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INFORMATIONEN FÜR ZEITGENOSSEN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN
ast hat es den Anschein, als ginge das neue Jahr an der Börse so fröhlich weiter, wie es 2019 gelaufen ist. Nicht einmal die gefährliche Zuspitzung im Konflikt zwischen den USA und dem Iran durch die Ermordung von Qasem Soleimani, dem Chef der Eliteeinheit Quds der iranischen Revolutionsgarden, am 3. Jänner hat die Aufwärtsbewegung wesentlich stören können. Kurz durchgerüttelt ja. Aber eine ernsthafte Gefährdung der Party? Nein. Fast schon etwas unheimlich, wie die US-Börsen gleich in der zweiten Handelswoche des Jahres neue Rekordhochs erklimmen und wie es ihnen nun auch ihre europäischen Pendants nachmachen. Selbst dem lang fußmaroden deutschen DAX fehlten zuletzt nur noch 50 Punkte bis zum Rekordhoch aus dem Jänner 2018. Dieses scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.
Das Positive überwiegt ganz einfach. Allen voran die Aussicht auf die für Mittwoch anberaumte Unterzeichnung des Teil-Handelsabkommens zwischen den USA und China. Sie ist zwar schon einige Zeit bekannt, weshalb einiges an Freude darüber in den Kursen eingep reist ist. Aber nach einem ganzen Jahr Belastung durch die diesbezügliche Unsicherheit dürfte auch die jetzige Erleichterung noch anhalten und die Kurse zumindest stützen, wenn nicht gar leicht antreiben.
Wie vergangene Woche so wollen wir auch diese Woche darauf hinweisen, dass sich ein ähnlich starkes Börsenjahr wie 2019 wohl nicht wiederholen wird. Die Bank of Ame rica etwa traut dem US-Leitindex S & P 500 heuer sechs Prozent Steigerung zu. Und für die kommenden zehn Jahre durchschnittlich fünf Prozent pro Jahr. 2019 waren es 29 Prozent.
Dabei sind die Aussichten für die Wirtschaftsentwicklung inzwischen positiver als noch 2019. Irreführen sollten das freilich nicht. Denn auch wenn sich die Weltwirtschaft erholt, so ist der Prozess doch „fragil“, wie die Weltbank am Mittwochabend mitteilte. Die BIPPrognosen wurden um jeweils 0,2 Prozentpunkte auf 2,4 Prozent (2019), 2,5 Prozent (2020) und 2,6 Prozent (2021) gesenkt. Kein Grund zur Euphorie also, wiewohl man das Konjunkturglas doch eher halb voll als halb leer sehen kann, schließlich droht keine Rezession.
Wer mit nicht allzu großen Erwartungen auf den Märkten aktiv ist, hat gute Chancen, positiv überrascht oder zumindest nicht sehr enttäuscht zu werden. Das gilt im Übrigen auch für die Saison der Unternehmensbilanzen, die diese Woche mit den Zahlen von mehreren US-Großbanken beginnt.
Man kann das neue Börsenjahr, so man wieder dabei sein will, wofür es bis auf Weiteres gute Gründe gibt, mit spekulativen Highflyern, Turnaround-Aktien oder Dividendenperlen beginnen. Man kann sich freilich auch einmal in
Stark wie eine Lok – die Aktie des US-amerikanischen Eisenbahnkonzerns Union Pacific. aller Ruhe Werte ansehen, die über viele Jahre fast ununterbrochen und ohne viel Aufsehen stiegen, also Kraft und Widerstandskraft gleichzeitig zeigten. Natürlich müssen sie nicht zwingend weiter steigen, aber es spricht wenig dagegen, dass sie es doch tun.
Die US-Eisenbahngesellschaft Union Pacific (ISIN: US9078181081) etwa, eine Altempfehlung der „Presse am Sonntag“von Anfang 2012. Seither hat sich die Aktie vervielfacht. Der Konzern mit seinen 40.000 Mitarbeitern zählt zu den zwei großen Eisenbahngesellschaften im Westen der USA und verbindet 23 Bundesstaaten auf Schienen. Ohnehin hochprofitabel, arbeitet er an Effizienzsteigerung und hat in den vergangenen Jahren aggressiv Aktien zurückgekauft. Dividende wird seit 120 Jahren gezahlt, die Dividendenrendite beträgt gut zwei Prozent.
