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INFORMATIONEN FÜR ZEITGENOSSEN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN
afür, dass viele Experten der europäischen Wirtschaft eine schnellere Erholung zutrauen als der US-amerikanischen, gestaltet sich der Aktienmarkt dann doch nicht so ganz nach dieser Prognose. Diese Woche jedenfalls zeigten die US-Indizes ein weiteres Mal keine schlechtere Dynamik als die europäischen. Das deutliche Wochenplus hüben wie drüben ist für eine traditionell schwache Sommerzeit respektabel.
Dass die US-Leitindizes keine Schwäche zeigen, ist angesichts der vielerorts – und gerade in den USA – steigenden Corona-Infektionen und des Streits zwischen Amerika und China ohnehin schwer zu fassen .Aufderpositiven Seite ist freilich zu verbuchen, dass die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten, die über den Markterwartungen lagen, dem Konjunkturoptimismus in den USA Nahrung geben. Wie ja generell nie unterschätzt werden sollte, dass die USA den Europäern in Sachen Optimismusein fach überlegen sind.
Gewiss, man braucht hier in der gegenwärtigen Situation, wie auch USNotenbankchef Jerome Powell mit Verweis auf eine mögliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Erholung betonte, nichts zu beschönigen. Am besten, man umreißt die Situation mit dem Befund der Bank of America: Gerade weil es um die Wirtschaft so schlecht stehe, ist die Bank selbst auf den Aktienmarkt gut zu sprechen. Daher gibt sie dem USLeitindex S&P 500, der bei 3350 Punkten notiert, auch ein Ziel von 3600 Punkten bis Jänner.
Man ist gut beraten, hier genauso vorsichtig zu bleiben wie bei der Bewertung der bisherigen Entwicklung. Denn die heurige Rally e war ja kei ne marktbreite, sondern getragen von Krisengewinnern, zu denen eben auch die großen Techkonzerne wie Apple, Amazon, Microsoft oder Alphabet gehören. Völlig zu Recht wies Ingrid Szeiler, Chefanlagestrategin der Raiffeisen KAG, neulich in der „Presse“darauf hin, dass ohne die kräftige Wertentwicklung dieser Giganten „der S&P 500 seit Jahresbeginn nicht leicht im Plus, sondern mit rund vier Prozent im Minus“läge.
Für die ungewöhnliche Situation am Markt im Hinterkopf zu behalten ist noch ein zweiter Punkt, der leider mehr Volatilität als Stabilität verheißt. Die Anleger denken so kurzfristig wie noch nie, wie ei ne Analyse der Agentur Reuters zeigt. Die durchschnittliche Haltezeit von Aktien, die ohnehin seit Jahrzehnten rückläufig ist, habe coronabedingt ein Rekordtief erreicht. US-Aktien seien im Juni im Schnitt nur noch fünfeinhalb Monate gehalten worden. Ende 2019 seien es noch achteinhalb Monate gewesen. Das bisherige Rekordtief von sechs Monaten sei kurz nach der Finanzkrise von 2008 markiert worden.
Der Technologiekonzern Siemens wird neu strukturiert und gewinnt an strategischer Klarheit. Die Aktionäre goutieren den Prozess. 1999 seien es noch 14 Monate gewesen. In Europa eine ähnliche Tendenz.
Gerade angesichts der aktuellen Nervosität am Markt, die ohnehin zu keiner Eile bei Neuinvestitionen Anlass gibt, pochen wir dennoch auf Langfristigkeit. Und da hat dieser Tage Siemens (ISIN: DE0007236101) mit einem starken Quartal die Analysten durch die Bank überzeugt. Der Tenor: Mit der baldigen Abspaltung von Siemens Energy und dem Getriebehersteller Flender sowie der Anteilsreduzierung an Siemens Healthineers gewinne der Technologiekonzern an strategischer Klarheit. Zu den größten Optimisten gehört Credit Suisse, die das Papier, das 115 Euro kostet, auf „Outperform“mit einem Kursziel von 145 Euro belässt.
Apropos deutsches Flaggschiff: Die tollen Zahlen der Tochter T-Mobile US beflügeln auch die Fantasie gegenüber der Konzernmutter Deutsche Telekom (ISIN: DE0005557508), die am Donnerstag ihre Bücher öffnet. Goldman Sachs hat das Kursziel für die Aktie, die mit 14,8 Euro attraktiv bewertet ist, am Freitag von 16 auf 20 Euro angehoben und die Einstufung auf „Buy“belassen.
Man sollte einer schon guten Entwicklung nicht hinterherlaufen, aber im Fall des deutschen bzw. infolge von Fusionen globalen Industriegase-Herstellers Linde (ISIN: IE00BZ12WP82) sind Experten von dessen robustem Geschäft auch im zweiten Quartal derart angetan, dass es gleich mehrere Hochstufungen gab. Vermehrt kommt auch der Megatrend Wasserstoff ins Spiel, bei dem kein Weg an Linde, dem nach Marktkapitalisierung zweitgrößten DAX-Konzern, vorbeiführt. Langfristig für Anleger vermutlich eine Bank.
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