DANIELA HOTTER
tern, die Orte suchen, an denen sie ihren Kindern „Archaisches“erleben lassen können: Feuer machen, am Holzofen kochen. Seit „Urlaub am Bauernhof“Hütten anbietet, seit 25 Jahren, sind Nachfrage und Angebot stetig gewachsen. Auch werden die Hütten mehr, verfallene Sennerhäuser werden wieder instand gesetzt, alte Hütten für Urlauber hergerichtet und die immer gleichen Chaletdörfer kennt man nun aus vielen Ferienregionen.
Steigender Nutzungsdruck. Die Menschen am Berg werden mehr, der Nutzungsdruck steigt – damit werden auch Konflikte mehr. Für Schlagzeilen gesorgt haben vor allem Probleme auf Almen. Schließlich sind an neuralgischen Stellen auf Almen mit Weidevieh mitunter schon so viele Menschen unterwegs, dass es nicht einmal ein Zusammentreffen von Hund und Mutterkühen braucht, damit es zu Problemen kommt. Aber auch Hunde in den Bergen werden mehr, wie die Anfragen nach Quartieren für Urlaub mit Hund.
Voriges Jahr wurden, um diese Probleme zu lösen, Verhaltensregeln für Almen (siehe Infobox) formuliert, die nun vielfach aushängen. Kürzlich wurde nach einem Almengipfel eine Informationsoffensive angekündigt, um Almbesuchern richtiges Verhalten näherzubringen. Grundsätzlich aber wurde hier für Almbetreiber voriges Jahr Rechtssicherheit geschaffen: Als Reaktion auf das Tiroler „Kuh-Urteil“, also auf jenen Fall, in dem eine 45-jährige Hundebesitzerin 2014 im Pinnistal zu Tode getrampelt wurde und laut Gericht die Hundehalterin und den Landwirt je eine Teilschuld traf. Das Urteil löste in der Almwirtschaft Irritationen und Debatten um Wegsperren aus. Darauf wurde das Gesetz zur Tierhalterhaftung geändert. Ein Zusatz zielt explizit auf die Alm- und Weidewirtschaft ab und betont die Eigenverantwortung der Almbesucher. Landwirte können schadlos gehalten werden, sofern sie bundesweite Almstandards einhalten.
Alle Probleme gelöst sind damit nicht, zumal neue dazukommen: Ein kurzzeitiger Onlinetrend etwa, bei dem Kuhherden erschreckt und Videos von davonstürmenden Tieren auf Plattformen wie TikTok gepostet wurden. Dann kursieren zum Beispiel auch Bilder von Leuten, die ihre Kinder auf Almkühe setzen. Dabei bräuchte es nicht einmal Derartiges, der alte Konflikt Naturschutz versus Spaß am Berg gewinnt ohnedies an Brisanz.
Schutz versus Spaß. Etwa, wenn es um Mountainbiker geht. Die werden mehr, seit per E-Mountainbike jeder in jede Höhe kommt, steigt der Nutzungsdruck. Wald darf grundsätzlich zwar immer betreten werden, Befahren, motorisiert oder nicht, aber ist verboten. Mountainbiken ist nur mit Erlaubnis des Waldbesitzers oder Wegeerhalters gestattet, das wird nicht immer eingehalten, und auch aus Naturschutzgründen sorgt das motorisierte Vordringen in die Bergwelt für Probleme.
Der deutsche Alpenverein hat aus diesen Gründen festgelegt, dass es in DAV-Hütten keine Ladestationen für E-Bikes mehr gibt. In Österreich denkt man über Ähnliches nach. Aber der Grat zwischen Naturschutz und dem Verständnis für die Freude an Bewegung in der Natur sei schmal, sagt auch Andreas Ermacora. Und auch Hüttenwirte wollen, dass die Biker kommen, sagt er. „Die Tendenz geht zu definierten Mountainbike-Strecken, es spricht nichts dagegen, auf einem Forstweg zur Hütte zu fahren“, sagt Ermacora.
Und wie steht es um die Sicherheit? Nun, da sich viele erstmals in die Berge begeben? „Der Sommer läuft eher unauffällig, bis auf die tragischen Steinschlagunfälle ist es relativ ruhig, es ist nicht dramatisch“, berichtet Stefan Hochstaffl, der Präsident des Österreichischen Bergrettungsdienstes von nicht mehr Einsätzen, auch wenn die Bilanz erst am Saisonende vorliege.
Die Sorge, neue, unbedarfte Gäste würden für mehr Einsätze sorgen, gab es. „Aber das ist seit Jahren so. Es sind immer ein paar dabei, die wegen schlechter Ausrüstung Probleme haben. Aber das hält sich in Grenzen. Es sind heuer nicht extra viele mit Sandalen im Hochgebirge unterwegs.“Herausfordernd sei eher der CovidSchutz, alle Einsätze, auch schwierige Bergungen, sind nach kurzzeitigen Lockerungen nun wieder mit Maske, Handschuhen und Schutzbrille zu absolvieren. Denn die Sorge, die Unsicherheit, jederzeit könnte jemand infiziert sein, ist da. Auch in den Hütten.
„Es ist brutal viel los, das sorgt bei Einheimischen auch für Bedenken. Es gibt die Unsicherheit, was, wenn doch etwas passiert?“, so Wirtin Daniela Hotter. Groß ist die Unsicherheit auch, wenn es um die nächste Saison geht. „Wir wissen überhaupt nicht, wie es im Winter weitergeht. Da sind die Sorgen im ganzen Tal groß. Wir liegen an der Piste, aber wie es mit dem Skilauf weitergeht? Wir können nichts planen. Aber jetzt machen wir den Sommer fertig, was dann kommt, ist offen.“
Hüttenwirtin im Tuxerjochhaus im Tiroler Zillertal
»Es sind nicht heuer extra viele, die mit Sandalen im Hochgebirge unterwegs sind.«
PATRICK ENDL
Betreiber der Gjaid Alm auf der Hochfläche des Dachsteinplateaus