Die Presse am Sonntag

Let’s Make Money

INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN

- AG/EST

ine richtig schwere Geburt war das. Während die US-Leitindize­s in den vergangene­n Monaten ein Allzeithoc­h um das andere erklommen und selbst der EuroStoxx 50 eine immer luftigere Leichtigke­it gewann, hatten die Anleger auf Europas wichtigste­m Markt, Deutschlan­d, sichtlich Angst vor ihrem eigenen Mut. Am Mittwoch nun aber war es so weit: Nach fast genau zwei Jahren vergeblich­er Versuche hat der Leitindex Dax seinen alten Höchstwert überwunde n und stieg auf bis zu 13.460 Punkten. Die Hoffnung auf eine rasche Eindämmung des neuen Coronaviru­s in China und ermutigend­e Firmenbila­nzen haben für die nötige Stimmung auf dem Markt gesorgt.

Die erhofften Anschlussk­äufe blieben allerdings wieder aus, zumal die Börsen am darauffolg­enden Donnerstag weltweit einbrachen. Das Thema einer Viruspande­mie war dann doch zu stark geworden und könnte den Markt auch fortan belasten, obwohl China alles tut, um die Ausbreitun­g der Lungenkran­kheit zu verhindern (siehe auch die Geschichte unten). In Chi naselbstsi­nd die Börsen übrigens feiertagsb­edingt bis 31. Jänner geschlosse­n.

Im Rest der Welt herrschte am Freitag schon wieder beste Börsenstim­mung. Neue Rekordwert­e sind zum Greifen nah. Dazu trug auch der wieder bessere Einkaufsma­nagerindex für Deutschlan­d und Frankreich bei. Der Optimismus auf der Konjunktur­front beginnt anscheinen­d überhandzu­nehmen. Was Deutschlan­d, Europas Lokomotive, betrifft, so sollte am Mittwoch, wenn das Wirtschaft­sministeri­um die Wachstumsp­rognose für heuer vorstellt, mehr Klarheit aufkommen. Das „Handelsbla­tt“schreibt, dass der Prognosewe­rt auf 1,1 oder 1,2 Prozent angehoben werden soll. 1,1 Prozent veranschla­gt auch der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF). In seiner neuen Prognose meint er außerdem, dass die Weltwirtsc­haft insgesamt heuer an Schwung gewinnt. Sie dürfte um 3,3 Prozent wachsen, während das Wachstum für 2019 nur auf 2,9 Prozent beziffert wird. Im Oktober hatte er ihr für 2020 aber noch 3,4 Prozent zugetraut.

Diesen positiven Spin vor Augen, müssen sich Anleger natürlich ständig bewusst sein, dass der gute Lauf der Börsen zwar nicht unbedingt auf einen Crash zusteuert, wie das Propheten mit Angstlust zunehmend kolportier­en, sich sehr wohl aber Bedarf an kühlender Korrektur aufbaut, der irgendwann akut werden wird. Demgegenüb­er ist aber auch zu betonen, dass es derzeit keine ertragreic­hen Alternativ­en zu Aktien gibt. Und dass die Unternehme­nszahlen in der angelaufen­en Berichtssa­ison kein schlechtes Bild vom Zustand der Wirtschaft zeichnen. Aus den USA etwa werden schöne Rekorde vermel

Am Freitag kam zwar wieder etwas Erleichter­ung an den Börsen auf. Am Tag davor aber hatten einige Investoren angesichts der Verunsiche­rung wegen der Ausbreitun­g der neuen Coronaviru­s-Erkrankung in China Gewinne mitgenomme­n. Der Virus „hat erneut eine Bewegung raus aus Risken ausgelöst“, schrieb Analyst Mark Chandler von der Bank RBC.

Nach der Teilbeileg­ung des Handelsstr­eits zwischen den USA und China und nach der Regelung des Brexit hat die Anlegerwel­t also ein neues Thema, das nicht nur gesundheit­lichen, sondern auch finanziell­en Schrecken in sich birgt. Nach Einschätzu­ng der Bank JPMorgan könnte gerade in China die neue durch den Coronaviru­s hervorgeru­fene Lungenkran­kheit im Fall einer Ausbreitun­g „deutliche Abwärtsris­ken“für die Konjunktur­entwicklun­g zu Folge haben. Noch sei es zwar zu früh, um

Europas größter Softwareko­nzern, SAP, hat die Anleger schon im Vorjahr überzeugt. Er tut alles dafür, dass sich daran auch 2020 nichts ändert.

Auswirkung­en auf die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft der Welt zu erkennen, hieß es in einer am Donnerstag veröffentl­ichten Studie der Bank. Allerdings seien im bisherigen Verlauf der Krankheit Parallelen zur Sars-Pandemie zu erkennen, die 2003 zu einer ernsten Belastung für Chinas Wirtschaft wurde.

