Fantasievoll, frech, frivol, feministisch
Ihre Keramiken sind voller Charme und Charisma, Eleganz und Sinnlichkeit. Vally Wieselthier ist die Lieblingsschülerin von Josef Hoffmann. Mit ihren expressiv-erotischen Frauenfiguren ist »Fräulein Wiesel« ihrer Zeit voraus und sorgt für Furore.
Das Jahr 1925. Reza Pahlavi wird Schah des Iran, Adolf Hitler veröffentlicht „Mein Kampf“, in Österreich wird statt der Krone der Schilling als Währung eingeführt und mit mehr als 10.000 Statisten die Film-Großproduktion „Der Rosenkavalier“gedreht.
In Paris findet auf einem 30 Hektar großen Areal eine außergewöhnliche Ausstellung mit 140 Pavillons statt, durch die das Art De´co seinen Namen bekommt: Eine Art Weltausstellung der dekorativen Kunst, die von über 16 Millionen Menschen besucht wird. „Es ist mehr als Kunst“, heißt es über die Künstler bei der Eröffnung des von Josef Hoffmann entworfenen österreichischen Pavillons, „es ist die Weltanschauung eines genialen Volkes.“
Michael Horowitz
Aufsehenerregend. 220 Aussteller aus Österreich zeigen auf der Pariser „Exposition internationale des Art De´coratifs et Industriels modernes“ihre Werke. Aufsehen erregen die Arbeiten der Wiener Keramikerin, Schmuck- und Stoffdesignerin, Glas- und Textilkünstlerin, Valerie „Vally“Wieselthier. Ihre humoristischen Figuren – darunter einige Objekte, die sie für Augarten Porzellan entworfen hat – begeistern das Publikum und gelten als typische Beispiele des neuen Art-De´co-Stils, als Inbegriff expressiver Keramikkunst.
Jedes einzelne der Vally Wieselthier-Werke besticht durch Charme und Charisma, Eleganz und Sinnlichkeit. Das Rokoko, aber auch der Einfluss des Asiatischen und des Surrealismus, der Bilder von Marc Chagall und Egon Schiele sind mitunter erkennbar.
Valerie, die Tochter eines jüdischen Hof- und Gerichtsadvokaten, besteht bereits als 17-Jährige darauf, „nie heiraten zu müssen“, sie wolle „selbst etwas werden“. Die bürgerliche Gesellschaft, die patriarchale Realität, die Sommerfrische im Salzkammergut oder am Semmering sollen nicht zum Lebensmittelpunkt der frühen Feministin werden.
Zwei Jahre später ertrotzt sie sich nach dem zweijährigen Besuch der Kunstschule für Frauen und Mädchen 1914 voller Verve den Zugang zur Kunstgewerbeschule. Die Eltern, vom Elan und Willen ihrer Tochter beeindruckt, unterstützen Vally in all ihren Wünschen.
Jahrzehnte später stehen Wieselthiers Arbeiten als Synonym für den Aufbruch in die Moderne im Mittelpunkt:
In der Ausstellung des Jüdischen Museums Wien „Die bessere Hälfte – Jüdische Künstlerinnen bis 1938“, über außergewöhnliche Frauen, die durch Vertreibung oder Ermordung teilweise in Vergessenheit geraten sind.
Schamlos? Vallys frivole Entwürfe nennen manche schamlos – ausgschamt ist der Wiener Ausdruck dafür. Wie die Allegorie vom „Praterstrizzi mit Dirne“. Oder wie die „Bacchantin“des Jahres 1920: Eine Frau im Rauschzustand. Die Lider auf Halbmast, die Brauen rasiert, blau unterlaufene Augen, zwei Farbflecken auf den bleichen Wangen. Oder die 18 Jahre später entstandene, vergoldete Terrakotta-Figur „Salome“: Fast lebensgroß lächelt sie einladend-freimütig. Auch die Darstellung der „Variete´tänzerin“mit nackten Brüsten und Fez am Kopf, die mit gespreizten Beinen auf einer bunten Kugel balanciert, ist frivol-lasziv: Einem Sammler erotischer Kunst ist die Figur 2004 bei einer Versteigerung im Dorotheum fast 60.000 Euro wert.
Voller Eigensinn, Fantasie und Ungeduld lässt die Künstlerin schon früh das Kunstgewerbe hinter sich. Brav und bieder Vorhangmuster zu entwerfen, Geschirrtücher zu weben oder Kaffeetassen zu töpfern, reicht ihr nicht. Vally Wieselthier ist die Lieblingsschülerin von Josef Hoffmann und Koloman Moser, bei denen sie von 1914 bis 1920 an der Wiener Kunstgewerbeschule studiert – während sie daneben im Ersten Weltkrieg als Hilfskrankenschwester arbeitet. Ihr Mentor Michael Powolny bildet sie als Keramikerin aus.
Nur selten dreht sie etwas auf der Scheibe, sie formt den Ton gefühlvoll mit den Fingerspitzen. „Jetzt weiß ich, daß Vally Bildhauerin ist“, ruft Josef Hoffmann 1917 – beeindruckt vor einer ihrer Figuren stehend – aus.
Worauf sie wenige Wochen danach in die Keramikabteilung der WW, der Wiener Werkstätte – die von manchen „Wiener Weiberwirtschaft“genannt wird – eintritt, wo sie fünf Jahre tätig ist und später künstlerische Leiterin wird. Sie ist wesentlich für die „Evolution der modernen angewandten Kunst“zwischen Jugendstil und Bauhaus verantwortlich und unterrichtet auch Gudrun Baudisch und Mathilde Flögl.
