»Ich werde nicht laut mitsingen«
Carola Lindenbauer ist neue Geschäftsführerin der Stadthalle. Sie übernimmt den Job ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem deren Tage als größte Veranstaltungshalle gezählt sind.
Warum nimmt man einen Job in der Stadthalle an, wenn sie ihren Job verliert: den als größte Veranstaltungshalle Österreichs? Carola Lindenbauer: Jetzt gibt es ja noch mindestens fünf Jahre Kontinuität. 2024 ist die neue Halle geplant. Bis dahin haben wir noch Vollbetrieb. Unsere Verträge gehen sowieso nur fünf Jahre – es ist eine spannende Aufgabe. Sie haben zehn Jahre Studentenheime für die Stadt Wien aufgebaut und verwaltet. Was hat Sie an der Stadthalle gereizt? Das Wesen der Stadthalle ist jenem von Studentenheimen nicht so unähnlich. Wir vermieten da wie dort Raum. Die Stadthalle ist außerdem ein positiv assoziiertes Unternehmen, so gut wie jeder kennt sie. Sie sollen das Nachnutzungskonzept entwickeln. Was für Pläne haben Sie? Wir bereiten die Fakten auf: Wir schauen, was geht und was nicht. Was dann hineinkommt, wird eine politische Entscheidung sein. Gut, aber Sie werden ja eine Idee haben. Wir haben bisher erst das Kick-offMeeting gehabt. Es gibt verschiedene Varianten: von Sport über Kultur bis zu Mischprojekten oder sogar universitärer Nutzung. Es könnte vieles sein. Aber dazu kann ich mich nicht äußern, weil es einfach noch nicht so weit gediehen ist. Wir haben jedenfalls keine Präferenz, was die Nutzung betrifft. Die Sanierung des Stadthallenbads war ein Debakel. Es steht wie die Stadthalle teilweise unter Denkmalschutz. Bereitet Ihnen die Sanierung nicht auch Bauchweh? Meine Aufgabe ist das Nachnutzungskonzept, was danach ist, kann man nicht sagen. Aber ich bin Juristin, keine Bautechnikerin. Die bautechnische Umsetzung nach 2024 erfolgt nach klaren Vorgaben der Wien Holding. Sie teilen sich die Geschäftsführung mit Wolfgang Fischer. Wie läuft denn die Zusammenarbeit? Eigentlich recht gut, wir stimmen uns sehr eng ab. Bei ihm läuft der operative Teil zusammen und bei mir der kaufmännische, also Recht, Personal, Finanzen und Gastro. Wir sind wirklich ganz unterschiedlich und ergänzen uns vom Charakter sehr gut. Wir können auch voneinander extrem profitieren. Ich habe oft einen anderen Zugang, vielleicht einen weiblicheren. Was heißt das? Dass ein Kräftemessen wegfällt. Sie haben einmal in einem Interview gesagt, Sie sind eine Verfechterin von schlanken Strukturen. Wird es in der Stadthalle zu Kündigungen kommen? Es wird natürlich Pläne geben, dass Stellen nicht oder intern nachbesetzt werden, aber Kündigungen in dem Sinn nicht. Ich glaube nach wie vor, dass Organisationen, in denen es zu viel Leerlauf gibt, Menschen nicht guttun. Sie haben eben den Jahresabschluss gemacht. Die Stadt Wien förderte die Stadthalle 2017 mit 8,3 Millionen Euro. Wie viel Förderung benötigte sie denn im Vorjahr? In einer ähnlichen Größenordnung. Die Bilanz 2018 ist noch nicht veröffentlicht, daher darf ich noch keine Detailzahlen nennen. Ich kann aber sagen, dass die Veranstaltungen um 68 Konzerte, also um 25 Prozent, gestiegen sind. Wir hatten im Vorjahr 350 Konzerte, also fast jeden Tag eines. Dadurch ist auch der Umsatz gestiegen. Ich glaube, das liegt daran, dass das Verlangen nach einem Live-Event gerade durch die Digitalisierung geweckt wird und die Leute wieder mehr auf Konzerte gehen. Sind Sie selbst vorher viel in der Stadthalle gewesen? Ich war eine regelmäßige Besucherin und habe immer am Jahresanfang geschaut, was gespielt wird und mir dann die Karten gekauft, denn hat man die Karten nicht gleich, besorgt man sie auch nicht mehr. Ich war zuletzt bei Zucchero, Ennio Morricone, Depeche Mode, Bob Dylan und Bryan Ferry. Sie haben einmal gesagt, dass man heutzutage in Studentenheimen zu wenig feiert. Ja, das stimmt. Ich hab ja selbst in einem Studentenheim gewohnt und war es noch gewohnt, dass es dort in der Heimbar und bei Studentenfesten abgeht. Ich habe das damals natürlich auch ausgereizt. Zu Beginn meiner Tätigkeit bei Base – Homes for Students haben die Studenten auch noch ordentlich gefeiert. Das war für mich als Geschäftsführerin natürlich etwas anstrengend. Es gab Anrainerbeschwerden en masse. Aber ich hab mir gedacht, das gehört zum Studentenleben dazu. Aber es ist wirklich drastisch zurückgegangen. Es ist mir fast abgegangen. (lacht) Und woran liegt das? Vielleicht, weil sich Studenten mehr auf das Studium konzentrieren oder es sich in Lokale verlagert hat. Werden Sie in der Stadthalle auch zu vielen Festen und Veranstaltungen gehen? Nein. Ich werde natürlich einige Konzerte im Rahmen meiner Tätigkeit ansehen, aber das ist der Job. Ich werde nicht laut mitsingen – so wie zuletzt bei Depeche Mode. Das werde ich mir verkneifen müssen. Sie sind ja nicht nur Juristin, sondern auch Künstlerin. Wie kam es zum Namen Lola Lindenbaum? Ich hab im Gymnasium einen künstlerischen Zweig gemacht, dann mit der Ölmalerei begonnen und das immer nebenbei gemacht. Ursprünglich wollte ich Kunst studieren, aber das hat nicht geklappt. Also habe ich Jus studiert. Die Kunst hat mich immer wieder begleitet, und ich habe in den letzen Jahren viele Skulpturen, sehr viel Malerei gemacht. Vor Kurzem hatte ich eine Ausstellung. Die Kunst ist für mich ein Ventil. So wie das Laufen. Ich brauche beides zum Ausgleich. Eines Ihrer Werke ist eine Toilette, neben der steht: „Ich scheiß auf die gute Kinderstube.“Jetzt fragt man sich natürlich: Was dürfen sich denn Ihre Mitarbeiter in der Zusammenarbeit mit Ihnen erwarten? Da halte ich mich an den Philosophen Robert Pfaller, der sagt: „Man muss erwachsen erwachsen sein und vernünftig vernünftig sein.“Also man muss manchmal ausbrechen, denn wenn man immer nur vernünftig ist, dann wird die Vernunft torpediert. Im Berufsleben ist das natürlich wieder etwas anderes. Aber ich sehe doch die Dinge sehr menschlich, wir machen alle Fehler, und das lebe ich grundsätzlich auch so.