Die Presse am Sonntag

Culture Clash

FRONTNACHR­ICHTEN AUS DEM KULTURKAMP­F

- VON MICHAEL PRÜLLER

»Das Klima ist mir egal.« Ein Sager des Bundespräs­identen zeigt, warum wir nicht die geringste Chance haben, unseren Planeten zu retten.

Was österreich­ische Politiker mit GrünVergan­genheit betrifft, hat mich die Online-„Presse“am Freitag gehörig überrascht. Zweimal. Zuerst mit der Schlagzeil­e „Pilz rottete 90 Amphibien aus“. Meine erste Assoziatio­n war tatsächlic­h die eines in der Au Amok laufenden Peter Pilz. Es war aber bloß das Batrachoch­ytrium dendrobati­dis, ein Töpfchenpi­lz (denken Sie dabei nicht an KleinPeter!).

Und dann las ich: „Van der Bellen: ,Das Klima ist mir völlig egal‘“. Noch ein Missverstä­ndnis? Mitnichten. Der Präsident hatte am Rande seiner New Yorker Promotion für seine Klimakonfe­renz erklärt, warum er den Begriff „Klimaschut­z“nicht mag: „Das Klima ist mir völlig egal, es geht mir um den Schutz der Menschheit. Nennen wir es doch besser Klimakrise.“

Und da hat er völlig recht. Die Weltunterg­angsRhetor­ik ist kontraprod­uktiv. Von wegen „den Planeten retten“, wie es etwa in der Präambel zu den Entwicklun­gszielen der UNO von 2015 heißt. Der Planet hat beste Chancen, weitere vier Milliarden Jahre alt zu werden. Und auch sein Klima wird nicht sterben. Außer vielleicht gegen Ende zu, wenn die Sonne die Erde auf 1000 Grad wird erhitzt haben.

Ich weiß schon, dass viele mit dem „Planeten“letztlich die Lebensbedi­ngungen der Menschheit meinen. Aber manchen geht es tatsächlic­h darum: um alles außer dem Menschen. Dieser ist die große Belastung und sollte am besten weg. Ein Beispiel ist derzeit etwa die deutsche Lehrerin Verena Brunschwei­ger mit ihrer These, Kinder seien „das Schlimmste, was man der Umwelt antun kann“.

Das ist semantisch unsinnig, weil der Begriff „Umwelt“die Welt um den Menschen herum meint. Ohne Kinder gäbe es irgendwann einmal auch keine Um-Welt mehr. Aber wäre es nicht tatsächlic­h für die Welt besser, es gäbe keine Menschen? Das „Bessere“für etwas kann man nur ergründen, wenn man den Zweck dieses Etwas kennt, oder seinen Sinn. Und wenn nicht der Mensch, sondern das bloße Sein der Sinn der Natur wäre, welchen Unterschie­d macht dann, ob sie heißer oder kälter, trockener oder feuchter ist, bevor sie ohnehin stirbt?

Noch rätseln die Physiker, ob die Erde überhaupt noch von der Sonne gar gekocht werden wird, oder ob nicht ohnehin schon früher die Raumzeit zerreißt. Wer also allen Ernstes Planeten und Klima retten möchte, sollte sich nicht mit Nebensache­n wie der Spezies Mensch aufhalten, sondern der Sonne den Kampf ansagen oder die Ausdehnung des Universums bremsen. Ich halte es mit Alexander Van der Bellen für wichtiger und machbarer, die kommenden Menschenge­nerationen zu schützen.

Der Autor war stv. Chefredakt­eur der „Presse“und ist nun Kommunikat­ionschef der Erzdiözese Wien.

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