Wieder Haare auf dem kahlen Kopf
Die Glatze kann eine bewusste Entscheidung und ein modisches Statement sein. Viele Männer, die unfreiwillig damit Bekanntschaft machen, leiden aber darunter. Eine Haartransplantation kann ihnen unter Umständen helfen. Wenn damit auch zum Teil hohe Kosten
Es gibt das geflügelte Wort, dass man an einer Krankheit leidet. Nun ist die klassische Glatze, die gar nicht so wenige Männer ereilt, keine Krankheit. Das Leiden darunter gibt es aber sehr wohl. Und mit den ersten Anzeichen von Geheimratsecken oder einem immer lichter werdenden Wirbel am Hinterkopf entwickelt sich auch bei vielen Männern ein Leidensdruck.
Der kann durch das Verstecken der Glatze vor sich selbst ein wenig gemildert werden, indem die Haare so gelegt werden, dass man im Spiegel die kahle Stelle selbst nicht sieht. Das verschwindende Haupthaar kann mit Hut, Kappe oder – besonders bei Rockmusikern sehr beliebt – Kopftuch kaschiert werden. Und das Spiel kann irgendwann in der Resignation enden, die verbliebenen Haare auch noch komplett zu rasieren und zum selbstbewussten Glatzenträger zu werden.
Viele Versprechungen. Doch am Weg zu diesem finalen Schritt, so man ihn je macht, warten noch viele Versprechungen. Dass der Haarausfall vielleicht doch gestoppt werden kann. Und man wieder volles Haar bekommen könnte. Unzählige Cremes, Tinkturen und Präparate sind auf dem Markt zu haben, von Nahrungsergänzungsmitteln bis zu verschreibungspflichtigen Medikamenten. Doch der Erfolg bleibt oft aus. Und zeigt ein Mittel doch Wirkung, sind damit häufig unangenehme Nebenwirkungen verbunden.
Und dann ist da auch noch eine Methode, die in den vergangenen Jahren zunehmend populär geworden ist – eine Haarverpflanzung. Die International Society of Hair Restoration Surgery (ISHRS) schätzt in einem Report, dass 2016 etwa 636.000 Haartransplantationen weltweit durchgeführt worden sind – zu 85 Prozent an Männern.
„Es hängt vom individuellen Leidensdruck ab“, sagt Patrick Brunner, Oberarzt an der Wiener Universitätsklinik für Dermatologie. Denn natürlich ist eine Haartransplantation ein ziemlicher Eingriff. „Man muss ein ausführliches Gespräch führen“, meint der Experte. „Aber wenn jemand das Geld investieren möchte, gehört das sicher zu den ungefährlicheren Sachen, weniger als große plastische Operationen.“
Was für die Haartransplantation spricht, ist der Erfolg. Denn sind die Haare einmal verpflanzt, bleiben sie auch bestehen. Und ist es gut gemacht, muss man schon genauer hinschauen, um es zu erkennen. Aber, und das ist wohl das gewichtigste Argument dagegen, eine solche Operation ist teuer. Natürlich hängt der Preis von mehreren Faktoren ab, etwa davon, wie viele Haarfollikel transplantiert werden sollen. Aber von der Größenordnung kann sich eine solche Operation in Österreich schon in der Gegend eines Kleinwagens bewegen. Mit etwa 4000 Euro aufwärts muss man rechnen, nach oben hin können es auch schon 15.000 Euro werden.
Transplantation in Istanbul. Einige weichen deshalb auch ins Ausland aus. „Früher ist man nach Ungarn gefahren, um sich die Zähne richten zu lassen“, sagt Brunner, „heute fährt man nach Istanbul, um sich Haare verpflanzen zu lassen.“Der Kosten wegen, denn die sind hier zum Teil deutlich niedriger als etwa in Österreich oder Deutschland. Auf der ˙Istiklalˆ Caddesi, der großen Fußgängerzone in Istanbul, gehören Männer mit blutigen Wunden am Kopf quasi schon zum Straßenbild. Die türkische Metropole hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Zentrum für Haartransplantationen entwickelt, in das alljährlich Tausende Männer aus der ganzen Welt fahren. Mittlerweile gibt es Angebote im Paketpreis, bei denen neben der Haartransplantation auch der Aufenthalt in einem Hotel, ein Dolmetscher, diverse Transfers und zum Teil noch weitere Extras enthalten sind.
Muss man bei einer solchen Haartransplantation Bedenken haben? „Einen solchen Eingriff muss jemand machen, der eine Ahnung davon hat“, sagt Experte Unger. „Das darf man nicht im Hinterzimmer machen. Die Qualitätssicherung muss gegeben sein, es muss infektionssicher sein.“Es gebe eine Kette von Arbeitsschritten, die genau kontrolliert werden müssen. Istanbul hat hier ein weitgehend gutes Image. Doch es gibt natürlich auch Punkte, die manche zweifeln lassen.
Wie sieht es etwa bei Problemen aus? Muss man ein weiteres Mal einen Flug auf sich nehmen? Auch Dinge wie Gewährleistung können im Ausland komplizierter werden. Und nicht zuletzt warnen – naturgemäß – heimische Anbieter davor, dass die Qualität bei besonders günstigen Angeboten leiden könnte, dass etwa die Beratung kurz und oberflächlich ausfällt.
Istanbul wurde zum Zentrum der Haartransplantation – wie früher Zahnkliniken in Ungarn.
Verschiedene Verfahren. Es gibt mehrere Verfahren, mit denen Eigenhaar verpflanzt werden kann. Woher die Haare kommen, ist aber immer gleich: von den Stellen am eigenen Kopf, an denen das Haar voll ist – und auch