Die Akteure im Impeachment-Drama
Im Senat beginnt am Dienstag der zweite Akt im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump. Die Mehrheit der Republikaner ist solide, aber einige Senatoren könnten umfallen. Die Demokraten schielen auf die Vorwahl in Iowa.
Alles ist bereit für den zweiten Akt im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump. Mit Pomp – allerdings mit Verzögerung von mehreren Wochen – überreichten Nancy Pelosi und die demokratischen Anklagevertreter im Repräsentantenhaus die Akte gegen den Präsidenten mit goldenem Siegel an den Senat. Verfassungsgemäß berief die zweite Parlamentskammer, ein exklusiver Klub, John Roberts, den Chefrichter des Obersten Gerichtshofs, in die eher zeremonielle Rolle des Prozess-Vorsitzenden. Auch die Vereidigung der 100 Senatoren – jeder wurde einzeln aufgerufen – war reine Formsache.
Ab Dienstag nimmt das Impeachment-Drama seinen Lauf. Eine Amtsenthebung Trumps gilt aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Senat und der Notwendigkeit einer Zweidrittelmehrheit als äußerst unwahrscheinlich. Doch eine Vorladung von neuen Zeugen, womöglich neue Enthüllungen über die Machenschaften der TrumpRegierung in der Ukraine und unvorhersehbare Ereignisse könnten den Präsidenten weiter in Bedrängnis bringen. Am liebsten würde er selbst in den Zeugenstand treten, doch seine Rechtsexperten raten dringend davon ab. Es könnte ihn in noch größere Kalamitäten stürzen. Stattdessen holte er ebenso prominente wie umstrittene Verstärkung für sein Verteidigerteam: Ken Starr, Sonderermittler gegen Bill Clinton in der Lewinsky-Affäre 1998, und den emeritierten Harvard-Professor Alan Dershowitz. Unter Trumps eifrigsten Advokaten: Senator und Ex-Marinerichter Lindsey Graham.
Dass Trump zum Stand der Dinge twittert und in seiner Rede zur Lage der Nation Stellung dazu nimmt, ist indes unausweichlich. An die Republikaner gab er die Parole aus: „KÄMPFT!“
Der oberste Richter des Landes wird gemeinhin den Konservativen zugerechnet. George W. Bush hat den bald 65-jährigen Absolventen der renommierten Harvard Law School und Karrierejuristen 2005 für den Supreme Court nominiert, und als Chefrichter hat er auf den Stufen des Kongresses Barack Obama und Donald Trump auf das Präsidentenamt eingeschworen.
Roberts ist um Neutralität bemüht. Bei der Klage gegen Obamas Gesundheitsreform stimmte er zugunsten des Präsidenten, was ihm den Unmut der Republikaner einbrachte. Seit Trump zwei ultrakonservative Richter ins ehrenwerte Gremium berufen hat, nimmt Roberts noch stärker die Rolle des Schiedsrichters und des Züngleins an der Waage ein – was ihn für Trump verdächtig macht. „Schande“und „absolutes Desaster“: So tobte er über ihn.
Der demnächst 78-jährige Senator aus Kentucky, verheiratet mit Verkehrsministerin Elaine Chao, ist der Inbegriff des Washingtoner Insiders und graue
Eminenz des Senats. Als republikanischer Mehrheitsführer spielt der Meister der Verfahrenstricks eine – wenn nicht die – entscheidende Rolle im Impeachment-Prozess, weil er die Spielregeln wesentlich mitbestimmt. Er sieht sich nicht als unparteiischen Juror.
Der Präsident hat sich des Öfteren über die bedächtige Art des Senators mit dem charakteristischen Südstaatenakzent mokiert – etwa wenn die Unterstützung für sein Lieblingsprojekt, den Mauerbau an der mexikanischen Grenze, zu zaghaft ausfällt. Umgekehrt übte McConnell – freilich vorsichtig – Kritik an Trumps impulsiver Außenpolitik. In Stil und Charakter verkörpert McConnell als Vertreter des klassischrepublikanischen Establishments das Gegenteil von Donald Trump, und insgeheim ist ihm der New Yorker Immobilien-Tycoon wohl auch nicht geheuer.
