Olympia-Limit: »Der Griff nach den Sternen«
Die Dichte an österreichischen Spitzenläufern ist so stark wie nie zuvor. Die große Bühne des Wien-Marathons und die Gruppendynamik im neu geschaffenen VCM Team Austria sollen die fehlenden Minuten für die Qualifikation für Olympia 2020 bringen.
Es war schon eine ungewöhnliche Ansammlung an Erfolgen, die die heimischen Langstreckenläufer zuletzt gefeiert haben: Lemawork Ketema, Peter Herzog und Christian Steinhammer haben bei der Leichtathletik-EM in Berlin 2018 völlig unerwartet Bronze in der Teamwertung gewonnen, 2017 hat Valentin Pfeil mit Platz 23 bei der WM in London überrascht. Nie zuvor hatte Österreich eine solche Dichte an guten Marathonläufern vorzuweisen.
Um das Momentum zu nützen, wurde Ende 2018 mit acht Läufern das VCM Team Austria ins Leben gerufen, am 7. April will man unter dem Motto „VCM Team Austria greift nach den Sternen“für Furore sorgen. Stephan Listabarth und Christian Robin werden Ketema und Co. als Pacemaker unterstützen. Bei den Damen fehlt Katharina Zipser (verletzt), Eva Wutti startet mit neuer Halbmarathon-Bestzeit im Rücken über die volle Distanz.
VCM-Organisator Wolfgang Konrad will am kommenden Sonntag den österreichischen Topmarathonis die bestmögliche Plattform bieten. Das VCM Team Austria solle ein Verstärker,
Euro
Prämie gibt es für die Sieger bei Damen und Herren.
Österreicher
haben eine Marathonbestzeit unter 2:15 Stunden. ein Motivator und ein Fokus für die Läufer und die Öffentlichkeit sein, sagt Konrad. Er selbst hat als aktiver Athlet unter Trainerlegende Hubert Millonig Ende der 1970er-Jahre erlebt, wie sportliche Zusammenarbeit und gesunde Konkurrenz in einem Team zu Erfolgen führen. Zusammen mit Millonig-Bruder Dietmar und Robert Nemeth bildete er ab Ende der 1970erJahre ein Mittel- und Langstreckentrio der Weltklasse.
Auch Wien-Starter Valentin Pfeil glaubt an die gruppendynamischen Effekte. Die hohe Leistungsdichte hebe bei jedem das Niveau. Wenn einer erfolgreich laufe, sehen alle, was man erreichen kann. Und das verschiebe die Grenzen im Kopf.
Das Ziel für einige Athleten des neuen Marathonteams ist die OlympiaTeilnahme 2020 – ohnehin schon eine große Herausforderung. Die kürzlich bekannt gegebenen Qualifikationslimits haben die Aufgabe noch einmal schwerer gemacht. Für den Männermarathon sind 2:11:30 Stunden gefordert. Den ÖLV-Rekord hält Günther Weidlinger mit 2:10:47.
Experten wie Hubert Millonig oder Michael Buchleitner, selbst zwei Mal bei Olympia-Marathons am Start, schätzen das Unterfangen als schwierig ein. Chancen, das Limit zu laufen, werden am ehesten noch Ketema, Herzog und Pfeil eingeräumt. Die drei Läufer sind mit einem Alter von 30 bis 32 Jahren in einem guten Marathonalter. Der eingebürgerte Äthiopier Ketema hat mit 2:13:22 Stunden die schnellste Zeit des Trios vorzuweisen.
Peter Herzog ist der Newcomer im Team. Dem 31-jährigen Saalfeldener gelang beim Wien-Marathon 2018 der Durchbruch. Seine Bestzeit steht mit 2:15:29 Stunden zu Buche. Eine Verbesserung um vier Minuten auf der Marathondistanz wäre schon eine kleine Ewigkeit. Für Herzog, der erst vor fünf Jahren in München erstmals Marathonluft geschnuppert und damals mit 3:24 Stunden gefinisht hat, spricht seine Unverbrauchtheit. Valentin Pfeil, ein Millonig-Schützling, geht nach einem Jahr mit zahlreichen Verletzungen mit 2:14:50 Stunden in die Saison. Er hat sich seit Jänner in Neuseeland auf den Auftritt in Wien vorbereitet. Die Topfavoriten. Mit einer um mehr als acht Minuten besseren Zeit gilt heuer der Schweizer Rekordmann Tadesse Abraham (Bestzeit: 2:06:40 Stunden) als Topfavorit auf den Sieg beim VCM. Der 36-jährige Schweizer könnte der erste europäische Marathonsieger auf der Ringstraße seit dem Portugiesen Luis Novo 2001 werden.
Die stärkste Konkurrenz kommt aus Kenia. Robert Chemosin ist in Wien seit seinem Sieg 2016 kein Unbekannter mehr. Gespannt ist man auf das Antreten des erst 22-jährigen Kenneth Keter. Bei seinem Marathondebüt in Frankfurt 2018 lief der Kenianer beachtliche 2:07:34 Stunden. Auf den fünf Jahre alten Wien-Streckenrekord, gehalten vom Äthiopier Gete Feleke (2:05:41), fehlen Keter keine zwei Minuten.
EM-Held Lemawork Ketema ist im besten Marathonalter, er hat wohl die besten Chancen.