Bergsommer im Corona-Jahr.
Dieses Jahr suchen viele einsame Weiten, den allseits gebotenen Abstand – und finden in den Alpen so viele Menschen wie selten zuvor. Ambitionierte Sportler treffen verhinderte Strandurlauber, Almwirte freuen sich über eine trotz allem gute Saison, aber die Massen sorgen auch für Bedenken. Über einen
Im Zillertal ist derzeit „brutal viel“los. „Bei uns am Berg genauso wie im Tal, es ist voll viel“, sagt Hüttenwirtin Daniela Hotter, die mit ihrem Mann Franz das Tuxerjochhaus betreibt. Und dort ist diese Saison, wie überall, mit großer Unsicherheit gestartet. „Wir wussten überhaupt nicht, wie es weitergeht, ob wir aufsperren können, ob etwas los sein wird, wie viele Leute wir anstellen sollen.“
Letztlich hat sich nach dem Wiedereröffnen des Hauses auf 2313 Metern rasch gezeigt: Ein Ausfall der Saison, der findet vielleicht anderswo statt. In den Bergen ist der Andrang heuer hoch. Schließlich boomt Bergsport seit Jahren, auch Hotter erzählt von vermehrt jungen Leuten, die kommen. Von ambitionierten Sportlern oder von Weitwanderern, die auf der Transalp-Route München–Venedig das Tuxerjochhaus passieren. Aber nicht nur dort, quer durch die Alpen wurde alles, das sich in den Bergen abspielt, Funsport, Klettern bis Einsiedelei, zu einem Trend, der nun neue Höhen erreicht. Sind die Möglichkeiten, heuer anderweitig zu verreisen, doch limitiert.
Aber auch in den Bergen steht heuer alles im Zeichen der Pandemie. Und so ist es auch im Tuxerjochhaus, das, seit es vor 110 Jahren erbaut wurde, von Familie Hotter betrieben wird, ein Bergsommer, wie es ihn noch nie gab. „Wir sind heuer nur zu viert, haben zwei Angestellte weniger, wir wussten ja nicht, was kommt“, erzählt die Wirtin. Neben vielen Tagesgästen brachte Corona neue Regeln: In den Lagern wird Abstand gehalten, teils gibt es Trennwände, Bettzeug ist mitzubringen. Zuvor konnten in der Hütte 40 Gäste nächtigen, heuer nur 20 – und sie müssen nun reservieren. Überfüllte Hütten gibt es nicht mehr.
„Die Leute sind damit superzufrieden. An den Abenden ist es jetzt ruhiger, aber am Tag ist sehr viel los. Es sind viele junge Leute, die sonst vielleicht weggeflogen wären“, sagt Hotter.
Wie viele Menschen in den Bergen unterwegs sind, das zählt niemand. Aber die Tendenz ist unumstritten, in beliebten Ausflugsgegenden, rund um die Salzkammergutseen etwa, ist der Andrang heuer teils so stark, dass nach Anrainerprotesten schon über Sperren und Zufahrtskontrollen diskutiert wird.
Für Bergsport in Coronazeiten empfehlen die alpinen Vereine:
1. Nur gesund in die Berge.
2. Einen Meter Abstand halten. 3. Bergsport eher in Kleingruppen. 4. Rituale wie Umarmen unterlassen. 5. Hygieneregeln beachten.
6. Erste Hilfe als Ersthelfer wie immer, aber Mund-Nasen-Schutz verwenden. 7. Im Auto max. 2 Personen pro Reihe. 8. Hüttenregeln beachten: Mund-NasenSchutz mitführen, ebenso eigenen Schlafsack und Kissenbezug, Decken liegen diesen Sommer nicht bereit.
„Corona hat zu einem eindeutigen Trend geführt, mehr Urlaub in Österreich, mehr Urlaub auf Bergen und in Hütten“, sagt Andreas Ermacora, der Präsident des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV). Schließlich habe man im Freien, in der Weite der Berge weniger Ansteckungsgefahren zu fürchten, so berichtet er auch von vielen Erstbesuchern der heimischen Berge.
Die Nächtigungskapazitäten der ÖAV-Hütten seien heuer um 20 bis 30 Prozent geringer, der Aufwand aber ist höher: Die alpinen Vereine haben Regeln für die Coronazeit festgelegt, auch sollten Hüttenwirte einen Quarantäneraum vorhalten. „Wir hoffen, dass mit diesen Maßnahmen alles gut geht“, sagt Ermacora. Bisher sei kein Coronafall in Hütten bekannt. Wie sich der Aufwand finanziell angesichts geringerer Kapazitäten (bei gleichen Preisen) ausgehen wird? Das, so Ermacora, werde man am Jahresende sehen. Was helfe, sei das gute Tagesgeschäft, berichtet Daniela Hotter aus dem Zillertal.
In Hütten ist weniger Platz für Nächtigungsgäste, aber das Tagesgeschäft ist stark wie nie.
Abgeschiedenheit, Abstand zu Fremden – auf der Alm ist das die natürliche Lebensform.
