Kugelige Lebewesen mit Pelz
Die Marimo genannten Algenbälle stammen nicht, wie weithin kolportiert, aus Japan, sondern sind auch hierzulande heimisch.
Erst vor wenigen Jahren tauchten die ersten Bilder dieser seltsamen Kreaturen in Designund Gartenmagazinen auf: Perfekt geformte grüne Kugeln unterschiedlicher Größe, die in Glasgefäßen und Aquarien schwebten oder auf dem Boden ruhten. Es handle sich um Moosbälle aus Japan, hieß es, und die Dinger waren allerliebst anzuschauen. Mittlerweile sind die samtigen Kugeln auch hierzulande in Mode gekommen und in jedem anständigen Aquariengeschäft erhältlich. Sie kosten ein paar Euro, und das ist angesichts ihres extrem langsamen Wachstums von gerade einmal einem halben Zentimeter pro Jahr wohlfeil.
Tatsächlich sind die Bälle botanisch betrachtet kein Moos sondern eine Alge, und sie sind, wie oft fälschlich angegeben, auch keine japanische Spezialität. Zwar erreichen sie nirgendwo größere Durchmesser als im Akansee auf der japanischen Insel Hokkaido, wo sie kultisch verehrt werden und dem Vernehmen nach in Ausnahmefällen bis zu 35 Zentimeter groß werden. Doch die seltene Algenart mit dem botanischen Zungenbrechernamen Aegagropila linnaei ist ebenfalls in kalten Seen Islands, Estlands, der Ukraine und – Überraschung – auch in Österreich zu finden.
Der erste, der sie 1820 wissenschaftlich beschrieb, war auch der Salzburger Arzt und Botaniker Anton Eleutherius Sauter. Er entdeckte die Algenkugeln im oberösterreichischen Irrsee. Erst knapp 70 Jahre später fand man die großen, heute kultisch verehrten Kolonien auf Hokkaido, und die Japaner waren so verrückt nach den flauschigen grünen Bällen, dass ab 1920 ein striktes Sammelverbot verhängt und die Algen unter Schutz gestellt wurden. Die Bevölkerung wurde sogar dazu aufgerufen, entnommene „Marimos“, wie die Kugeln genannt werden, dem See wieder zu übergeben, was in einem feierlichen Zeremoniell tatsächlich erfolgte. 48 Algenkugeln fanden den Weg zurück in ihr natürliches Habitat – na ja, immerhin – und alljährlich findet im Oktober ein großes Marimo-Festival am Seeufer statt.
Garnelenfreaks. Die größten Marimos dürften weit über hundert Jahre alt sein, doch genau weiß das niemand. Sie kamen in den letzten Jahren unter anderem im Gefolge der sich mehrenden Süßwassergarnelenfreaks auch hierzulande in Mode, denn die winzigen bunten Aquarienbewohner weiden ausgesprochen gern daran. Doch auch ohne tierische Mitbewohner macht ein kleines Marimo-Aquarium viel her, und es ist super einfach, die kugeligen Algen für gut ein paar Jahre gesund und rund zu erhalten. Man benötigt zu diesem Zweck weder eine Aquarienheizung noch eine Filteranlage, die einzige Pflicht des Marimobetreuers besteht darin, die Wassertemperatur zu kontrollieren und wöchentlich etwa ein Fünftel des Wassers zu tauschen.
In ihrer natürlichen Umgebung gedeihen die Algenbälle in kalten, winters vereisenden Seen, dementsprechend vertragen sie hohe Temperaturen schlecht. Wärmer als 23 Grad sollte das Wasser nicht sein und auch direkte Besonnung schadet ihnen. Haben sie es zu warm oder zu hell, bilden sie braune Flecken. Auch gelegentliches Wenden und Rollen behagt ihnen, denn in der Natur rollen sie, von sanften Wellen bewegt, über den Seegrund und behalten so ihre perfekte Kugelform.
Untertags, wenn sie mit der Photosynthese beschäftigt sind, steigen die Kügelchen mitunter auf und schweben bis zur Wasseroberfläche, um abends wieder abzusinken, als wollten sie zu Bett gehen. Das reizende Schauspiel verantworten zahlreiche winzige Sauerstoffbläschen, die von der Alge gebildet werden, im filzigen Pelz hängenbleiben und die „pflanzenartigen Lebewesen“, wie die Botanik sie bezeichnet, auftreiben lassen. Ein Marimo-Glas hat also etwas durchaus Meditatives. Es ist einfach und schön.
Die Aquarienwelt erfreut sich dagegen an einem weiteren Marimo-Vorzug, denn in den feinen Algenhärchen siedeln sich Bakterien und andere Kleinstlebewesen an, die Nitrite und Nitrate aus dem Wasser filtern. Der Effekt ist jedoch, so Fachleute, nicht kräftig genug, um eine ordentliche Filteranlage zu ersetzen. Dennoch können Marimos in kleinen Becken mithelfen, der gefürchteten Algenbildung vorzubeugen. Alge gegen Algen, sozusagen. Marimos sind eine runde Sache, egal ob sie im Aquarium oder dekorativ im Glasgefäß gepflegt werden.
Wer den Kugeln Gutes tun will, fischt sie gelegentlich aus dem Becken und spült sie unter fließendem Wasser ab. Leicht drücken und ein paar Mal durchschwappen, solchermaßen tiefengereinigt wieder in das Becken platschen lassen und dabei zuschauen, wie sie aufsteigen, absinken, aufsteigen, absinken und ganz einfach schön sind. und erleichterten sich in großen Massen, weil Bienen säuberliche Tierchen sind und nicht in ihren Stock schmatzen. Offenbar waren die Frühlingsblumen eine willkommene Jause nach dem ewigen Konservenhonig der vergangenen Monate. Mindestens vier Dutzend Bienen taten sich an den Blüten gütlich, und das Schwärmchen freundlich wieder hinaus zu bitten, war zum Glück eine recht einfache Übung.
Die Sträuße wanderten hinaus auf den Balkon, die Imme folgte ihrem Duft. Der Winter ist zurück, jetzt sitzen sie in ihren Stöcken und warten auf die nächsten warmen Flugtage. Es kann ein Weilchen dauern, doch sobald die Sonne scheint, werden sie ab sofort auf meinem Balkon wieder ein paar Leckerbissen vorfinden. Primeln, Tulpen, Narzissen. Duft und Schönheit für uns, Lebensgrundlage für die Winterbienen.