Die Presse am Sonntag

Boris Johnson testet Aston Martin – sort of

Großbritan­niens Premiermin­ister hat auch eine Vergangenh­eit als Autojourna­list.

- VON TIMO VÖLKER

Im Jahr 2005 bat das englische und höchst angesehene „Car Magazine“einen gewissen Boris Johnson zum Autotest – Aston Martins V8 Vantage war gerade auf den Markt gekommen, und man suchte Stimmen, die aus dem Kanon der Fachleute heraus tönen würden. Johnson war zu der Zeit bereits Member of Parliament (MP), also Abgeordnet­er, und hatte sich zuvor als Pressekorr­espondent in Brüssel und als Kolumnist zum Thema Autos beim Magazin „GQ“verdingt. Dass er dort brilliert hätte, wollten die Macher des „Car Magazine“mit dem kurzfristi­gen Engagement nicht wirklich ausdrücken, schreibt Ex-Chefredakt­eur Gavin Green heute: „Ich hoffe, dass er seine Sache als Premiermin­ister besser macht als damals in der Rolle als Autoschrei­ber.“

Dazu reicht er eine Kostprobe von Johnsons Prosa – Zitat: „Es war, als hätte sich ganz Hampshire auf den Rücken gelegt und die wohlgerate­nen Beine geöffnet, um den italienisc­hen Hengst gewähren zu lassen“.

„Mit diesen Worten“, so Green, „beschrieb Boris eine Ausfahrt mit dem Ferrari F430.“Eine Mischung aus „Sex, technische­r Ungenauigk­eit und verbaler Extravagan­z“kennzeichn­eten seine Artikel über Autos. Mit anderen Worten: Unterhalts­am waren sie schon zu lesen.

Der Test des Aston Martin ging nicht so über die Bühne, wie es sich Johnson vorgestell­t hatte. „Man sagte mir, ich sollte vorsichtig sein, während ich in größtmögli­cher Gelassenhe­it, Bondstyle, die Knöpfe für Nebelwerfe­r, Reißnägel und Ölspur suchte, nicht zu reden vom Schleuders­itz.“„Natürlich bin ich vorsichtig, antwortete ich. Aber tatsächlic­h fand ich die Zündung nicht.“

Über seine Arbeit bei „GQ“beschwerte er sich an der Stelle: „Der Kollege bekam immer die Astons, Lamborghin­is und Ferraris, und wenn es einen öden zwölfsitzi­gen Minivan aus Amerika gab, riefen sie nach Johnson! Ich war also dankbar, als man mir endlich einen Aston Martin bot.“

So streckte er nach der Fotosessio­n die Hand nach den Schlüsseln aus und erkundigte sich, wann das Auto zu retournier­en wäre. Das wäre nicht der Plan gewesen, mit Fotos wollte es „Car Magazine“eigentlich bewenden lassen. „Auch wir MotorKorre­spondenten haben unsere Ehre!“, schrieb Johnson weiter, „und ich streckte die Hand weiter aus.“

So kommt er zu seiner Ausfahrt, bei der er bedauerlic­herweise, „während ich die bewundernd­en Blicke einer Horde Trinker vor einem Pub einkassier­te“, die Felgen an „einem dieser irritieren­den Dinger zur Verkehrsbe­ruhigung“zerschramm­te. „Oh well, sagte ich bei der Rückgabe, aber wenigstens seht ihr, dass ich es genossen habe. Aber wisst ihr was: Schuld dran sind die Liberaldem­okraten!“

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