Beethovens Heldentaten in Napoleons Krieg
Zum Jubiläumsjahr geben Staatsoper und Theater an der Wien alle drei Versionen des »Fidelio«. Wie der Komponist aus der traurigen Kriegsrealität in einer Kammer in Schikaneders Theater zu weltumspannenden Freiheitsvisionen fand.
Fidelio da, Fidelio dort – nein, hier liegt keine Verwechslung mit dem Figaro vor. Auch Beethovens Operntitelheld(in) präsentiert sich in vielerlei Gestalt – demnächst auch auf der Bühne der Wiener Staatsoper. Die Probenfotos zur Erstaufführung der Urfassung des Werks im Haus am Ring zeigen Leonore alias Fidelio jedenfalls in Person der Sängerin und eines Doubles. Aber das ist vielleicht der Tribut, den ein Opernhaus im 21. Jahrhundert an den Zeitgeist zu entrichten hat . . .
Mehrere „Fidelii“gibt es freilich auch in der Werkgeschichte. Zum einen hat Beethoven bekanntlich drei Fassungen seiner Oper zur Aufführung gebracht. Zum anderen bevölkerten in jenen Jahren unzählige heldenhafte Ehefrauen die Bühnen, um ihre Gatten aus der unverschuldeten Kerkerhaft zu befreien. Und Beethoven kannte einige der Vorgängerinnen seiner TheaterLichtgestalt zumindest flüchtig.
Napoleonischer Pulvergestank. Das Sujet lag damals jedenfalls in der Luft, wie man so schön sagt. Und diese Luft war erfüllt von Pulvergestank. Abgesehen davon durchglüht ja das kämpferisch-siegreiche per aspera ad astra einen nicht unbeträchtlichen Teil des Beethoven’schen Schaffens: Seine Musik streitet für das Gute, Wahre, Schöne. Sie tut es im wahrsten Sinne des Wortes nicht aus heiterem Himmel.
„Wie schwach der Hoffnung Schein“, mochte mancher Einwohner Wiens anno 1805 mit Leonore geseufzt haben. Wien war gerade nicht kaiserliche Haupt- und Residenzstadt, als „Fidelio“zur Uraufführung kam. Die Franzosen hatten Wien eingenommen. Der Kaiser war nach Mähren geflüchtet. Nicht ohne eine Proklamation zu erlassen: „Mag Trunkenheit des Glücks oder unseliger und ungerechter Geist der Rache den Feind beherrschen, ruhig und fest stehe ich im Kreise von 25 Millionen Menschen, die meinem Herzen und meinem Hause teuer sind.“
»Fidelio« erscheint vier Wochen nach Nelsons Sieg und zwei Wochen vor Austerlitz.
Franz II. „stand“freilich bald nicht in Wien, sondern in Kremsier. Und die Wiener Bevölkerung, so sie nicht auch die Möglichkeit gehabt hat, sich aus der Stadt abzusetzen, sollte sich in freiwilligen Jägerkorps und Bürgermilizen sammeln und musste mit ansehen, wie die Schätze aus Bildergalerien und Archiven samt der Staatskasse dem Kaiserhaus nach Norden folgten oder auf der Donau nach Ofen, dem heutigen Budapest, verschifft wurden.
Das Premierendatum des „Fidelio“markiert, durch kaiserlich-militärische Feldstecher betrachtet, die Mitte zwischen Hoffnung und Verderben. Fast auf den Tag genau einen Monat vor der Uraufführung hatte Admiral Nelson Napoleon bei Trafalgar besiegt. Zwei Wochen danach schlug Frankreich bei Austerlitz die Armeen Russlands und Österreichs vernichtend. Napoleon residierte in Schloss Schönbrunn und ratifizierte den in Pressburg geschlossenen Friedensvertrag.
Ein Blick in die Journale der Beethoven-Zeit lässt die Realität jener Wochen lebhaft nachfühlen. Beispielsweise staunte der Rezensent der „Eleganten Welt“, als er bei seinem Besuch
„statt der Wiener Polizeisoldaten jene blauen Röcke, und hohen rauen Mützen“erblickte, und merkt an: „In den Vorstädten schien das Volksgedränge stärker als gewöhnlich . . . alles wogte im bunten Gewimmel . . . Die Hoff