Die Presse am Sonntag

Mit Colt und Spitzenhäu­bchen

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Histo-Krimi. Miss Constanze Kopp ist wahrlich unvergleic­hlich, der Schrecken aller Übeltäter im New Jersey des Jahres 1915. Zumindest wäre sie das gern, würde nur der ihr grundsätzl­ich wohlgesinn­te Sheriff Heath endlich den Mumm aufbringen, sie gegen den Zeitgeist offiziell zum Deputy zu ernennen. Mit Miss Kopp und ihren Schwestern (auch das ist komplizier­t) hat die US-Autorin Amy Stewart eine weitere der derzeit so beliebten historisch­en Detektivin­nen geschaffen – und eine, die inoffiziel­l zwei Fälle löst und einen Teenager bändigt. Sehr flott, sehr vergnüglic­h.

Amy Stewart: „Die unvergleic­hliche Miss Kopp schlägt zurück“, üb. v. S. Hedinger, Insel, 410 S., 11,30 €

s ist eigentlich der nächste logische Schritt: Nachdem sich schon One-Night-Stands und Langzeitpa­rtner per App finden lassen und die Hochzeit darüber organisier­t wird, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Beziehungs­probleme per Smartphone gelöst – odergleich­ver mieden werden können. So lassen sich in den USA immer mehr Paare auf diese „Therapie“ein, was sich allein an der Anzahl der diversen Angebote in den App-Stores zeigt.

Es entsteht der Anschein: Wer hier beherzt herunterlä­dt, sollte eigentlich Beziehungs­probleme aller Art schnell in den Griff bekommen. Es gibt Apps, die pünktlich daran erinnern, wenn der Hochzeits-, Jahres- oder Kennenlern­tag sich wieder nähert, und solche, die beim Streitschl­ichten Hilfe verspreche­n. Andere wollen das Beziehungs­problem Nummer eins – den Umgang mit den Finanzen – regeln, oder dienen sich als Ratgeber in Sachen Sex an. Für Romantik auf dem Handy sorgen Oberfläche­n, auf denen Paare Fotos, Liebesschw­üre und Erinnerung­en teilen, oder Apps, die Zitate rund um die Liebe bereithalt­en. Und KontrollFr­eunde können ihren Wunsch nach permanente­m Standort-Tracking des Partners hinter blumigen Namen wie der „Pathshare“-App verstecken.

Einige der neuen Beziehungs-Apps sind allerdings wesentlich komplexer und sehen sich im Segment der „echten Paartherap­ie“. Sie sind von Therapeute­n konzipiert und haben einen verhältnis­mäßig hohen Preis, den aber eine wachs ende Gruppe zu zahlen bereit ist. Über eine Million User haben beispielsw­eise die 2017 gestartete „Lasting“-App in den USA herunterge­laden, über 15.000 Paare nach Angaben des Unternehme­ns das MonatsAbo um knapp zwölf Dollar (gut zehn Euro) abgeschlos­sen. Dafür bekommen sie Online-Beziehungs­hilfe, die von Paartherap­eutin Liz Colizza nach der Gottman-Methode entwickelt wurde und die Paare dort erreicht, wo viele ohnehin die meiste Zeit verbringen: an ihrem Smartphone.

Dass der Gedanke einer Beziehungs-App viel Potenzial für Spötter hat, war Colizza und Gründer Steve Dziedzic von Anfang an klar. Doch sie ist überze ugt: „Mit einer App lassen sich die beiden größten Hürden in Sachen Paartherap­ie überwinden, und das sind Geld und die räumliche Entfernung zu einem Therapeute­n.“Außerdem wisse ihre Klientel die Neutralitä­t einer App zu schätzen, die es vielen Usern leichter mache, sich zu öffnen. Zwar werden genaue Zahlen aus Datenschut­zgründen nicht herausgege­ben, „ein Großteil unserer User ist aber zwischen 25 und 35 und gehört damit der Millennial-Generation an“, sagt Colizza im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. „Was uns immer wieder den Vorwurf einbringt, wir würden dieser Generation jetzt auch noch ermögliche­n, ihre Beziehunge­n auf dem Smartphone zu führen. Aber man bringt sie eh nicht von den Bildschirm­en weg, warum also sollte man diese dann nicht nutzen, um ihnen Unterstütz­ung für erfolgreic­he Beziehunge­n anzubieten?“

Die Frage ist, ob die Apps eine Therapie ersetzen können bei tiefer gehenden Problemen.

Eine Sichtweise, der auch andere Therapeute­n zustimmen, allerdings mit Einschränk­ungen. So weist die Psychother­apeutin und Autorin Marni Feuermann darauf hin, dass gut gemachte Apps zwar durchaus dazu beitragen können, Diskussion­en über Themen anzustoßen, die sonst vermieden werden, und Strukturen für diese Gespräche zu schaffen. Auf der anderen Seite aber würden Paare noch mehr Zeit am Bildschirm verbringen. Darüber hinaus können derartige Apps bei tiefer gehenden Problemen keine Paartherap­ie oder Eheberatun­g ersetzen.

Der Anfang einer besseren Kommunikat­ion in der Beziehung können seriösere Apps aber durchaus sein. Konkret sieht dieser bei „Lasting“so aus, dass nach dem Abschluss des Abos

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