CHRISTIAN MALNIG
Ein bitterer Nachgeschmack
Kein Thema hat uns in den letzten Jahren so intensiv beschäftigt wie der Brexit. Ich war bis vor wenigen Monaten Geschäftsführer des Restaurants Kipferl in London. Zuerst mussten wir den Kursverfall des Pfunds gegenüber dem Euro um 25 Prozent verkraften, der unsere Einkäufe schmerzhaft verteuerte. Zudem ist das Gastgewerbe in London auf junge Europäer angewiesen, die für ein paar Jahre nach London kommen, im Service arbeiten und vor allem Spaß in London haben wollen – das gehört zum Erwachsenwerden. Sie bleiben seit der Brexit-Abstimmung 2016 schmerzhaft spürbar aus.
Ich kann es ihnen nicht verdenken. Schließlich hat sich die Stimmung in Großbritannien radikal gewandelt. Von „Cool Britannia“, das mich 1996 angelockt hat, ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen gibt es starke Stimmungsmache gegen Ausländer und einen politischen und sozialen Stillstand. Im Schatten des Brexit sind dringende Themen wie Umwelt, Ausbildung und Sozialwesen völlig ins Hintertreffen geraten. Großbritannien rangiert nur mehr unter „ferner liefen“statt unter „vorn mit dabei“.
Dabei liebe ich Großbritannien, lebe glücklich mit meiner Familie in London und habe auch keine Absicht, das Land zu verlassen. Man fühlt sich aber nicht mehr so willkommen, wie das einst der Fall gewesen ist. Nach 23 Jahren harter Arbeit musste ich mich nun wie alle anderen EU-Ausländer registrieren lassen und man vermittelt uns, dass wir dankbar sein müssten, hier leben und arbeiten zu dürfen – das hinterlässt schon einen bitteren Nachgeschmack.
Österreicher
leben laut Schätzung der österreichischen Botschaft in Großbritannien.