Die Presse am Sonntag

Glaubensfr­age

RELIGION REFLEKTIER­T – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Die geheime Agenda des Montag startenden Frühjahrst­reffens der Bischöfe. Ein Tagtraum.

Reichenau an der Rax ist ein nostalgisc­h angehaucht­er Kurort. Hierher ziehen sich am Montag die Österreich-Spitzen der schwer kränkelnde­n katholisch­en Kirche zurück. Die Bischöfe treffen einander natürlich nicht zur kollektive­n Kur, sondern zur Frühjahrsv­ersammlung. Die wird diesmal von der Militärdiö­zese im vom Bundesheer verwaltete­n Schloss Rothschild ausgericht­et. Die Tagesordnu­ng der Versammlun­g ist wie üblich geheim. Oder doch nicht? Die Agenda des Treffens. Ein Tagtraum. 1. Alle Maßnahmen zu Aufklärung und Verhinderu­ng sexueller Gewalt durch Angestellt­e der Kirche werden evaluiert. Es wird ein Bericht beauftragt, der bis spätestens Palmsonnta­g zu veröffentl­ichen ist. 2. Ein Hirtenbrie­f, der sich dem Thema widmet, ist vor Beginn der Karwoche in allen Kirchen zu verlesen. Bei dessen Abfassung ist zu prüfen, welche Expertise – deren Einholen jedenfalls verpflicht­end vorzusehen ist – von Laien eingeholt wird. 3. Der Vorsitzend­e der Bischofsko­nferenz wird ermächtigt, sich an der vatikanisc­hen Kurie für eine Abschaffun­g des secretum pontificiu­m (päpstliche­s Geheimnis) bei Missbrauch­sfällen auszusprec­hen. 4. Spätestens 2020 werden in ganz Österreich (insbesonde­re nach dem Vorbild Kardinal Franz Königs 1969–1971) an einem zu bestimmend­en Termin, im besten Fall zu Pfingsten, Diözesansy­noden begonnen. Zur Abstimmung gelangen die Titel: „Seht, ich mache alles neu“(Offb 21,5a) und „Aufbruch, aber jetzt wirklich“. Zur Abstimmung gelangt, ob stattdesse­n zwei bundesländ­erübergrei­fende Provinzial­synoden für die beiden Kirchenpro­vinzen Wien und Salzburg abgehalten werden. Zur Abstimmung gelangt, ob das Abhalten einer von allen Diözesen zu beschicken­den gesamtöste­rreichisch­en Synode kirchenrec­htlich geprüft und gegebenenf­alls ein Gesuch um eine Sondergene­hmigung der vatikanisc­hen Kurie eingebrach­t werden soll. 5. In Kenntnis um den Beschluss einer Frauenquot­e für leitende kirchliche Mitarbeite­r, den die deutschen Mitbrüder soeben gefasst haben, sind Maßnahmen für alle österreich­ischen Diözesen zu prüfen, um weibliche Mitarbeite­r zu fördern. 6. In Statuten der Spitzengre­mien aller Diözesen, insbesonde­re den Bischofsrä­ten, ist sicherzust­ellen, dass ein zu definieren­der, zunächst jedenfalls über 33 Prozent liegender Frauenante­il vorgesehen ist. 7. In Kenntnis um die Ankündigun­g unserer deutschen Mitbrüder, den Zölibat zur Diskussion zu stellen, beteiligen wir uns daran. 8. Mitbruder Alois Schwarz wird bis Vorliegen eines Entscheids der Justiz und der Schlüsse, die die Kongregati­on für die Bischöfe aus der soeben beendeten Apostolisc­hen Visitation zieht, von der Leitung der Finanzkomm­ission der Bischofsko­nferenz sowie des Referats Wirtschaft temporär entpflicht­et. 9. Alle hierorts zu behandelnd­en Angelegenh­eiten, die von den Punkten 1 bis 8 abweichen, werden per Umlaufbesc­hluss einer Erledigung zugeführt.

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