Culture Clash
FRONTNACHRICHTEN AUS DEM KULTURKAMPF
Karfreitag ohne Ende. Ein zusätzlicher Feiertag wäre schön gewesen. Aber ungerecht ist die jetzige Regel nicht. In einer immer diverseren Gesellschaft geht es wohl nicht sehr viel anders.
Die evangelischen Kirchen haben in Österreich eine Geschichte der Verfolgung hinter sich und sind auch heute noch in der wenig attraktiven Position der (sehr) kleinen Schwestern. Der Verlust ihres Karfreitagsfeiertags geht ihnen verständlicherweise nahe. Die Synode der Evangelischen Kirche A. B. hat am Samstag dazu auch einen Protest verfasst, der aber widersprüchlich ist. Und zeigt, wie der Begriff „öffentlicher Feiertag“in einer immer diverser werdenden Gesellschaft zur Herausforderung wird.
Bisher hatten die evangelischen Christen (und mit ihnen die Altkatholiken) einen gesetzlichen Feiertag mehr als alle anderen Österreicher – was der Europäische Gerichtshof als gleichheitswidrig erkannt hat. Nun hat die Regierung das korrigiert, alle haben wieder gleich viele. Die neue Regelung ist damit schon das, was die Synode einfordert, nämlich eine „sachgerechte, diskriminierungsfreie Lösung, die die Rechte aller Minderheiten und Religionsgemeinschaften berücksichtigt“.
Die Synode bekrittelt, dass ihr „wichtigster und identitätsstiftender Feiertag“kein öffentlicher Feiertag mehr ist, sondern nur noch ein geschützter Urlaubstag. Der katholische Theologe Paul Zulehner kritisiert das als „Privatisierung von Religion“. Aber ein Karfreitag für alle hätte auch nicht die „Rechte aller Minderheiten“befriedigt. Müsste es dafür nicht ein islamisches Opferfest, einen Buddha-Tag für alle geben?
Die Debatte macht die Veränderungen im öffentlichen Leben deutlich. Noch sind die Festtagskalender der Europäischen Staaten von der jeweiligen christlichen Tradition geprägt. In Österreich sind von 13 Feiertagen „für alle“nur drei nichtreligiöse, sieben allgemein christliche (darunter der Pfingstmontag) und drei typisch katholische. Sogar im betont säkularen Frankreich ist mehr als die Hälfte der staatlich verordneten Feiertage christlichen Ursprungs. Dieses Feiertagsregime lässt sich noch mit Tradition und Kultur rechtfertigen, allerdings immer weniger mit der vorherrschenden Religion. Damit verändern sich die Spielregeln, was alles ein öffentlicher Feiertag sein soll, sein kann, sein darf.
So gut es auch ist, wenn eine Gesellschaft öffentlich anerkennt, was auch Minderheiten wichtig und ein Feiertag ist: Eine immer diversere und säkularere Welt wird ohne eine private Festtagsschiene nicht auskommen. Das ist schlecht für den Gemeinschaftsgeist, aber unumgänglich. Und für die Angehörigen der meisten Glaubensgemeinschaften in Österreich ist das ja auch schon längst so. Nun trifft es die evangelischen Christen, und irgendwann wohl auch Katholiken wie mich. Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.