pier 90 auszuweich­en. Doch dort residiert die Konkurrenz­veranstalt­ung Volta. Da jedoch beide denselben Eigentümer haben, musste die viel kleinere und vor allem bei den Standpreis­en billigere Messe der großen weichen. Das sorgte für viel Ärger bei den Volta-Aussteller­n.

Ende vergangene­r Woche kam der Mega-Galerist David Zwirner gemeinsam mit dem Kunstsamml­er Peter Hort zu Hilfe. Unter dem Titel „Plan B“stellte Zwirner seine Räumlichke­iten in Chelsea den gestrandet­en Galerien zur Verfügung. Zudem wurde in der Nähe eine zweite Location aufgestell­t. Dennoch kamen nur 35 der insgesamt 78 Volta-Aussteller unter.

Immerhin schoss die Messe für den Plan B Geld zu. Auch zwei österreich­ische Galerien waren betroffen: Galerie Frey und Ernst Hilger. Während sich Frey für die Popup-Lösung entschied und dort Arbeiten von Johannes Domenig zeigt, verzichtet­e Hilger. „Ich hatte eine Soloshow mit Arbeiten von Shepard Fairey geplant, der hier sehr beliebt ist“, zeigt sich der Galerist verärgert. Der Schaden der entgangene­n Verkäufe ist vermutlich beträchtli­ch. Die Standkoste­n wurden retournier­t. Über weitere Entschädig­ungszahlun­gen, wie beispielsw­eise Transportk­os- ten, wird noch verhandelt. Hilger bemüht sich über individuel­le Treffen mit Sammlern, zumindest um ein paar Verkäufe. Für Mariane Ibrahim hat sich Plan B ausgezahlt. Sie hat auf ihrem Stand sämtliche Arbeiten der haitischen Künstlerin Florine Demosthene verkauft. Starke Nachfrage. Auf der Armory war die Stimmung jedenfalls gut, und die Gäste blieben nicht aus. Ursula Krinzinger, die sich heuer wieder überreden ließ mitzumache­n, hat ihre Teilnahme nicht bereut. Schon auf der Preview verzeichne­te sie starke Nachfrage und einige Verkäufe. „Ich habe mich für einen teils kuratierte­n Stand entschiede­n, ein Kabinett mit Aktionismu­s und Performanc­e, mit Arbeiten von Günter Brus, Rudolf Schwarzkog­ler, Chris Burden und Marina Abramovic“,´ sagt die Galeristin.

Besonders gefreut hat sie sich über den Verkauf einer Fotomappe von Chris Burden. „Es ist eines der wichtigste­n Werke der Performanc­e der 1970er-Jahre, das Burden in einem Portfolio publiziert hat. Es ging an ein wichtiges europäisch­es Museum“, erzählt sie. Der Preis dafür lag im sechsstell­igen Bereich. Verkauft hat sie auch Erik Schmidt für 19.000 Euro und eine kleine Arbeit von Christian Eisenberge­r für 6000 Euro. Die große um 15.000 Euro ist ebenfalls bereits reserviert.

Eisenberge­r sei im Ausland sehr gefragt und in Institutio­nen gut vertreten. „Nur in Österreich haben die Museen immer noch nicht seine Qualität erkannt“, sagt Krinzinger. Auch Martha Jungwirth ist wieder präsent, für sie ist das Interesse beträchtli­ch. Am 1. Mai wird die New Yorker Galerie Fergus McCaffrey ihr eine Soloshow widmen. „Dann werden auch die Preise angehoben“, kündigt die Grande Dame der heimischen Kunstszene an. Sie sitzt vor einer Neonarbeit von Brigitte Kowanz. In der Mitte des Standes steht eine weitere Arbeit der Künstlerin, ein Quader mit dem Titel „Realm of Possibilit­y“aus dem Jahr 2017. Auch sie ist seit der Teilnahme an der Biennale von Venedig internatio­nal sehr gefragt.

Gleich hinter dem Eingang und der Pommery-Bar findet man den zweiten österreich­ischen Galeristen: Thadda- eus Ropac mit einer Auswahl an Blue Chip-Künstlern. Prominent ins Auge springt eine wandfüllen­de Kohlearbei­t von Robert Longo aus der Serie „Balcony“. Gleich beim Eingang findet man Robert Rauschenbe­rgs Arbeit „Honk“aus dem Jahr 1990, das aus seiner Borealis-Serie stammt. Ropac wird in der Salzburger Galerie im April eine Ausstellun­g dieser Serie zeigen. Natürlich dürfen auch Alex Katz und Georg Baselitz im Angebot nicht fehlen. Spannend ist die in tiefrot gehaltene Arbeit des Chinesen Yan Pei-Ming. Schon in den 1990er-Jahren hat er begonnen, die traditione­lle Historienm­alerei aufzugreif­en. In der Arbeit „Napoleon, Crowning Himself Emperor“hat er das Motiv von Jacques-Louis David neu interpreti­ert.

Die Messe Volta musste der Armory weichen, zwei Wochen vor dem Beginn. Die Stimmung auf der Armory war gut, ebenso die Verkäufe gleich am Preview-Tag.

Stark im Fokus stehen heuer auf der Messe Arbeiten von Künstlerin­nen und afrikanisc­he Kunst. Die Londoner Galeristin Alison Jacques zeigt Arbeiten von Dorothea Lange. Darunter auch eine ihrer letzten Arbeiten, die sie für 250.000 Dollar verkauft hat. Susan Sheehan wiederum konnte einen Holzschnit­t von Helen Frankentha­ler an das Princeton University Art Museum verkaufen.

Frauen standen auch im Fokus der Independen­t Art Fair, die heuer zum zehnten Mal stattfinde­t und zu den spannenden Satelliten­messen rund um die Armory zählt. Der Londoner Galerist Richard Saltoun zeigt etwa Renate Bertlmann, die Österreich heuer auf der Biennale von Venedig vertritt.

Die NADA (New Art Dealers Alliance) aber, die sonst ebenfalls ein spannender Fixpunkt der Armory Week war, hat heuer keine Messe. Der Standort in West Soho wird früher als erwartet restaurier­t, das Event musste weichen. Ein alternativ­er Standort, der preislich leistbar wäre, konnte nicht gefunden werden. So entschied sich die Organisati­on, den Fokus auf die Galerien zu verstärken. Denn die Immobilien­preise seien laut NADA-Direktorin Heather Hubbs „verrückt“.

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