Noch konsequenter, wie am Lineal zieht der Kurs des Kreditkartenunternehmens Visa (ISIN: US92826C8394) seit Jahren nach oben.
In Europa kommt ein ähnliches Verdienst dem Flugzeugbauer Airbus (ISIN: NL0000235190) zu, der nun auch noch von den Turbulenzen des USKonkurrenten Boeing profitiert. Credit Suisse meint, dass die Aktie, die 134 Euro kostet, attraktiv bewertet sei, und hat daher am Donnerstag das Kursziel von 143 auf 149 angehoben bzw. das Votum bei „Outperform“belassen.
Die Aktie des US-Rüstungskonzerns Raytheon (ISIN: US7551115071) hat zwa r in der zweiten Häl fte2 018 Federn gelassen, sonst aber seit zehn Jahren zugelegt. Die Bank of America hält sie für den aussichtsreichsten Wert 2020 in der Industriebranche.
Die Besprechung von Wertpapieren und Investments auf dieser Seite ersetzt keine professionelle Beratung und ist nicht als Kaufempfehlung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwicklung.
m Jahr 1961 sollte es endlich soweit sein: Die Türkei würde ihr erstes eigenes Auto bekommen. Von türkischen Ingenieuren konstruiert, von stolzen Arbeitern im Land gefertigt – fast logischer Name: Revolution, in Landessprache: Devrim.
Den Auftrag dazu hatte Staatspräsident Cemal Gürsel erteilt, im „nationalen Interesse“. Im Land herrschte Aufbruchstimmung, die Industrialisierung schritt voran, was könnte die Ambitionen der aufstrebenden Nation am Bosporus besser zieren als ein solches Prestigeprojekt?
Viel Zeit hatte die Mannschaft nicht gehabt. In nur etwas mehr als einem Jahr sollten fahrbare Prototypen entstehen, rechtzeitig für die Staatsfeierlichkeiten anlässlich der Gründung der Republik. Doch das beseelte Team lieferte: Der schwarze Devrim, in den der Präside nt am großen Tag ei nstieg, setzte sich vor einer begeisterten Volksmenge in Bewegung. Die Triumphfahrt endete allerdings nach 100 Metern etwas schmählich – das Fahrzeug stoppte und ließ sich nicht mehr in Bewegung setzen.
Running Gag. Ein Debakel, das der weise Staatspräsident der Legende nach mit den Worten quittierte: „Wir haben mit westlichem Kopf ein Auto gebaut, aber mit östlichem Kopf vergessen, es zu betanken.“
Die Fahrt wurde in einem der anderen, beigefarbenen Autos fortgesetzt, ohne Probleme. Da war die Story vom türkischen Auto, das es keine 100 Meter weit schafft, schon auf der Welt – auf Jahrzehnte ein Running Gag für Türken mit Hang zur Selbstironie.
Eine Charaktereigenschaft, die dem amtierenden Präsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdog˘an, nicht nach
Elektro.
Mit E-Antrieb und Design von Pininfarina will die türkische Marke Togg bis 2022 in der Türkei und Europa, danach weltweit auf den Marktk ommen.
Tapfer.
Ein nationales Industrie-Konsortium von „fünf Tapferen“hat das Investment von 3,7 Mrd. Dollar zu stemmen.
Bayern.
VinFast aus Vietnam setzt bei seinem ersten Modell auf Motor und Plattform von BMW (X5).
Graz.
Ingenieure von Magna sind an der Entwicklung beteiligt. gesagt wird. Ihm ist sein Land schon seit vielen Jahren zu schade, Autos „nur für andere zusammenzuschrauben“.
Der Devrim schaffte es nie in die Serienproduktion. Das gelang erst dem Anadol im Jahr 1966, diesmal mit technischer Schützenhilfe aus England. Vom Anadol wurden in all seinen Varianten über 100.000 Exemplare produziert, darunter der rare STC-16 – für „Sports Turkish Car“, ein anatolischer GTi mit 86 PS. Eine flotte Angelegenheit im Jahr 1973!