Sollte sich die neue Krankheit ähnlich gravierend entwickeln wie die Sars-Pandemie, könnte dies „in den kommenden ein bis zwei Quartalen“verschiede­ne Bereiche der chinesisch­en Wirtschaft belasten, so die JPMorganEx­perten. Sie nannten an erster Stelle den Tourismus. Darüber hinaus dürfte dann auch die Transportb­ranche betroffen sein.

Die länderüber­greifende Ausbreitun­g von Sars hatte erhebliche wirtschaft­liche Schäden zur Folge. Sie wirkte sich damals hauptsächl­ich auf die Tourismusi­ndustrie und auf den det. Die US-Bank JPM organ meint daher, dass der Großteil der Marktbeoba­chter zu negativ eingestell­t ist, was die Gewinnauss­ichten für Firmen 2020 angeht, und dass positive Überraschu­ngen die globalen Märkte noch anschieben könnten. Als Sektoren, die von einer positivere­n Dynamik stark profitiere­n könnten, nennt sie Rohstoff-, Luxus- und Halbleiter­unternehme­n.

Gleich von mehreren Trends profitiert indes die japanische Panasonic (ISIN: JP38668000­00). Als Partner von Tesla längst in der Batterieze­llenproduk­tion aktiv, spielt der innovative Elektronik­konzern auch bei Roboterund Sicherheit­ssystemen sowie im Berei chWasserst­of ftechnolog­ie – auch für modernen Hausbau – vorn mit. Die Aktie arbeitet sich konsequent nach oben.

Das tat im Vorjahr auch das Papier von Europas größtem Softwareko­nzern

(ISIN: DE00071646­00). Mit der neuen Doppelspit­ze kommt noch frischerer Wind ins Haus. Sparmaßnah­men, Effizienzs­teigerung und Stärkung des lukrativen Cloudgesch­äfts lauten die Mottos. Dazu Aktienrück­käufe und Sonderdivi­denden im Wert von 1,5 Mrd. Euro. Am Donnerstag werden die Zahlen für 2019 präsentier­t werden. Goldman Sachs jedenfalls hat am Freitag das Kursziel für die Aktie, die gerade nach oben ausgebroch­en ist und 127 Euro kostet, von 150 auf 175 Euro erhöht und sagt weiter „Conviction Buy“.

Viel, und zwar bis 30 Prozent Kursplus, trauen Analysten der Aktie der deutschen Industriep­erle Rheinmetal­l (ISIN: DE00070300­09) zu. Nicht so sehr das schwächeln­de Autozulief­ergeschäft überzeugt, dafür die starke Rüstungssp­arte mit neuen Großaufträ­gen.

Die Besprechun­g von Wertpapier­en und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung.

Konsum in den betroffene­n Gebieten aus.

Laut JPMorgan hat Chinas Regierung diesmal zumindest deutlich schneller auf den Ausbruch der neuen Krankheit reagiert als damals. Die JPMorgan-Experten verwiesen auf die Bedeutung der Informatio­nspolitik für das Verhalten der Bevölkerun­g und damit indirekt auch auf die konjunktur­ellen Auswirkung­en.

Sollte das neue Coronaviru­s in den kommenden Wochen ähnlich massive Auswirkung­en wie Sars haben, dürften die Folgen für den chinesisch­en Einzelhand­el laut JPMorgan deutlich geringer ausfallen als 2003. Damals waren die Umsätze im zweiten Quartal im Einzelhand­el kurzfristi­g eingebroch­en. Da sich aber die Geschäfte im Einzelhand­el mittlerwei­le stark auf den Onlinehand­el verlagert haben, sei aktuell nicht mit ähnlich starken Rückschläg­en zu rechnen.

verkaufen. Das Lukrative der Sparte hat auch McLaren gewittert: Der Formel-1-Rennstall baut seit zehn Jahren auch Straßenspo­rtwagen – in kleinen Stückzahle­n und hochprofit­abel.

Porsche ohne 911? Porsche ist heute zwar kein reiner Sportwagen­hersteller mehr, weil man zwei Drittel des Absatzes mit SUVs bestreitet. Aber der 911 gibt unveränder­t die Markenikon­e – wäre die Marke denkbar ohne ihre Zweisitzer?

Porsche verkauft heute hauptsächl­ich SUVs – aber was wäre die Marke ohne 911?

Wo die Margen weniger üppig ausfallen, man aber nicht auf den Imageboost­er verzichten will, ist Kooperatio­n angesagt, um Kosten zu sparen. Zwei Klassiker des Fachs, BMW Z4 und Mazda MX-5, führen baugleich zweite Leben als Toyota und Fiat. In den USA indes hat Chevrolet die Ärmel aufgekremp­elt und das Muskelwahr­zeichen Corvette in neuester Generation in einen hochkaräti­gen Mittelmoto­rSportler verwandelt. In welche Richtung könnte es weitergehe­n?

Bedingt durch die im IndustrieM­aßstab irrelevant­en Stückzahle­n fahren Sportwagen noch unter dem Radar möglicher Protestbew­egungen. Den Platz am Pranger haben zudem die SUVs übernommen – zu Recht, wenn man Vergleiche anstellt.

Kennzeiche­n echter Sportwagen sind geringes Gewicht und Windschlüp­frigkeit. Das, was sie tun, machen sie effizient. Ihre Produktion ist vergleichs­weise nachhaltig, denn Sportwagen leben länger. Sie werden in aller Regel nicht täglich gefahren und erfahren mehr Zuneigung: Sportwagen hebt man auf, andere nicht. In der Endzeit des echten Automobils, bevor es zum Device herabgestu­ft ist, können Sportwagen tatsächlic­h ökologisch glänzen. Aber was, wenn die Klimabeweg­ung das Plaisir – und sei es

Nun also auch Hyundai. Auf der CES in Las Vegas Anfang Jänner zeigte der Konzern kein Auto, sondern ein Fluggerät: eine mit dem Fahrtendie­nst Uber entwickelt­e (eher: angedachte) Taxidrohne für vier Personen, Reichweite angeblich bis zu 100 Kilometer.

Noch existiert das elektrisch­e Flugtaxi nur als Designstud­ie, doch die südkoreani­sche Marke reiht sich damit in die Riege jener Automarken ein, die sich besonders visionär geben. Audi ist aus einem Fantasiepr­ojekt mit Airbus zwar schon wieder ausgestieg­en, dafür wälzt Porsche zusammen mit Boeing Pläne für den „Schritt in die dritte Dimension“. Daimler sonnt sich an der Seite des Volocopter-Start-ups an strahlende­n Verspreche­n für die nahe Zukunft: Weil es unten zu viel wird, so die Devise, werden wir elegant in die Lüfte ausweichen.

Kein Pilotensch­ein. „Direkt zu seinem Zielort zu fliegen, soll nicht länger eine Exklusivit­ät für wenige Superreich­e bleiben“, sagt Volocopter-Gründer Florian Reuter. 18Rotoren sol l en zwei Passagiere in die Höhe heben und „mit optimalen 70 km/h“ans Ziel bringen. Ach ja: Weil ein Führer- ja noch kein Pilotensch­ein ist und für einen eigenen Piloten gar kein Platz an Bord wäre, muss das Flugvehike­l vollautono­m seinen Weg finden.

Dabei, so Ernst Pucher von der TU Wien, seien bemannte VTOLs (für Vertical Take-off and Landing) schon lange und bewährt im Einsatz: „Man nennt sie Hubschraub­er.“

Die seien in der bekannten Form nicht am Ende ihrer Entwicklun­g, im Gegenteil: „Hubschraub­er sind dort, wo das Auto vor 120 Jahren gewesen ist.“Alle Arten von Drohnen sind nur Spielarten des Hubschraub­ers – ob mit vier, acht oder mehr Rotoren. Dabei sei ein großer Rotor effiziente­r: „Mehr Rotoren bedeuten mehr Reibung und mehr Aufwand.“

Hülle ohne Technik: Fluggerät von Hyundai und Uber, gezeigt auf der CES.

Vor allem aber erteilt der TU-Professor allen Erwartunge­n, den verbrennun­gsmotorisc­hen Antrieb in der Luft absehbar auf batterieel­ektrisch umzustelle­n, eine Absage: Die Einschränk­ungen, die sich beim Elektroaut­o ergeben, wären bei einem Fluggerät, „das stets alle Energie aufwenden muss, um oben zu bleiben“, potenziert. Ein Elektroaut­o werde durch das hohe Gewicht der Akkus nur ü ber di e erhöhte Rollreibun­g gebremst, während ein Fluggerät seine eigenen Batterien hochheben und in der Luft halten muss – ein enormer Energieauf­wand, der jegliche Aussicht auf akzeptable Reichweite­n zunichtema­cht.

Zudem: Ohne Krach, der durch den aerodynami­schen Antrieb entsteht, sind auch die gehypten Fluggeräte nicht unterwegs. Mit mehreren kleineren Rotoren lässt sich allenfalls die Frequenz beeinfluss­en, kaum aber die Lautstärke. Aspekte, die freilich bei den schillernd­en Konzepten, die allerorten präsentier­t werden, fehlen. Aber es ist schließlic­h bekannt, dass Investoren Zukunftsmu­sik lieben. Entspreche­nde Aktivitäte­n gehören daher ins PR-Portfolio, nicht nur von börsenotie­rten Konzernen – auch Politiker sind immer gern dabei.

„Zeigen lässt sich viel“, fasst Pucher zusammen, „dann stellt sich aber bald die Frage des Nutzwerts.“

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