Es ist die „glücklichste Zeit meines Lebens gewesen“, sagt Wieselthier später
Jedes Werk besticht durch Charme und Charisma, Eleganz und Sinnlichkeit.
Geburt. 25. Mai in Wien.
Erste Keramikarbeiten für die Wiener Werkstätte.
Eigene Werkstätte und Kooperation u. a. mit Augarten Porzellan.
Internationaler Durchbruch als Keramikkünstlerin in Paris.
Amerika wird privater und künstlerischer Lebensmittelpunkt.
Tod. 1. September in New York City.
Schon im 16. Jahrhundert wusste der Mediziner Paracelsus: „Bier ist eine wahrhaft göttliche Medizin.“Tatsächlich wirkt der Hopfen im Lieblingsgetränk der Österreicher antibakteriell und beruhigend. Gegen das Covid-19-Virus hilft das leider nichts. Das hätte den 300 heimischen Brauereien sicher gut gefallen.
Sie spüren die Beschränkungsmaßnahmen gewaltig. 2019 wurden noch insgesamt 8,61 Millionen Hektoliter Bier für den Inlandsmarkt produziert. „Wir rechnen im zweiten Halbjahr mit einem Rückgang um 30 bis 40 Prozent“, sagte Brauereiverbands-Obmann Siegfried Menz zur „Presse am Sonntag“. Im ersten Quartal sei die Produktion um drei Prozent gefallen.
Gerade in der Gastronomie erwartet Menz ein „fettes Minus“, erklärt der ehemalige Brauerei-Chef, der 39 Jahre die Geschicke der Ottakringer Brauerei mitbestimmt hat, bevor er in den Aufsichtsrat wechselte. Große Veranstaltungen, Firmenfeiern, Touristen würden fehlen. Der Anteil der Gastronomie am Verkauf liegt bei den meisten Brauereien zwischen 35 und 50 Prozent. Erst im zweiten, dritten Quartal werde man an das Vorjahr anschließen können, stellt Menz in Ausblick.
Dabei laufe es am Land besser als in der Stadt, erklärt Menz. Viele machen in Österreich Urlaub, daher läuft es in beliebten Urlaubsregionen ganz gut. „Heimische Urlauber schätzen die Gasthauskultur.“Der Handel entwickelt sich recht gut, sagte der Brauer.
Für die Salzburger Stiegl-Brauerei habe sich der Lebensmittelhandel sogar besser entwickelt als der Markt, sagte Stiegl-Geschäftsführer Thomas Gerbl zur „Presse“. „Dieser verzeichnete am Biersektor in Österreich ein Plus von 15 Prozent, Stiegl performte dabei sogar, im Zeitraum von März bis Mai, mit einem beachtlichen Zuwachs von 30 Prozent“, sagte Gerbl. „Generell sind wir heuer sehr gut ins Geschäftsjahr 2020 gestartet. Bis zu jenem Zeitpunkt, wo Covid-19 sämtliche Rahmenbedingungen geändert hat.“
Bierfest wird gefeiert. Nach der Brau Union mit mehr als fünf Millionen Hektolitern standen die Salzburger bei der Jahresproduktion mit 890.000 Hektolitern auf Platz zwei in Österreich. Die Ottakringer Brauerei war vergangenes Jahr mit einer Jahresproduktion von rund 500.000 Hektolitern die Nummer drei. Auf dem Gelände im 16. Bezirk feiert man noch bis zum 4. September das Ottakringer Bierfest mit dem Leitspruch: „Viel Platz, wenig Einschränkungen, trotzdem genießen.“Dennoch, auch der Hersteller des 16’er Blech hat den „wochenlangen Totalausfall“der Gastro, Events und Sportveranstaltungen „schmerzlich“zu spüren bekommen, erzählte der Geschäftsführer, Matthias Ortner, der „Presse“. Auch er sieht im Handel „glücklicherweise eine Belebung des Geschäfts“. „Aufs Jahr gesehen rechnen wir mit einem Umsatzminus von 20 Prozent. Da sind schon die Auswirkungen durch den Wegfall des Tourismus, aber auch von vielen Geschäftsessen mit eingerechnet.“
„Jetzt ist wieder einiges los“, sagt der Chef der Privatbrauerei Trumer, Josef Sigl, zur „Presse“. Die Gastronomie sei ein Grundbedürfnis, erklärt der Brauer in achter Generation. „Menschen wollen unter Menschen sein.“Wie die anderen Brauereien habe das Geschäft mit Flaschenbier aus dem Supermarkt „kräftig“zugelegt. 85 Prozent setzt die Brauerei in Obertrum am See bei Salzburg allerdings in der Gastronomie ab. „Diese Verluste lassen sich heuer nicht mehr aufholen.“Daher rechnet auch der Trumer-Chef mit einem Minus in der Jahresbilanz.
In Deutschland zeichnet die Branche ein apokalyptisches Bild. Im ersten Halbjahr 2020 wurde 6,6 Prozent weniger Bier verkauft als in den Jahren zuvor. Mit 4,3 Mrd. Litern wurde das
Schon Paracelsus wusste: »Bier ist eine wahrhaft göttliche Medizin.«