Viennale: Ein Filmevent im sanften Wandel
Am 24. Oktober eröffnet die Viennale mit dem feministischen Historienfilm „Portrait de la jeune fille en feu“. Das Programm ist weitläufig wie eh und je – doch in wesentlichen Aspekten hat Intendantin Eva Sangiorgi das Profil des Festivals geschärft.
Noch vor den Vorworten, als allererster Text, steht im diesjährigen Viennale-Katalog ein Nachruf auf Eric Pleskow. Am 1. Oktober ist der umtriebige Hollywood-Produzent und langjährige Schutzpatron des Festivals mit 95 Jahren verstorben. Und obwohl er noch ein zukunftsfrohes Geleitwort für die 57. Ausgabe des Wiener Filmevents verfassen konnte, wirkt sein Dahinscheiden wie das letzte Siegel auf dem Ende einer Ära. Denn Pleskows Präsidentschaft verlief fast zeitgleich zur prägenden Viennale-Intendanz von Hans Hurch. Diese fand 2017 ein abruptes Ende, als der Langzeitdirektor einem Herzversagen erlag.
Seine Nachfolgerin, Eva Sangiorgi, hatte, frisch aus Mexiko angereist, nur wenig Zeit, um sich in Österreich zu akklimatisieren und ein probates Programm aus dem Boden zu stampfen. Ihre erste Festivaledition im vergangenen Jahr war ein Werk des Übergangs, das noch stark im Hurch’schen Schatten stand. Doch dass man auf den ersten Blick kaum Unterschiede merkte, förderte die Reibungslosigkeit des Führungswechsels. Diesen September wurde der Vertrag der 41-jährigen Italienerin um fünf Jahre verlängert.
Heuer, betont Sangiorgi, trage die Viennale ganz ihre Handschrift. Aber wie sieht diese aus? Die Grundpfeiler des Festivals sind intakt: Weiterhin entfaltet es ein überbordendes Panorama des globalen Gegenwartskinos, das A-Festival-Blockbuster (darunter etwa Terrence Malicks episches Franz-Jägerstätter-Drama „A Hidden Life“) ebenso einschließt wie geduldige Porträts, politische Bestandsaufnahmen und feinsinnige Kunstfilmpreziosen.
Nach wie vor schlägt das Programm einen Spagat zwischen dem delikaten Geschmack internationaler Cinephiler, die jeden Herbst zum Degustieren erlesener Laufbildkost nach Wien pilgern, und den Ansprüchen der städtischen Laufkundschaft. Doch diese Ähnlichkeiten im Groben kaschieren die Verschiebungen im Detail.
Kein Platz für Kommerz. Ein Kollege, der Sangiorgis ästhetische Präferenzen kritisch beäugt, nannte sie einmal „hurchiger als Hurch“: Das, was man landläufig populäres Kino nennt, interessiere sie noch weniger als ihren Vorgänger. Tatsächlich zeigt sich das diesjährige Programm weitgehend bereinigt von deftigen, ungehobelten oder kommerziell ausgerichteten Filmformen, die Hurch immer wieder einzusprenkeln pflegte: ein rabiater Hongkong-Thriller hier, eine vom deutschen Underground-Pionier Jörg Buttgereit kuratierte Horrorschau da.
Genre gibt es jetzt nur noch als Federschmuck avancierter Autorenfilme. Oder, gleichsam ausgelagert, im Rahmen der zusammen mit dem Filmmuseum gestalteten Retrospektive: 2018 galt sie amerikanischen B-Movies, nun (ost-)europäischen Partisanenstreifen. Diese Verdampfung des Vierschrötigen stößt manchen sauer auf. In ihren Augen entwickelt sich das Festival, das eingedenk seiner Größenordnung und privilegierten Förderposition in der Verantwortung steht, das Kino in all seiner Vielfalt abzubilden, am Publikum vorbei – und driftet sukzessive in die elitären Sphären abgekapselter Nischenevents. Doch man kann diese Kritik auch als Kompliment lesen. Ein Vorwurf gegen Hurch lautete nämlich, er sei in seiner oft verlautbarten moralischen Ablehnung bestimmter Spielarten des Kinos nicht konsequent genug, die Genre-Sprengsel seien Kompromiss und Feigenblatt. Da erscheint Sangiorgis Selektion standhafter, die Abwesenheit medienwirksamer Stargäste wie Jane Fonda oder Christoph Waltz weniger anbiedernd. Und das Vorhaben, etablierte Kategorien zu verwischen (die Zusammenlegung von Spiel- und