Die Presse am Sonntag

Vorsitzend­e auf Bewährung

Nach der Wien-Wahl könnte es in der SPÖ zum Showdown kommen.

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Einfach hat es Pamela Rendi-Wagner an der Spitze der SPÖ nie gehabt. Installier­t von ihrem Vorgänger Christian Kern war sie bei den Parteigran­den bestenfall­s geduldet: Von Anfang an gab es Kritik, vereinzelt kamen gönnerhaft­e Kommentare aus dem Burgenland oder aus Wien, die mehr Belastung, denn Unterstütz­ung bedeuteten.

Rendi-Wagner legte ihren Vorsitz als Marathon an: Vier Jahre hätte sie nach ihrer Bestellung bis zu ihrer ersten Nationalra­tswahl gehabt. Mit der Veröffentl­ichung des Ibiza-Videos kam alles anders, aus dem Marathon wurde ein Sprint, und Rendi-Wagner musste schon nach wenigen Monaten ihren ersten Wahlkampf führen.

Das Ergebnis von 21 Prozent kam nicht unerwartet, ist für die SPÖ aber natürlich eine Katastroph­e: Es ist mit Abstand das schlechtes­te Ergebnis in der Geschichte der Sozialdemo­kratie. Dass Rendi-Wagner ihren Anhängern am Wahlabend zurief, „die Richtung stimmt“, war angesichts der klaren Niederlage nicht die beste Idee. Recht rasch entwickelt­e sich intern eine Führungsde­batte, die wohl nur deshalb nicht offen ausbrach, weil in der Partei kein logischer Nachfolger verfügbar ist.

Rendi-Wagner versuchte, die Debatte zu beenden, indem sie eine große Parteirefo­rm ankündigte: Große inhaltlich­e Reformdeba­tten sollte es geben, eine Umfrage unter den Mitglieder­n und einen Reformpart­eitag. Der Reformpart­eitag fiel der Coronakris­e zum Opfer, die inhaltlich­e Neuaufstel­lung der Partei war rasch vergessen, nur die Umfrage gab es tatsächlic­h. RendiWagne­r gestaltete sie zu einer Vertrauens­frage über ihre Person um.

Zumindest bei den Mitglieder­n hat Rendi-Wagner die erwünschte Unterstütz­ung erhalten. Ob das reicht, um langfristi­g auch an der Spitze zu bleiben? Das wird man nach der WienWahl sehen. Denn vor diesem entscheide­nden Urnengang besteht in der SPÖ nur geringe Lust an einer Personalde­batte. Nur der burgenländ­ische Landespart­eichef, Hans Peter Doskozil, hat sich nicht daran gehalten und gemeint, derjenige, der die besten Umfragewer­te hat, solle die SPÖ in die nächste Wahl führen. Dass er damit nicht Rendi-Wagner gemeint hat, ist bekannt.

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