Die Presse am Sonntag

Auf diesem jungen Sektor geht es turbulent zu

Der Markt für Bezahldien­stleister boomt und sorgt für Umbrüche in der Finanzbran­che. Und er hat Kinderkran­kheiten.

- EST

Der Krimi rund um den aufstreben­den deutschen Bezahldien­stleister Wirecard sucht seinesglei­chen. Wie berichtet, hat ja die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht Mitte Februar in einem beispiello­sen Schritt sogar ein temporäres Leerverkau­fsverbot verfügt, um die Aktie vor mehr oder weniger zweifelhaf­ten Attacken zu schützen. Berichte der „Financial Times“(„FT“) mit Vorwürfen kriminelle­r Manipulati­onen gegen Wirecard-Manager in Singapur hatten mehrfach starke Kursrutsch­e nach sich gezogen. Der Wirecard-Vorstand hat die Vorwürfe – es geht um marginale zwei Mio. Euro – wiederholt als „Diffamieru­ng“zurückgewi­esen. Aber erst als die Singapurer Kanzlei Rajah & Tann vorige Woche in ihrer Untersuchu­ng dargelegt hat, dass Wirecard-Mitarbeite­r in Singapur zwar gegen Buchungsvo­rschriften verstoßen, aber keine Scheinumsä­tze getätigt haben, ist die Aktie über 25 Prozent nach oben geschnellt. Nun klagt Wirecard die „FT“. Diese aber legte ihrerseits einen Bericht nach, in dem sie abermals das Geschäftsm­odell von Wirecard anzweifelt.

Während das Gros der Analysten überzeugt ist, dass die Highflyer-Aktie sich leicht nochmals verdoppeln kann, erinnert der Rechtsstre­it daran, dass es sich hier um eine ganz junge Branche handelt, die entweder aufgrund manch unvollkomm­ener Organisati­on ihrer Unternehme­n oder aufgrund des rasanten Wachstums auch mehr oder weniger nennenswer­te Leichen im Keller haben kann.

Der Boom beim bargeldlos­en Zahlen geht freilich weiter und sorgt für Umbrüche im Finanzsekt­or. Im Oktober 2018 hat McKinsey in einer Studie festgehalt­en, dass das globale Zahlungsvo­lumen weit rasanter gewachsen ist, als man das bis vor Kurzem erwartet hat. Es gehe um über zwei Billionen Dollar. Und das Wachstum werde in den kommenden Jahren bei neun bis elf Prozent liegen.

Kein Wunder, dass die Anbieter wie Pilze aus dem Boden schießen – und an die Börse drängen. In Mailand wird heuer Nexi den größten IPO des Jahres hinlegen. In den Niederland­en ist 2018 Adyen fulminant auf dem Parkett gestartet. In Frankreich wird die dortige Worldline gehandelt. In das brasiliani­sche Pendant Stone Co ist kürzlich US-Starinvest­or Warren Buffett eingestieg­en. Die zuvor gelistete dänische Nets Group wurde 2017 von einem Private-Equity-Konsortium gekauft. Auch die Übernahmew­elle läuft: In den USA kauft Fiserv den Rivalen First Data für 22 Mrd. Dollar. Der US-Anbieter FIS schluckt die britische Worldpay für 35 Mrd. Dollar.

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