BRIGITTE ASCHER
Hoffen kann ich immer
Ich lebe schon seit so langer Zeit in Großbritannien, sodass ich mich mittlerweile als Einheimische fühle. London ist meine Heimat. Als das Thema Brexit erstmals auftauchte, war ich vollkommen sicher, dass die Briten niemals gegen Europa stimmen würden. Das Land ist derartig vernetzt mit Europa, der Export von Dienstleistungen so wichtig – es wäre viel zu teuer, das alles auseinanderzunehmen. Nicht bewusst war mir allerdings, in welchem Ausmaß Emotionen jenseits jeder rationalen Diskussion den Ton angaben.
Schmerzhaft war, dass ich als österreichische Staatsbürgerin, wenn auch Seelen-Engländerin, kein Mitspracherecht hatte. Warum war es Bürgern des Commonwealth, etwa aus Australien, erlaubt, über den Brexit abzustimmen, während ich als EU-Bürgerin und direkt Betroffene zu dem Thema nichts sagen durfte? Mein Leben wurde von dieser Entscheidung ja mindestens genauso bestimmt wie das meiner britischen Nachbarn.
Brexit hat das britische Leben verändert. Die Höflichkeit ist der wahre Verlierer. Durch diesen Streit ist es akzeptabel geworden, unhöflich und konfrontativ aufzutreten, ohne zu versuchen, den Standpunkt des Gegenübers zu verstehen. Das hat das Leben nicht gerade angenehmer gemacht. Doch ich baue darauf, dass mit der Zeit junge Wähler die alten Wähler überholen und die Entscheidung revidieren werden. Hoffen kann ich immer.