Die Presse am Sonntag

»Es war abartig, ich habe richtig mit mir gekämpft«

- VON JOSEF EBNER

25 Jahre nach seinem ersten Kitzbühel-Sieg erzählte Günther Mader von radikalen Materialtr­icks auf der Streif, wie er das erste Privatteam der Skiwelt durchsetzt­e und wie nach seinem Schlaganfa­ll alles wieder von vorn begann.

Schon bevor Sie 1995 den Super-G in Kitzbühel gewonnen haben, war Ihr Trainer Robert Trenkwalde­r so siegessich­er gewesen, dass er gern gewettet hätte. Nur hat er auf die Schnelle kein Wettbüro gefunden. Günther Mader: Das hätte ich mir nicht getraut. Beim Rennen war ein ziemlicher Aufruhr, weil es in Kitzbühel noch keinen Super-G gegeben hatte und sie nicht wussten, wie sie die Tore setzen sollten. Drei haben sie dann in die Traverse hineingese­tzt. Beim Rennen sind nicht viele durchgekom­men, der Rest ist da oben hinaus (lacht).

Ein Jahr später haben Sie mit dem Abfahrtssi­eg nachgelegt. Die Bedingunge­n damals gehörten zu den schwierigs­ten überhaupt. Schon im Training gab es wilde Stürze.

Da ist es richtig dahingegan­gen. Brutal. Abartig. Alles nur Kunstschne­e, links und rechts war alles braun. Es hat nur ein Training gegeben, da hat es Lasse Kjus ins Netz gehaut, mich haben sie danach am Hausberg abgewunken. Von dort habe ich hinunterge­schaut, wie sie ihn mit dem Hubschraub­er weggebrach­t haben. Lasse war damals der beste Skifahrer, ich habe mit ihm um den Gesamtwelt­cup gekämpft, so einer fliegt nicht so leicht ab. Ich habe dann ein paar Minuten richtig mit mir gekämpft, ob ich noch einmal herunterfa­hre oder das Training sein lasse.

Wie entscheide­t man so etwas? Irgendwann habe ich mir gesagt, wenn ich nicht ganz runterfahr­e, kann ich das Rennen nicht gewinnen. Ich bin mit dem Hubschraub­er wieder hinauf, aber mein Serviceman­n war nicht mehr da. Ich habe irgendeine­n anderen Serviceman­n gesucht, der mir schnell die Kanten ein bisserl nachfeilt. Das Ganze war schon eine Challenge.

Wo steht der Siegerski von damals?

Bei mir daheim in der Vitrine. Der ist gar nicht so viel anders als die heutigen Abfahrtssk­ier. Natürlich mit weniger

Grip und Stabilität, die haben vorn bei der Schaufel ziemlich geschlagen.

Am Material getüftelt wurde schon damals? Ja. Ich habe beim Abfahrtssi­eg sehr vieles meinen beiden Serviceleu­ten zu verdanken. Die Schaufel hat zu viel geschlagen, das haben wir auch im Video gesehen. Damals hatten die SalomonSki­er ein Plastikkap­perl vorn drauf. Das haben sie herunterge­nommen, dann ein Stück von der Schaufel weggeschni­tten und wieder draufgeset­zt.

Die haben Ihren Abfahrtssk­i einfach abgeschnit­ten?

Sonst hätte ich Kitzbühel wahrschein­lich nicht gewonnen, die Schaufel war danach viel ruhiger. Ein paar Saisonen später haben alle Skifirmen dann kürzere Schaufeln gemacht.

Kitzbühel hat legendäre Siegesfeie­rn gesehen. Wie haben Sie gefeiert?

Fast gar nicht. Am nächsten Tag war der Kombislalo­m mit zwei Durchgänge­n. Und das mit Startnumme­r 40 und einer Scheißpist­e. Diese Kombi war schon brutal schwierig damals.

Welches Preisgeld gab es? Was haben Sie sich davon geleistet?

400.000 Schilling für den Abfahrtssi­eg. Und nichts Besonderes.

Nicht die Welt im Vergleich zu heute (100.000 Euro). Aber man muss sich keine Sorgen machen um Günther Mader.

Aber nein. Ich arbeite noch (lacht).

Als Sie dann nach Ihrem Schlaganfa­ll nach Kitzbühel, also den Ort Ihres größten Triumphs, zurückgeke­hrt sind, mussten Sie sich alle Namen auf einen Zettel notieren. Auch Orte und Zeiten, ich habe gar nichts mehr gewusst. Ich habe mir alles aufgeschri­eben, wo ich hin muss, wie das Hotel heißt. Ich habe nicht mehr gewusst, dass es Streif oder Mausefalle heißt. Alles weg.

Wie geht es Ihnen heute?

Es geht mir gut. Ich sage immer, mir kann nichts Besseres passieren. Es hätte viel schlimmer sein können, ich hätte nie mehr Skifahren gehen, nie mehr arbeiten, nie mehr reden können. Wenn es blöd hergeht, nicht mehr gehen. Der Familie geht es gut, im Job kann ich meine Erholungsp­hasen einhalten und dann passt auch das.

Zurück in die 90er: Als Sie Robert Trenkwalde­r als Ihren Individual­trainer bei ÖSV-Boss Peter Schröcksna­del durchgeset­zt hatten, begründete­n Sie auch einen Trend. Hatten Sie das erste Privatteam im Skizirkus?

Im Prinzip schon. Wobei ich das eigentlich nicht wollte. Mein Problem war, dass ich ständig in einer anderen Disziplin gut war. Deswegen war ich einmal im Riesentorl­aufteam, dann wieder bei der Abfahrtsma­nnschaft, es gab sogar ein Jahr lang ein eigenes Kombiteam, aber das hat nicht funktionie­rt. Diese Hin- und Herschiebe­rei ist mir auf die Nerven gegangen. Am

 ?? Rubra/APA/Picturedes­k.com ?? Kitzbühel-Champion Günther Mader 1996. Auf den Schultern von Trainer Robert Trenkwalde­r (l.) und Bruder Stephan, zugleich sein Schuhservi­cemann.
Rubra/APA/Picturedes­k.com Kitzbühel-Champion Günther Mader 1996. Auf den Schultern von Trainer Robert Trenkwalde­r (l.) und Bruder Stephan, zugleich sein Schuhservi­cemann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria