Premiere auf »heiligem« Grün
Frauen dürfen im Augusta National Golf Club erst seit 2012 Mitglied werden, diese Woche spielen sie dort erstmals ein Turnier. Emma Spitz schreibt dieses Stück Golfgeschichte mit.
Es ist eine Zeitenwende, die am Mittwoch in Augusta eingeläutet wird. Die Kleinstadt im USBundesstaat Georgia gilt als Mekka des Golfsports, der Platz des Augusta National Golf Club ist berühmt für seine Blütenpracht entlang der 18 Bahnen, gefürchtet ob seiner Tücken, allen voran Amen Corner mit den Löchern elf bis 13, und einzigartig mit seinem Verhaltenskodex für die Turnierwoche: Smartphones sind nach wie vor genauso wie Laufen strikt untersagt. Seit 1934 wird hier das Masters, das erste Major-Turnier des Jahres, ausgetragen und lockt neben den auserwählten 72 Golfern Tausende Besucher sowie Millionen TV-Zuseher an. Das Herausragende in diesem Jahr aber steckt im Vorprogramm, denn diese Woche öffnet das elitäre Klubhaus erstmals Tore und Platz für einen Wettkampf von Spielerinnen.
72 Amateurgolferinnen wird die Ehre beim ersten Augusta National Women’s Amateur zuteil, mittendrin eine junge Österreicherin: Emma Spitz, 18, hat sich als Nummer 21 der Welt qualifiziert. „Auf diesem heiligen Golfboden zu spielen ist richtig cool. Das ist schon für die Profis speziell, obwohl sie jede Woche auf tollen Plätzen sind“, schwärmt die Niederösterreicherin. Sie
schreibt ein Stück Golfgeschichte mit, denn in Augusta hielt man (zu) lang an überholten Richtlinien fest und nahm erst 2012 mit der früheren US-Außenministerin Condoleezza Rice das erste weibliche Mitglied auf. Umso mehr überraschte im Vorjahr die Ankündigung für das Amateurturnier der Frauen. Spitz erinnert sich: „Ein Freund hat es vor mir mitbekommen. Ich habe nur gedacht: ,Oh mein Gott.‘ Das wurde dann mein großes Ziel.“
Aufgewachsen in Schloss Schönborn auf halbem Weg zwischen Stockerau und Hollabrunn war der Weg auf den Golfplatz für Spitz ein naheliegender, befand er sich doch direkt daneben. Aber nicht die Eltern, sondern Freunde lockten zu den ersten Schlägen, Schülermeisterschaften entfachten die Leidenschaft. Generell sehr sportbegeistert entschied sie sich für das Spiel mit dem weißen Ball. „Golf ist so anders als viele Sportarten. Konzentration und Fokus während einer Runde hochzuhalten ist ein spannender Aspekt, der andere, dass es so komplex ist, kein Schlag dem anderen gleicht“, erklärt der Teenager die Faszination.
Als Spitz schließlich für Jugendturniere einen Familienurlaub in Israel ausließ, war allen der Ernst ihrer ProfiAbsichten bewusst. Eltern und Klassenvorstand unterstützten sie beim Spagat zwischen Sport und Schule. „Als Jordan Spieth 2015 das Masters gewann, hatte ich am nächsten Tag Mathe-Schularbeit. Ich habe mir trotzdem den Wecker gestellt, damit ich zumindest die letzten drei Löcher sehen konnte.“Vergangenen Dezember maturierte sie an der Abendschule. USA als Ziel. Zwei bis sechs Stunden pro Tag widmet Spitz dem Golfen, dazu kommt Fitnesstraining. „Das sehe ich als Hobby“, möchte sie die wenige Freizeit nicht beklagen. „Ich habe nicht das Gefühl, etwas zu verpassen.“Die Erfolge bestätigten ihren Weg. Bereits mit 15 Jahren kürte sie sich zur Staatsmeisterin, 2018 wurde zum erfolgreichsten Jahr ihrer noch jungen Karriere: Sieg bei der Italian Ladies Championship und den Girls British Open Championship, was nicht nur das Ticket nach Augusta brachte, sondern sie auch näher an ihre Major-Premiere: Bei den kommenden British Open darf sich die Göllersdorferin in der finalen Qualifikationsrunde versuchen. „Bis jetzt läuft es so, wie ich es mir vorgestellt habe“, zieht die 18-Jährige im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“eine zufriedene Zwischenbilanz.
Die Reise nach Augusta ist für Spitz nicht nur ein absolutes Highlight, sondern auch der erste Schritt zum nächs
Emma Spitz
wurde am 10. 4. 2000 geboren und wuchs in Göllersdorf neben dem Golfplatz auf.
Erfolge
Mit 15 war sie Staatsmeisterin, 2018 gewann sie die Italian Ladies Championship, Girls British Open Championship und Bronze bei JugendOlympia. Zudem spielte sie schon Junior Ryder Cup und Junior Solheim Cup. ten Karriereziel: der Sprung auf die LPGA-Tour, die US-Turnierserie der Frauen. Dort möchte sie im Optimalfall in zwei Jahren abschlagen, sich davor mittels College-Liga schon einmal an Land und Plätze gewöhnen. Mehrere Universitäten haben Angebote für Stipendien gemacht, die UCLA in Los Angeles und die University of Oregon wird sich der Teenager mit den Eltern nach Augusta vor Ort ansehen.
Zuvor gilt die Konzentration ganz
Kein Selfie als Erinnerung für Spitz – in Augusta sind auch 2019 Smartphones verboten. Was Spitz an Golf fasziniert? »Es ist so komplex, kein Schlag gleicht dem anderen.«
dem historischen Abschlag. In Anlehnung an das Männerturnier erwartet Spitz und Kolleginnen am Dienstag das Chairman’s Dinner im ehrwürdigen Klubhaus. „Ich bin sehr gespannt, normal macht man ja überall Fotos“, weiß sie um den Mythos Augusta. Das Interesse an der Frauenpremiere ist jedenfalls groß, die 80.000 Tickets sollen noch vor Bekanntgabe des Teilnehmerfeldes vergriffen gewesen sein. Die 18-Jährige muss zunächst in zwei Runden auf einem Nebenplatz bestehen, um im Finale der Top 30 am Samstag das berühmte Grün zu bespielen. Den Platz kennt sie aus dem Fernsehen („Er ist viel hügeliger, als es im TV wirkt“) und hat sich Tipps bei Bernd Wiesberger, der nach einer Verletzungspause heuer beim Masters fehlen wird, geholt.
Ein Blick auf den einen oder anderen männlichen Star am Sonntag könnte sich für McIlroy-Fan Spitz vielleicht ausgehen, als zweimalige Teilnehmerin des Junior Ryder Cup hat sie ähnliche Erfahrungen gemacht. Den großen Trubel um das Frauenturnier in Augusta sieht sie sehr positiv. „Diese Aufmerksamkeit könnte dem Frauengolf helfen“, hofft sie und fände Events mit den Männern für die Zukunft erstrebenswert. Ihre eigene Erfolgsgeschichte möchte Spitz eines Tages als Profi weiterschreiben, die Ziele sind klar definiert: Top Ten und Major-Siege.