Ford-Motoren hatten sie alle, und als die Produktion des Anadol 1991 eingestellt wur de, üb ernahm Ford das Werk zur Gänze; seither laufen in Istanbul Nutzfahrzeuge vom Band. Werke im Land betreiben zudem Fiat (als nationaler Marktführer), Renault (Nummer zwei), Toyota and Hyundai. Eine eigentlich schon fixe Milliardeninvestition von Volkswagen hängt indes am seidenen Faden – nach dem türkischen Einmarsch in Syrien im Oktober des Vorjahrs wurde die Entscheidung darüber von Wolfsburg aufgeschoben.
So oder so, die Autobilanz der Türkei, mit fünfmal mehr exportierten als importierten Fahrzeugen, kann sich sehen lassen. Nur dass der inländische Autoverkauf seit Längerem, der allgemeinen Wirtschaftslage entsprechend, bedenklich stottert. Im vergangenen Jahr brachen die Zulassungen um 29,3 Prozent ein (Zeitraum Jänner bis Oktober), dabei war schon 2018 kein tolles Jahr. Oder das davor.
Patriotischer Schwung. Aber vielleicht braucht es zur Belebung ja nur den frischen, patriotischen Schwung einer eigenen Automarke, die unter Anwesenhei t ihres gr ößten Förderers Ende
Steyrer Automobilindustrie brachte Busse, Lkw, Rennwagen, Cabrios und Luxuskarossen für Kunden weltweit hervor. Dann löschte der Krieg den ganzen Wirtschaftszweig aus.
Der erste Porsche unter dem Namen rollte 1948 noch aus einem Schupfen in Kärnten, um sich mit der Produktion bald nach Stuttgart zu verabschieden. Der als Jude im Krieg geflüchtete Wiener Karl Abarth machte sich als Carlo in Italien einen großen Namen. Von all dem sollte nichts abfallen? Kreisky fasste Mitte der 1970er einen Entschluss: Es gehörte wieder eine Autoindustrie ins Land.
Dezember aus der Taufe gehoben wurde: Elektroautos der türkischen NeoMarke Togg sollen ab 2021 auffahren, beileibe nicht nur auf dem Heimmarkt. Erdog˘an: „Wenn wir dieses Auto auf den Straßen der ganzen Welt sehen, haben wir unser Ziel erreicht.“
Ein Konsortium aus „fünf Tapferen“, allesamt staatsnahe Konzerne, hebt ein Investment von 3,7 Mrd. Dollar, um vom Standort Bursa aus den lang gehegten Traum wahr werden zu lassen. Wenig überraschend wird dabei auch auf nicht-türkisches Know-how zurückgegriffen: Für den Entwurf etwa zeichnet das traditionsreiche
Design- und Konstruktionsbüro Pininfarina in Turin verantwortlich , dort entstan
Mit an Bord war ÖIAG-Chef Franz Geist, der sich 1976 in einem Interview zur Ankündigung hinreißen ließ, bald würden schon 40.000 Autos im Jahr vom Band rollen. Einen Standort, eine Marke, einen Produzenten, das gab es freilich noch nicht.
Nach Geists und Kreiskys Idee sollten Porsche als Entwicklungs- und Volkswagen als Vertriebspartner zur Seite stehen. Als Ingenieurbüro hatte Porsche großes Interesse an einem solchen Auftrag, erste Skizzen möglicher Modelle entstanden. Neben einer schlichten Limousine etwa ein „Freizeitwagen“, der im Lichte des heutigen SUV-Booms nahezu visionär wirkt. Über den Bundesadler am Kühlergrill hätte man vermutlich noch reden müssen.
Die Sache fand schnell ein Ende – eine Machbarkeitsstudie offenbarte einen Investitionsbedarf, der die Banken nachhaltig zusammenschrecken ließ. Dann sagte Volkswagen offiziell ab. Kreisky musste die Idee begraben.
Die vielen Kontakte, die in ihrem Geiste geknüpft wurden, erwiesen sich in der Folge aber als segensreich: GM kam nach Wien Aspern, BMW nach Steyr, Magna nach Graz.
Mit dem KTM X-Bow, in Graz gefertigt, hat Österreich heute immerhin eine eigene Automarke.
Vielleicht braucht es ja nur den patriotischen Schwung einer eigenen Automarke.