Verehrt, verirrt, verfemt
Peter Handke ist nicht der erste politisch umstrittene Gewinner des Literaturnobelpreises. Von Sympathisanten der Nationalsozialisten bis zu Stalinisten war bisher alles dabei.
Im Jahre 1920 gewann der Norweger Knut Hamsun den Nobelpreis für Literatur. Für sein Werk, das zivilisationskritisch und modern zugleich war, stilistisch von eindringlicher Betrachtung geprägt. 23 Jahre später befand sich seine Nobelpreismedaille in den Händen von NS-Propaganda-Minister Joseph Goebbels. Hamsun hatte sie ihm geschenkt.
War die Nobelpreisverleihung an den damals 61-jährigen Hamsun, verehrt von Kollegen wie Thomas Mann, Robert Musil und Maxim Gorki, Inspiration für eine Schriftstellergeneration von Ernest Hemingway bis James Joyce, noch mit großem Wohlwollen begleitet worden, so gilt er heute als der umstrittenste unter den Literaturnobelpreisträgern.
Hamsun hatte früh Sympathien für Deutschland entwickelt und war im anglophilen Norwegen ausgesprochen antibritisch eingestellt gewesen. Er war kapitalismuskritisch, fühlte sich dem einfachen Leben auf dem Land in der Natur verbunden – aufgewachsen war er in der Nähe des Polarkreises – und fing auch mit der Demokratie nicht viel an. Im Nationalsozialismus sah er dann eine Bewegung der Jugend, der die Zukunft gehöre. Als die Deutschen 1940 Norwegen eroberten, rief er zur Kollaboration auf. Und nach Adolf Hitlers Tod schrieb er 1945 in einem Nachruf: „Er war ein Krieger für die Menschheit, eine reformerische Gestalt von höchstem Rang.“Hamsun landete danach in der Psychiatrie und vor dem Richter – wegen Landesverrats.
Im Juni 1943 war Hamsun sogar Gast Hitlers auf dem Obersalzberg gewesen. Am Tag nachdem er in der Wiener Hofburg Ehrengast der „Tagung der Union nationaler Journalistenverbände“– er hatte eine antienglische Festrede mitgebracht – gewesen war. Doch das Treffen mit Hitler verlief unerfreulich. Der Diktator war verärgert, als Hamsun von ihm verlangte, seinen Statthalter in Norwegen, Reichskommissar Josef Terboven, abzuberufen. „Sein Preußentum ist unannehmbar. Und dann die Exekutionen!“, beklagte sich Hamsun. Doch Hitler blieb stur und herrschte Hamsun an: „Davon verstehen Sie nichts!“
Die Preisverleihung an Peter Handke hat die Debatte, ob man Werk und Autor trennen könne, neu entfacht. Faktum ist, dass gerade unter den Literaturnobelpreisträgern die Anzahl an umstrittenen Autoren, die zumindest ein Stück des Weges mit den Extremismen des 20. Jahrhunderts gegangen sind, relativ groß ist.
Der namhafteste Vertreter der Verirrungen der Linken auf der Liste der Nobelpreisträger ist wohl Jean-Paul Sartre. Der Franzose versuchte sich zwar als unorthodoxer Kommunist, als freier linker Geist, unabhängig von den Direktiven aus Moskau. Den Verbrechen des Stalinismus stand er aber doch relativ gleichgültig gegenüber, gewissermaßen hielt er sie sogar für ein notwendiges Übel, um dem Kommunismus zum Durchbruch zu verhelfen.
Vor allem im Streit mit seinem langjährigen Freund und Weggefährten Albert Camus, der dann zum Widersacher wurde, offenbarte sich dies. Sinngemäß wiedergegeben: Die gewiss abzulehnende Existenz der Straflager ändere nichts daran, dass der Sowjetunion nach wie vor der Vorzug gegenüber den USA zu geben sei. Oder in den Worten Sartres: Im Laufe von mehr als hundert Jahren seien ebenso viele Schwarze ins Unglück gestürzt worden „wie Tscherkessen deportiert“. Auch die Schauprozesse fand er nicht so schlimm wie Camus. Und er verteidigte die chinesische Kulturrevolution.
Sartre bei Baader. Wie später bei Handke und Miloseviˇc´ sollte auch bei Sartre ein Besuch für Aufregung sorgen – und zwar jener beim RAF-Terroristen Andreas Baader im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim. Und wie seinerzeit bei Hitler und Hamsun gerieten auch die beiden aneinander. „Ein Arschloch“sei Baader, soll Sartre danach gemeint haben. Er hatte Baader vom Weg des Terrors abzubringen versucht, wie das vor einigen Jahren vom Landeskriminalamt veröffentlichte Gesprächsprotokoll zeigt. Andreas Baader indes meinte, „der Alte“verstünde ihn einfach nicht.
Der namhafteste Vertreter der Verirrungen der Linken auf der Liste ist wohl Sartre.
Den Literaturnobelpreis, der ihm 1964 zuerkannt wurde, lehnte Sartre dann ab. Die Stockholmer Akademie war ihm zu konservativ, er wollte sich nicht vereinnahmen lassen.
Ebenfalls Kommunist war der Literaturnobelpreisträger von 1971, Pablo Neruda aus Chile. Geprägt von den Erlebnissen im Spanischen Bürgerkrieg fehlte es ihm noch deutlicher an Dis