Als Oppositionsführer brachte McConnell Barack Obama von Anfang an beinharten Widerstand entgegen. Er blockierte Gesetze – und am Ende auch ein Jahr lang die Nominierung eines Obama-Kandidaten für den Obersten Gerichtshof. Trump weiß, was er an McConnell hat. Im Impeachment-Verfahren vertraut er dem Fädenzieher, der volle Kooperation mit dem Weißen Haus angekündigt hat und den Prozess möglichst rasch über die Bühne bringen will – ohne neue Zeugen wie Ex-Sicherheitsberater John Bolton, die den Präsidenten massiv belasten könnten.
Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses ist im Zuge der Anhörungen im Kongress zu einem Lieblingsfeind des Präsidenten avanciert – und zugleich ins nationale Rampenlicht gerückt. Der versierte Jurist und Ex-Staatsanwalt aus Kalifornien betrachtet es womöglich als Auszeichnung, dass Trump ihn via Twitter – wie alle seine
Gegenspieler – verhöhnt. „Shifty Schiff“lautet seine Chiffre für den ehemaligen Hobby-Drehbuchautor, einen erklärten Fan des Kultfilms „The Big Lebowski“. Einer der Sprüche aus dem Film – „I don’t roll on Shabbos“(Ich fahre nicht am Sabbat) – prangt auf der Rückseite seines Autos. Dass Trump ihn neulich als „korrupten Politiker“schmähte, dürfte Adam Schiff – und seiner Frau Eve – allerdings weniger behagen.
Der 59-jährige Schiff, ein Exponent der „Blue Dogs“– des konservativen Flügels der Demokraten – hat seine Sache als Ankläger so gut gemacht, dass ihn Nancy Pelosi auch zum Chefankläger im Senat ernannt hat. Trump und die Republikaner werden sich auf harte Attacken einstellen müssen – und Schiff muss sich auf weitere Untergriffe des Präsidenten gefasst machen.
Als Präsidentschaftskandidat der Republikaner 2012 gegen Barack Obama hatte Multimillionär Mitt Romney, dem in seinem Leben vorher als Finanzinvestor, Manager der Olympischen Winterspiele 2002 in Salt Lake City und Gouverneur von Massachusetts fast alles zuzufliegen schien, wenig Fortüne. Romney suchte damals auch die finanzielle Unterstützung Donald Trumps, der hinterher indessen seinen Spott trieb über den „Versager“.
Das Zerwürfnis zwischen dem gläubigen Mormonen und dem früheren Playboy und Selbstdarsteller aus New York war nicht mehr zu kitten. Im Wahlkampf 2016 sprach Romney dem Kandidaten der Grand Old Party im Zuge der „Pussy-Affäre“jegliche moralische Autorität und die Kompetenz für die Präsidentschaft ab. Nach der Wahl Trumps hofierte ihn Romney als Anwärter für das Außenministerium, doch die Ambitionen zerschlugen sich rasch.
2018 gelang Romney das politische Comeback: Er errang den Senatssitz im Mormonenstaat Utah, und er hielt mit seiner Kritik am Präsidenten und ungeliebten Parteifreund nicht zurück. Unter einem Tarnnamen macht sich der 72-Jährige auf Twitter über Trump lustig, der indes keinen Spaß versteht – schon gar nicht einen auf seine Kosten.
Bei den Republikanern gilt Romney als potenzieller „Umfaller“. Zumindest plädiert er – entgegen der Parteilinie – für die Anhörung weiterer Zeugen. Dafür treten auch Lisa Murkowski, Susan Collins und Lamar Alexander ein, allesamt lang gediente Senatoren und Anhänger des moderaten Flügels. Sie könnten den Demokraten zu einem symbolischen Sieg und einer einfachen Mehrheit verhelfen. Im Gegenzug könnten die Republikaner freilich Hunter Biden, den Sohn des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden, in den Zeugenstand rufen.