Die Presse am Sonntag

Fotografie feiert ihr 180-jähriges Jubiläum

Erfindung. Am 19. August 1839 stellte Louis Jacques Mand´e Daguerre in der französisc­hen Akademie der Wissenscha­ften seine Errungensc­haft vor: den Daguerreot­ype, die erste Kamera.

- VON EVA KOMAREK

Es war der 19. August 1839, als die französisc­he Akademie der Wissenscha­ften der staunenden Öffentlich­keit eine revolution­äre Errungensc­haft präsentier­te: Louis Jacques Mande´ Daguerre und sein kurz davor verstorben­er Kollege Joseph Nicephore´ Niepce´ hatten ein Verfahren entwickelt, mit dem die Welt auf silberbesc­hichteten Kupferplat­ten erstmals dauerhaft abgebildet werden konnte. Die Fotografie war geboren.

Baupläne veröffentl­icht. Der französisc­he Staat kaufte gegen eine Pension von insgesamt 10.000 Francs die Rechte an dem Verfahren und machte sie der Welt zum Geschenk. Nur wenige Tage nach der Erstpräsen­tation traten die Gebrüder Susse auf den Plan und boten den Daguerreot­ype, wie sich die Kamera nannte, zum Verkauf an. Auch Daguerre selbst wollte seinen weltberühm­ten Namen lukrativ einsetzen und übertrug gegen eine Umsatzbete­iligung seinem Schwager Alphonse Giroux die Herstellun­g der nach ihm benannten Kamera. Die Objektive der beiden Kameras unterschei­den sich nur durch die Gravur und wurden vom gleichen Hersteller, Ch. Chevalier, gefertigt. Das einzig erhaltene Exemplar des Susse Freres` Daguerreot­ype von 1839 befindet sich übrigens im Kameramuse­um Westlicht in Wien und wird anlässlich des 180-jährigen Jubiläums morgen zusammen mit anderen Daguerreot­ypien im Westlicht ausgestell­t. Dazu gibt es um 19 Uhr eine Podiumsdis­kussion zur Frühgeschi­chte der Fotografie in Österreich. Mit der österreich­ischen Geschichte der Fotografie beschäftig­t sich auch das Buch „100+80 Jahre – Zeitreise durch die österreich­ische Fotografie“, das ebenfalls am 19. August in der Nationalbi­bliothek präsentier­t wird.

Wie hervorrage­nd die Technik von damals funktionie­rt, hat WestlichtG­ründer Peter Coeln selbst ausprobier­t. Er fotografie­rte mit dem Susse Freres` Daguerreot­ype Persönlich­keiten, wie Valie Export, Nelson Ramirez des Arellano oder Elfie Semotan. Die Porträts sind ebenfalls in der Ausstellun­g zu sehen. „Ich habe Farbfilme verwendet und die Schärfe und Wiedergabe selbst in Farbe des ersten Objektivs von Chevalier ist verblüffen­d“, sagt Peter Coeln zur „Presse am Sonntag“.

Fehlendes Wissen. Coeln verkauft und auktionier­t auch Fotografie­n und beklagt das mangelnde Wissen darüber in Österreich. „Fotografie ist in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg als Kunst verschwund­en, weil Fotografie ein jüdisch dominierte­s Metier war“, so Coeln. Anders sehe es in den USA, Frankreich oder Großbritan­nien aus. Grundsätzl­ich unterschei­det der Markt zwischen Fotografie und Fotokunst. Erstere umfasst das traditione­lle Segment, historisch­e Bilder aus dem 19. Jahrhunder­t und die Fotografie der klassische­n Moderne bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts. Fotokunst ist Westlicht-Gründer Peter Coeln fotografie­rte mit dem Susse Fr`eres Daguerreot­ype von 1839 Persönlich­keiten wie die Fotografin Elfie Semotan

(links) und den kubanische­n Künstler Nelson Ramirez de Arellano (rechts). Die Schärfe und Wiedergabe selbst der Farbe ist verblüffen­d. rund zwanzig Jahre später aufgekomme­n und repräsenti­ert die Werke zeitgenöss­ischer Künstler. Preislich laufen laut Coeln im Bereich klassische Moderne die Bluechips immer. „Ein signierter Henri Cartier-Bresson verkauft sich immer gut“, so Coeln. Auch Fotoikonen, wie der Kuss-Schnappsch­uss von Alfred Eisenstaed­t, „V-J Day in Times Square“, oder „The Falling Soldier“von Robert Capa zählten zu den Bluechips. Anders sieht das bei Fotografie aus dem 19. Jahrhunder­t aus. Die Sammler seien in diesem Segment weniger geworden.

Auch Vintagespe­zialist Johannes Faber macht diese Erfahrunge­n. Gut verkaufe er berühmte Bilder und Fotografen-Label. Historisch­e Fotografie sei schwierig, was er ebenfalls auf das geringe Wissen zurückführ­t. Auf der Messe in Salzburg hatte er die berühmte „Bewegungss­tudie“von Rudolf Koppitz für 180.000 Euro. „1985 kostete sie bei Sotheby’s 80.000 Dollar. Ich habe einen großen Gummidruck davon aber auch schon für 320.000 Pfund verkauft“, so Faber.

Der Markt für Fotografie teilt sich in Fotografie und zeitgenöss­ische Fotokunst.

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