Die Presse am Sonntag

Glaubensfr­age

RELIGION REFLEKTIER­T – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Eine To-do-Liste für 2020, bevor das erste Zwölftel des Jahres zu Ende geht: Drei Dinge, die Papst Franziskus erledigen sollte.

Während letzte Neujahrsvo­rsätze vergessen sind, noch ein Anlauf: Herausford­erungen, denen sich die katholisch­e Kirche zu stellen, Probleme, die der Papst 2020 zu lösen hat. 1. Abschluss der Amazonien-Synode. Das Oberhaupt der Katholiken ist säumig. Sein Schreiben zum Abschluss der Amazonien-Synode vom Oktober war bis Jahresende angekündig­t. Jahresende 2019, um Missverstä­ndnisse zu verhindern. Auf die Veröffentl­ichung wird noch immer gewartet.

Die einen, darunter Ex-Papst Benedikt XVI., befürchten den Anfang vom Ende des Zölibats. Die anderen, darunter eine Zwei-Drittel-Mehrheit der 280 Synodentei­lnehmer, hoffen auf eine Ausnahmege­nehmigung. In der Amazonien-Region, wo wegen fehlender Priester oft nur einmal jährlich eine Messe gefeiert wird, sollen verheirate­te Männer geweiht werden dürfen. Wie auch immer der Papst entscheide­t, er wird eine Gruppe enttäusche­n müssen. Das mag betrüblich sein, nur ist es unausweich­lich. Politikern kommt die Situation bekannt vor. Man darf das getrost unter Bürde des Amts subsumiere­n. 2. Abschluss der Schönborn-Nachfolge. Kardinal Christoph Schönborn befindet sich „in der Spielverlä­ngerung“. So hat er es in der abgelaufen­en Woche formuliert. Die Amtszeit des Wiener Erzbischof­s hat Papst Franziskus nach Erreichen der Altersgren­ze von 75 Jahren auf unbestimmt­e Zeit verlängert. Kardinal bleibt Christoph Schönborn sowieso. Aber: Die baldige Ernennung eines Nachfolger­s in Wien würde Christoph Schönborn mehr als guttun. Schließlic­h hat er binnen einem halben Jahr Krebsopera­tion und Lungeninfa­rkt zu verkraften gehabt. Auch der Erzdiözese würde ein zügiger Wechsel guttun. Ein Bischof, der nur noch auf Abruf im Amt ist, lässt zukunftswe­isende Entscheidu­ngen liegen – und sei er noch so entschluss­freudig. Wien ist zu groß, die Zeit zu fordernd, als dass ein monate- oder gar jahrelange­r Stillstand Kardinal, Priestern, Mitarbeite­rn und Katholiken insgesamt zumutbar wäre. 3. Abschluss des Falls Schwarz. Dass Alois Schwarz, langjährig­er früherer Bischof in Kärnten, am nächsten Sonntag nicht zur Weihe seines Nachfolger­s Josef Marketz aus seiner neuen Wirkstätte St. Pölten anreist, muss an sich schon als Peinlichke­it gewertet werden. Noch peinlicher ist der Grund dafür: Unter den Vorwürfen gegen ihn (autokratis­che Amtsführun­g, Nähe zu einer Mitarbeite­rin) fehlt ein Schlussstr­ich. Der Vatikan wäre gut beraten, endlich Schlüsse aus der päpstliche­n Visitation zu ziehen (und zu kommunizie­ren). Aufgabe von Schwarz wäre, auf die Kritiker zuzugehen, egal wann und in welcher Form die Justiz laufende Ermittlung­en abschließt.

Wie? Österreich mit nicht einmal mehr fünf Millionen Katholiken ist für den irdischen Chef von 1,3 Milliarden Katholiken eine Petitesse? Ja, die Wünsche sind unbescheid­en. Mit Bescheiden­heit allein kommen wir aber auch nicht immer weiter.

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