Dauerläufer, Held von der Bank und ein Anflug von Euphorie
Der Start in die Heim-EM ist Österreichs Handballern gegen Tschechien gelungen, das zweite Gruppenspiel gegen die Ukraine könnte bereits den Aufstieg bringen.
Der hart erkämpfte 32:29-Auftaktsieg von Österreichs Handball-Nationalteam über Tschechien hat am Freitag bei der Heim-EM für einen ersten Anflug von Euphorie gesorgt. Mit der Ukraine wartet aber schon am heutigen Sonntag (18.15 Uhr, live ORF1) die nächste, unglamouröse Hürde auf dem Weg in die angepeilte Hauptrunde. „Es wird ein richtig schweres Spiel“, sagte ÖHB-Teamchef Alesˇ Pajovicˇ. Im Idealfall steht man mit Abpfiff bereits als Aufsteiger fest.
Gelingt Rot-Weiß-Rot der zweite Erfolg, und behält im ersten Spiel des Tages auch Nordmazedonien über Tschechien die Oberhand, wäre Österreich zum ersten Mal seit 2014 wieder in der zweiten Phase einer EM vertreten und würde am Dienstag gegen die Balkan-Handballer um den Sieg in Vorrundengruppe B kämpfen. Da die Punkte gegen Mitaufsteiger aufs Hauptrundenkonto gebucht werden, nicht nur ein Prestigeduell.
So weit wollte Pajovicˇ freilich nicht denken. Denn die als leichter Außenseiter gehandelten Ukrainer machten ihre Sache am Freitag bei der hauchdünnen 25:26-Niederlage gegen Nordmazedonien richtig gut. „Mazedonien hat Glück gehabt“, stellte Pajovicˇ nach dem Videostudium fest. Erst ein Kracher von Routinier Kiril Lazarov in der Schlusssekunde brachte den Sieg. „Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen überrascht von der Leistung der Ukrainer war“, gestand Pajovicˇ.
Ukrainische „Riesen“. Umso mehr ist seine Truppe gegen die ukrainischen „Riesen“gefordert, von deren Aufbaureihe der kleinste Spieler 1,98 m misst. „Wenn du zu statisch bist, dann kann das zum Problem werden. Aber wenn wir dynamisch und mit viel Druck zum Tor spielen, dann kann das ein Vorteil gegen diese großen Leute sein“, befand Pajovicˇ. Probleme bereitete die Ukraine den Nordmazedoniern zudem mit ihrer 7:6-Überzahlvariante, auf die sich die Österreicher im Samstagstraining noch einmal gesondert vorbereiteten.
Die von Pajovicˇ geforderte Dynamik war am Freitag im Spiel gegen Tschechien im Angriff noch etwas zu selten zu sehen, fiel aber letztlich nicht ins Gewicht. Auch, weil Kapitän Nikola Bilyk ein beeindruckendes Programm mit zwölf Toren abspulte – und quasi über 60 Minuten ununterbrochen am Feld stand. „Eine unglaubliche Leistung“, sagte Pajovicˇ. „In den wichtigen Momenten, wenn der Druck da ist, übernimmt er Verantwortung.“Der 23-Jährige, der am Sonntag auf die Heimat seiner Eltern trifft, erfüllte die Erwartungen voll, wird in der kommenden Partie aber noch stärker im Fokus der ukrainischen Betonabwehr stehen – so wie Janko Bozˇovic´, der mit sieben Treffern überzeugte. „Sie werden sich sicher mehr auf Janko und Niko konzentrieren, das müssen unsere Mittelmänner besser lösen“, stellte Pajovicˇ klar, dass er etwa auch von Gerald Zeiner eine Steigerung gegenüber Spiel eins erwartet.
Einen persönlichen Erfolg beim Auftaktsieg verbuchte Thomas Eichberger, dessen starke Paraden in der zweiten Hälfte den Weg zum Sieg ebneten. „Ich muss das erst einmal sacken lassen“, meinte der 26-jährige Steirer nach seinem erst fünften A-Länderspiel. Auf dem Spielfeld verspürte der Mann von der HSG Graz keine Nervosität – im Gegensatz zu den Stunden davor: „Auf der Fahrt zur Halle habe ich mir fast in die Hose gemacht, muss ich ehrlich sagen.“
Noch vor wenigen Monaten wäre das Erlebnis EM für Eichberger unwahrscheinlich gewesen. Weil aber Schaffhausen-Legionär Kristian Pilipovic im Oktober überraschend zurücktrat, kam Eichberger zum Zug. „Natürlich hat mir das geholfen“, meinte der Tormann. Teamchef Alesˇ Pajovicˇ: „Er hat seine Chance genützt.“