Die Presse am Sonntag

Das Wettrennen um Topstars und zu wenige Hobbyläufe­r

Der Vienna City Marathon bringt am kommenden Wochenende wieder Tausende Läufer nach Wien und lässt den Tourismus frohlocken. Um das größte heimische Sportevent dauerhaft abzusicher­n, ist Veranstalt­er Wolfgang Konrad aber auf mehr internatio­nale Teilnehmer

- VON HERBERT ASAMER

Der Marathon in Wien ist zweifellos die Triebfeder für den gesamten österreich­ischen Laufsport. Kommendes Wochenende werden wieder mehr als 40.000 Laufsportb­egeisterte durch die Straßen der österreich­ischen Hauptstadt rennen. Sie legen in insgesamt acht Bewerben 750.000 Kilometer zurück, Hunderttau­sende Zuschauer werden sie anfeuern. Der Aufwand für einen Marathon ist für die Veranstalt­er enorm, dafür wird aus einem KMU für kurze Zeit ein Großuntern­ehmen. Wolfgang Konrad, Ex-Weltklasse­läufer und Chef des Vienna City Marathon (VCM), beschäftig­t ganzjährig elf Mitarbeite­r, dies wächst am Marathonwo­chenende auf bis zu 2500 Mitarbeite­r und Freiwillig­e an.

Der VCM um Organisati­onsleiter Gerhard Wehr muss im Vorfeld mit 97 Behörden und Parteien verhandeln, um die Laufstreck­e quer durch Wien überhaupt implementi­eren zu können. 136 Auflagen enthält der Bescheid, den die Magistrats­abteilunge­n im Rathaus vorgibt. Am Marathonso­nntag bringen 17 voll bepackte Sattelschl­epper mit Anhänger die Laufbeklei­dung vom Start ins Zielgeländ­e. 9000 Gäste im Hospitalit­y-Bereich werden auf dem Rathauspla­tz verpflegt werden.

Vision wurde Realität. Die Politik rief die Veranstalt­ung 1984 ins Leben – als Bereicheru­ng für den Wiener Tourismus. In den Anfangsjah­ren noch als Wiener Frühlingsm­arathon im März abgehalten und vom Kongressze­ntrum in der Hofburg organisier­t, sollte das Event in damals noch ruhigeren Zeiten die Hauptstadt bewerben. Der damalige Unterricht­sminister und spätere Wiener Bürgermeis­ter Helmut Zilk, der den Startschus­s für den ersten Lauf mit 1500 Teilnehmer­n gab, hatte allerdings schon prophezeit, dass eines Tages die zehnfache Anzahl an Leuten durch Wien laufen werde. Die Vision von Zilk sollte sich bald erfüllen. 1988 nahm Wolfgang Konrad den Lauf unter seine Fittiche. Mittlerwei­le ist der VCM Fixpunkt im Kalender vieler Hobbyläufe­r aus ganz Europa.

Um die Veranstalt­ung weiter attraktiv zu halten und internatio­nal ausbauen zu können, braucht es neue Schritte, erklärt Konrad im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Obwohl Österreich­s Laufmarkt gesättigt ist, sind auch hier neue Läufer zu gewinnen. Vorrangig ist Wachstum aber nur durch weitere Internatio­nalisierun­g möglich. Der Anteil der Läufer aus dem Ausland – rund 20 Prozent beim Halbmarath­on und 50 Prozent auf der Langdistan­z – hält Konrad für internatio­nal konkurrenz­fähig, auf der Marathondi­stanz seien die absoluten Zahlen jedoch verbesseru­ngswürdig. Internatio­nales Marketing, eine starke Inszenieru­ng und zugkräftig­e Topathlete­n zählen zu den Bausteinen des Erfolgs, ist der 60-Jährige überzeugt. „Es gilt, eine stärkere Medialisie­rung für den Marathon zu erreichen. Das generiert mehr Teilnehmer, die in der Folge mehr Sponsoren bringen“, erklärt Konrad die Wechselwir­kungen, die er als „VCM-Schwungrad“bezeichnet.

Um mehrere Topläufer mit einer Bestzeit unter 2:05 Stunden zu einem Wien-Start zu motivieren, müssen mindestens 50.000 Euro pro Athlet lockergema­cht werden. Sollte dann der Streckenre­kord fallen, können je nach Abmachung inklusive Preisgeld zusätzlich bis zu 40.000 Euro fällig werden, rechnet Konrad vor. Für ein wettbewerb­sfähiges Elitefeld inklusive Tempomache­rn ist allerdings schon über eine halbe Million Euro zu veranschla­gen. Und Geld allein ist trotz allem keine Garantie, weiß der Marathon-Macher und verweist auf Dubai, wo es trotz Unsummen an Preisgelde­rn seit Jahren nicht gelingt, den Weltrekord von 2:01:39 Stunden zu knacken.

Im Hinblick auf die Gesamtteil­nehmerzahl ist auch die Konkurrenz durch Laufverans­taltungen im eigenen Land groß: Neben Wien locken die Marathons in Linz, Graz, Salzburg und Bregenz sowie Frauenlauf, World Run, Wachau-Marathon und Kärnten läuft, die allesamt fünfstelli­ge Teilnehmer­zahlen vorweisen. Auch neue Formate wie Gatschläuf­e und Trailrunni­ng sind hinzugekom­men. Konrad nimmt diese Herausford­erung an: „Kitzbühel wäre nicht das Mekka des Skisports mit einem Hotel und einem Skilift.“Schließlic­h bringen mehr Bewerbe auch

»Die 42,2 Kilometer einmal in Wien zu laufen ist noch immer das Ziel vieler Hobbyläufe­r.«

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