Und einige Berge und Täler weiter östlich, auf einer ganz anderen Art von Alm, ist das Bild ein ähnliches. „Bei uns ist sehr viel los, wie in der ganzen Region“, berichtet Patrick Endl von der Gjaid Alm am Dachsteinplateau im südlichen Oberösterreich. Er, Ingenieur, Pädagoge und Wanderführer, betreibt dort mit seiner Familie auf 1738 Metern eine nach Eigendefinition „etwas andere Alm“. Auf die kommen Wanderer von der Bergstation der Krippenstein-Seilbahn aus, oder jene, die aus Hallstatt aufsteigen. Aber besonders bekannt ist die Alm für Veranstaltungen und Seminare, Yoga, Meditieren, Berghochzeiten, Jodelseminare und Ähnliches werden dort abgehalten.
Eigene Almhütte? Oft ausgebucht. Und die Nachfrage ist heuer riesig. Auch hier werden nun weniger Nächtigungsgäste untergebracht, aber „im Schnitt ist die Auslastung gestiegen“, sagt Endl. Auch das Tagesgeschäft laufe sehr gut, die Nachfrage nach den Seminaren sei ebenso hoch, auch wenn einiges, das zuvor das Hüttenleben ausgemacht habe, wegfällt. „Was vorher besonders schön war, Zusammensitzen mit Fremden, dass Freundschaften entstehen, das ist heuer schwierig. Wir passen
Für den Umgang mit Weidevieh gilt: 1. Abstand halten, nicht füttern.
2. Ruhig bleiben, Vieh nicht schrecken. 3. Begegnungen zwischen Hunden und Mutterkühen vermeiden.
4. Hunde unter Kontrolle halten, bei Angriff durch Vieh sofort ableinen. 5. Wanderwege nicht verlassen. 6. Steht eine Kuh im Weg: In großem Bogen umgehen.
7. Wenn eine Kuh näherkommt: Ruhig ausweichen, nicht Rücken zuwenden. 8. Bei Unruhe: Weidefläche verlassen. 9. Zäune beachten, Tore schließen. sehr auf und müssen darauf pochen, dass Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden“, erzählt Endl aus seinem Betrieb, in dem das bedeutet, dass am Frühstücksbuffet für Gäste Maskenpflicht gilt, für Mitarbeiter sowieso.
Lange Bergnächte, schnapsselige Hüttenabende, die gibt es heuer nicht, die sollte es nicht geben. Und so steigt die Nachfrage nach Quartieren, in denen man Fremde erst gar nicht trifft.
Im Sommer des Corona-Jahres suchen Menschen Ruhe, sie suchen Abgeschiedenheit – und so erfährt die Destination Almhütte einen Boom. Viele Quartiere waren heuer früh für den Sommer komplett ausgebucht.
Das bestätigt Edith Sabath-Kerschbaumer von „Urlaub am Bauernhof“: Über die Plattform werden 400 Hütten, von simplen Hütten, Sennerhäusern bis luxuriösen Charlets, angeboten – und die sind gut gebucht wie nie. „Wir haben heuer ein Plus von rund 25 Prozent bei den Online-Buchungsumsätzen“, sagt Sabath-Kerschbaumer. Warum, das liegt auf der Hand. Abstand, Einsamkeit, Kontakt zu anderen als den Nahestehendsten meiden: Was man diesen Frühling notgedrungenerweise akzeptieren musste, das ist auf einer eigenen Alm natürliche Lebensform.
Frühere Annehmlichkeiten wie Hotelbuffets, Wellnesszonen, Ausgehmöglichkeiten haben viel von ihrem Reiz ohnehin eingebüßt, und vielleicht ist die einsame Alm, abgeschottet vom Geschehen, der einzige Ort, an dem sich das bestimmende Thema dieses Jahres überhaupt vergessen lässt – wiewohl freilich in Hütten Corona-Aushänge, Desinfektionsmittel und dergleichen nicht fehlen und Anbieter in Webinaren in Sachen Hygiene und Infektionsprävention geschult wurden.
Aber oft ist das Virus am Berg doch weit weg, sagt Sabath-Kerschbaumer, die das diesjährige Motto „Almen statt Palmen“zitiert. Dem folgen viele. Schon im Frühjahr waren die Buchungen stark, auch wenn Gäste aus dem Ausland (Deutsche machen mit 45 Prozent auch bei Selbstversorger-Hütten den größten Anteil aus, gefolgt von Österreichern und Niederländern) zunächst zurückhaltend waren. Der Anteil der Österreicher ist heuer gestiegen, mittlerweile gibt es bei vielen Hütten Wartelisten, täglich kommen Anfragen, ob sich doch noch wo eine Hütte finden ließe, sagt Sabath-Kerschbaumer. Die finde man noch, aber mittlerweile sind Hütten auch im Herbst gut gebucht, und für den Winter ist man, sollte es ein Quartier in Pistennähe und zur Ferienzeit sein, meist viel zu spät dran.
Schließlich stieg die Beliebtheit des Hüttenurlaubs schon vor Corona. Hütten gibt es heute in allen Ausstattungsund Luxuskategorien. Wobei das Bild „je reicher, desto mehr Luxus“nicht stimme, sagt Sabath-Kerschbaumer und erzählt von Managern, die gern die einfachsten Hütten ohne Strom und mit Plumpsklo wählen, von Städ