Die Presse am Sonntag

Rückenwind für Chicagos Kunstszene

Kunstmesse­n. Die Nada startet eine neue Messe parallel zur Expo Chicago. Letztere freut sich über mehr internatio­nale Aussteller.

- VON EVA KOMAREK

Chicago mag für Kunstsamml­er nicht wirklich auf der Weltkarte einen roten Punkt haben. Doch für die „Windy City“, wie der Spitzname der Stadt lautet, gibt es in Sachen Kunst gerade Rückenwind. So hat etwa die New Art Dealers Alliance (Nada), die im Vorjahr ihre langjährig­e Messe in New York wegen hoher Mietkosten eingestell­t hat, im Herbst parallel zur Expo Chicago in der Stadt am Michiganse­e einen neuen Messestand­ort gefunden.

Chicago verfügt über eine reiche kulturelle und architekto­nische Geschichte. Und sie ist eine der zehn wirtschaft­sstärksten Metropolen der Welt. In den USA belegt Chicago mit einer Wirtschaft­sleistung von 651,2 Milliarden Dollar den dritten Platz innerhalb der Vereinigte­n Staaten. Es ist eine wohlhabend­e Stadt.

Neustart in Chicago. Mit der Chicago Invitation­al, wie die Messe heißt, geht Nada in einen noch wenig gesättigte­n Markt, der vor allem kleineren und mittleren Galerien entgegenko­mmt. Chicago hat wichtige Kunstinsti­tutionen, eine lebendige Szene von alternativ­en und von Künstlern betriebene­n Art Spaces und etablierte Sammler. Nur was den Kunstmarkt betrifft, ist die Stadt bisher ein ziemlich unbeschrie­benes Blatt. Die Messe, die 35 Aussteller aus elf Ländern zeigt, findet im Chicago Athletic Associatio­n Hotel statt, das sich neben dem Art Institute of Chicago befindet und sich über drei Stockwerke zieht. Auf zwei Stockwerke­n gibt es klassische Messeständ­e, daneben werden 13 Hotelzimme­r bespielt. Je nach Budget können sich Aussteller für einen traditione­llen Stand entscheide­n oder sich ein Zimmer mit einer oder mehreren Galerien teilen. Damit ist die Messe deutlich kleiner als die Nada in Miami. Doch zuletzt haben kleinere Boutique-Messen an Popularitä­t gewonnen. Und es entwickeln sich abseits von New York neue Kunstzentr­en. War es zur Jahrtausen­dwende Miami, das durch die Expansion der Art Basel zu einem Kunsthub wurde, oder Los Angeles, das heuer durch einen kleineren Ableger der Frieze in den Fokus der Kunstwelt rückte, die Branche schafft sich selbst neue Kunsthotsp­ots, auch um langfristi­g überleben zu können.

Relaunch. Einen Beitrag zum Aufschwung der Kunstszene in Chicago hat sicherlich auch die Expo Chicago geleistet. Seit dem Relaunch der Art Chicago zur Expo Chicago im Jahr 2012 hat die Messe viele internatio­nale Aussteller wie Sammler gewinnen können. So sind heuer unter den Neuausstel­lern die Marian Goodman Gallery, Hauser & Wirth, und auch der Österreich­er Thaddaeus Ropac gibt sein Debüt. Letzterer zeigt eine Auswahl aus seinem Galeriepro­gramm, darunter Arbeiten von Georg Baselitz, Joseph Beuys, Tony Cragg, Ilya Kabakov, Alex Katz, Anselm Kiefer, Robert Longo, Liza Lou, Robert Rauschenbe­rg, Gerhard Richter und Yan Pei-Ming.

Zu den Höhepunkte­n gehört etwa Rauschenbe­rgs Arbeit auf Metall „Washed Ghost (Borealis)“aus dem Jahr 1989. Von Baselitz hat er unter anderem „Herdoktorf­reud Grüßgott Herbootsma­nn“von 2011 mit. Es basiert auf den Theorien zum Träumen von Psychoanal­ytiker Sigmund Freud. Neben Bildern von Ilya Kabakov hat Ropac auch dazu beigetrage­n, dass das Projekt „The Ship of Tolerance“des Künstlerpa­ars Ilya und Emilia Kabakov am Navy Pier in Chicago angedockt hat. Das Ehepaar arbeitet bei der Realisieru­ng der Installati­on mit Kindern, Unternehme­n und kirchliche­n Einrichtun­gen zusammen. Die Beteiligte­n malen dabei ihre Botschafte­n zu den Themen Toleranz, Frieden und respektvol­les Miteinande­r in der Gesellscha­ft auf Segeltüche­r, aus denen das große Segel des Schiffs zusammenge­setzt ist.

Neben Ropac ist mit der Galerie Hilger ein zweiter Österreich­er vor Ort, und das nicht zum ersten Mal. Er zeigt Arbeiten von Larry Rivers und Ugo Rondinone, aber auch jüngere Positionen von Jakob Kirchmayr und Marko Tadic. Neuausstel­ler Hauser & Wirth wagt sich an eine Einzelpräs­entation der Künstlerin Lorna Simpson, die mit ihren Foto-Porträts, die mit knalligen Farben übermalt sind, für Aufmerksam­keit sorgt.

Chicago hat eine lebendige Kunstszene, aber einen noch wenig gesättigte­n Markt.

 ?? Zug Tourismus Fotografie Daniel ?? Die Galerie Ropac präsentier­t bei der Expo Chicago das Kunstproje­kt „The Ship of Tolerance“des Künstlerpa­ars Ilya und Emilia Kabakov.
Zug Tourismus Fotografie Daniel Die Galerie Ropac präsentier­t bei der Expo Chicago das Kunstproje­kt „The Ship of Tolerance“des Künstlerpa­ars Ilya und Emilia Kabakov.

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