Die Gucci-Gang rappt auch schon in der großen Pause
Die junge Modeszene zitiert aus dem Ghetto und nun finden selbst Teenager alteingesessene Luxuslabels begehrenswert. Auch in Wien. Wie ein US-Rapper die Gucci-Gang erfand und warum der Hiphop die Modewelt so umfassend prägt, ist Teil der Erfolgsgeschichte
Irgendetwas von Gucci“ist als sehnlichster Geburtstagswunsch eines Zwölfjährigen doch etwas überraschend. Bisher hat er sein Leben in Fußballtrikots verbracht. Die ersten sonnigen Frühlingstage bringen viel ans Licht. Was in den kalten Monaten nur verdeckt wucherte, ist nun, wo Menschen in Parks, Einkaufsstraßen, Schanigärten mehr von sich zeigen, unübersehbar: Gucci ist auf den Wiener Straßen angekommen und zwar auch auf jenen, die es billiger geben. Gucci ist aber auch in den Schulen angekommen, wo seit den fernen Tagen des Abercrombie-Hypes schon lange nicht mehr eine einzelne Marke so kollektives Begehren ausgelöst hat.
„Bratan, ich will Gucci tragen“, rappt der Deutsch-Ukrainer Capital Bra und wer sich als Teil der „Bras“
versteht, kennt jede Zeile seines Songs „Nur noch Gucci“auswendig. „Bratan“ist der russische Slang-Ausdruck für „Bruder, Kumpel“: Wer „Bra“sagt, denkt auch das englische „bro“für „brother“mit, die Sprachen vermischen sich in Brüderlichkeit. Aus Versatzstücken wie diesen wird eine Zugehörigkeit gezimmert, zusammengehalten von Hiphop und Streetwear. „Gucci Pulli L“, eine einzige Hommage an die Lieblingsdesignermarke, wurde seit Jänner mehr als 9 Millionen Male aufgerufen, „Nur noch Gucci“hat 46 Millionen Klicks.
Das Verhältnis zwischen Stars und Luxuslabels ist ambivalent. Jene, die sich von ganz unten nach oben gerappt haben, tragen die Insignien des Wohlstands mit aggressiver Geste. Die Liebe kann auch rasch wieder enden – wie der Skandal um einen schwarzen Gucci-Rollkragenpullover zeigte, den das Modehaus nach Rassismusvorwürfen aus dem Sortiment streichen musste. Mehrere Rapper riefen zu einem Boykott der Marke auf, 50 Cent verbrannte mit großer Show ein Gucci-Shirt. In der rapaffinen Zielgruppe ist der Protest allerdings nicht angekommen.
Auch Pascal Christopher Marcy fand über die Musik zu Gucci. Er möchte auch nicht weiterziehen, wenn sich die Mode weiterdreht: „Ich bleibe bei Gucci.“Der 24-Jährige stammt aus der Nähe von Düsseldorf und zog vor drei Jahren des Studiums wegen nach Wien. Rap habe er schon als Schüler geliebt, erzählt er. In Wien öffnete sich mit der Musik von Yung Hurn eine neue Welt. Deutschsprachige Rapper, allen voran der Österreicher Yung Hurn, wurden in der Vogue schon als „Stilvorbilder einer neuen, noch sehr undefinierten Jugendkultur“bezeichnet: „Hiphop hatte schon immer das Gefühl von Jugendkulturen eingefangen, aber selten war der Einfluss des Genres auf die Mode- und Musikwelt so umfassend und so prägend wie
Das Label ist auf Wiens Straßen angekommen, auch auf jenen, die es billiger geben.
jetzt.“Yung Hurn trug für das Fotoshooting der deutschen Vogue übrigens einen Anzug von Gucci. Kampfansage an das alte Image. „Wien hat mich geprägt“, erzählt Marcy. Im Gegensatz zu Berlin, wo Schwarz dominiere, würden hier Farben und Stilbrüche kreativ eingesetzt, Statements gesetzt. Etwa mit dem bewussten Zitieren von Gucci. Die junge Szene sträube sich gegen Etabliertes: „Wir machen uns über Statussymbole lustig, indem wir zeigen, hey, man kann das auch ganz anders tragen, die Kombination macht es aus.“Das Statement sei durchaus „aggressiv“, als Kampfansage an das Althergebrachte gedacht. Aus der Sphäre der anderen wird ein Teil – eine Tasche, Schuhe – genommen und mit der eigenen vermischt: So entste