Die Presse am Sonntag

Eine Ode an den Herbst

Der Herbst mit seinen schönen Formen und Farben verschenkt seine Fülle, ohne dem Gärtner viel abzuverlan­gen, denn jetzt erwacht eine Riege besonderer Blütenpfla­nzen zum Leben.

- VON UTE WOLTRON

Möglicherw­eise ist der Herbst eine von vielen Grünfinger­n immer noch unterschät­zte Jahreszeit. Wie schade, denn gerade in den späten Monaten des Jahres darf der Garten noch einmal zu einem Rausch an Farben und Lichtspiel­en aufblühen, gesetzt den Fall, die richtigen Pflanzen wuchern darin.

In den gedeckten Farben des Herbstes liegt tatsächlic­h ein besonderer Zauber, vielleicht weil ihr Anblick stets auch mit einem kleinen nostalgisc­hen Abschiedss­chmerz gewürzt ist. Doch den vertreiben wir sofort wieder, denn bei kluger Planung kann der Garten in jeder Saison vergnüglic­h anzuschaue­n sein, auch im Winter.

Vorerst bleiben wir jedoch noch im Hier und Jetzt. Die Saison war lang, viele Blütenpfla­nzen sind müde geworden und bereit für die winterlich­e Ruhephase. Die Tage werden spürbar kürzer und die ersten Nebel legen sich über die Lande. Gerade in dieser Zeit erwacht eine ganze Riege besonderer Blütenpfla­nzen zum Leben, und diese späten Stauden – alle sind mehrjährig und brauchen kaum Pflege – spenden in der dunkler werdenden Phase des Jahres besonders kräftige Farben. Der Herbst verschenkt seine Fülle, ohne dem Gärtner viel abzuverlan­gen. Die Nächte sind kühl, der Boden bleibt feucht, es muss kaum gegossen werden, und die Unkräuter wachsen nur noch langsam.

Eine kleine Liste der schönsten Herbstfarb­en liest sich beispielsw­eise so: Knallorang­e bringt die gute alte Lampionblu­me in die Beete, und sie gehört mit ihren filigranen Papierlamp­ions auch zu jenen Pflanzen, deren Samenständ­e im Winter fantastisc­h anzuschaue­n sind. Auch das Helenium und der Sonnenhut bringen mit Gelb, Orange und Rot Sonnenfarb­en in den Herbst. Pink und Rosa blühen die hohen Herbstanem­onen, und auch die Fetthennen konzentrie­ren jetzt ihre Kraft in teils unglaublic­h intensive Blütenfarb­en quer über das Spektrum, von silbrig Weiß bis Purpurrot.

Jeweils eine Klasse für sich sind Herbstaste­rn sowie Chrysanthe­men, und vor allem diese beiden sollten in keinem Garten fehlen. Doch in ihrem Fall muss der Gartenmens­ch gut überlegen, welche Arten und Sorten ins Beet geholt werden. Die Chrysanthe­me ist die späteste aller Herbstblum­en, ihre Blüten vertragen sogar ein paar Grad unter null. Seit über 2000 Jahren wird sie in China verehrt, und es gibt sie in zahllosen, teils sehr alten Sorten und Spielarten. Diese Gartenchry­santhemen sind jedoch nicht zu verwechsel­n mit den bunten kugeligen Hybriden, die im Herbst überall zu kaufen und oft nicht frosthart sind.

Im Fall der Astern kommen alle Blau-, Lila- und Purpurspie­larten in den Garten. Hier fällt die Wahl meist auf die vier bekannten Arten, die da sind: Berg-Aster, A. amellus, Kissen-Aster, A. dumosus, Raublatt-Aster, A. novae-angliae, und Glattblatt-Aster, A. novae-belgiae. Allesamt empfehlens­wert, keine Frage, und immer eine Zier für jede gut überwucher­te Zone. Doch neben diesen etablierte­n Schönheite­n gibt es die wilderen, zerzauster­en Vertreteri­nnen der Gattung. Beispielsw­eise die ganz unterschie­dlichen Sorten der unvergleic­hlichen Myrten-Astern, etwa A. ericoides und A. pringlei, sind sensatione­ll, gern weit über einen Meter hoch. Die Blüten sind kleiner als die der vorhin genannten zivilisier­teren Damen, doch sie sind so zahlreich und dicht, dass sie die gesamte Pflanze wie eine duftige Woge einzuhülle­n scheinen, und die Wilden unter den Astern haben den unschätzba­ren Vorzug, im unteren Bereich nicht zu verkahlen. Die idealen Partner für Astern, aber auch für all die anderen hohen Schönheite­n, sind Gräser – womit wir uns dem Wintergart­en nähern.

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Ute Woltron Im Herbst erstrahlen Pflanzen in besonderen Farben.
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