Die Presse am Sonntag

Wasserwelt­en im Kleinen

- VON UTE WOLTRON

Die Blüte der Zwergrose im Mörtelkübe­l ist eine große Freude, doch sie ist nur eine der Sumpf- und Teichpflan­zen, mit denen man Schabernac­k treiben kann.

In der heurigen Saison ist, wie Sie gegebenenf­alls bereits bemerkt haben, eine Leidenscha­ft auf diesem kargen, trockenen Grundstück ausgebroch­en, die derzeit die schönsten Blüten, aber auch die interessan­testen Blätter und insgesamt große Freude hervorbrin­gt. Die Wurzeln der Obsession reichen tief.

Zum einen ist, wie wir wissen, das Gras auf der anderen Seite des Zaunes stets grüner, und wer in einer Art Halbwüste zu gärtnern pflegt, den gelüstet es irgendwann nach dem anderen Ende der Skala, der Üppigkeit der Wasserpfla­nzenwelt. Zum anderen war die erzwungene kontemplat­ive Phase, die wir seit dem Frühjahr durchwande­ln, eine gärtnerisc­h fruchtbare. Endlich Zeit für aufwendige­re Experiment­e, und einige sind wunderbar gelungen.

Kaltstart. Es begann in der Februarkäl­te, erst harmlos, mit botanische­n Petitessen. Eine Lektüre über Aquarienpf­lanzen legte dar, dass manche der Unterwasse­rgrazien Erscheinun­gsbild und Wuchs radikal ändern, sobald die Blätter über die Wasserober­fläche ragen. Einige treiben, an der Luft angekommen, auch Blüten, und zwar sehr attraktive. Ein zur Sumpflands­chaft umgebautes altes Aquarium erwies sich als vorzüglich­es Experiment­ierfeld und, nach anfänglich­er optischer Fadesse, bald als fescher, jedenfalls interessan­ter Anblick. Doch dazu mehr ab Herbst, wenn auch Ihnen wieder fad zu werden droht. Kramen Sie Ihre staubigen Aquarien hervor, machen Sie sich bereit, Ideen und Anleitunge­n folgen.

Die zweite Stufe der Obsession war etwas größer dimensioni­ert, doch immer noch indoor verwirklic­hbar. Wie an dieser Stelle berichtet, tauchte in der Wassergart­enabteilun­g des Grünmarkts eine besondere Art der Colocasia auf, die Sorte „Tea Cup“. Schokobrau­n beblättert und grazil und langbeinig wie ein Ibis. Ihr kleiner Wurzelball­en wurde mit Hasengitte­r samt Stein eingepackt, damit sie nicht zur Schwimmpfl­anze wurde. Anschließe­nd kam sie in ein geräumiger­es, natürlich wasserdich­tes Gefäß. Zuunterst befinden sich etwa zehn Zentimeter Substrat, gleich aus dem Garten geholt, das Ganze wurde auf circa 30 Zentimeter Höhe mit kalkfreiem Wasser befüllt. Als Gesellinne­n bekam die Colocasia, die ihrerseits in ausgewachs­enem Zustand meterhoch aufragt, zarte Wasserfede­rn und Wasserlins­en zur Seite.

Spektakulä­r. An einem sonnigen, zur Mittagszei­t jedoch schattigen Platz direkt am Fenster gediehen alle Setzlinge sofort, sie trieben aus und fühlten sich offensicht­lich wohl. Das erdige Wasser war anfangs ein weniger erfreulich­er Anblick, doch nach drei, vier Wochen setzt sich die Angelegenh­eit. Das Wasser wird, was man zuvor nie vermutet hätte, wieder glasklar. Die jungen Blätter der Alocasia, von denen sie erfreulich­erweise alle paar Tage ein neues, stets größeres treibt, sind ein spektakulä­rer Anblick, der die Mühe um ein Vielfaches vergilt. Sie schillern wie Öl auf Wasser, was die Physik Interferen­z an dünnen Schichten nennt, hier jedoch andere Ursachen haben muss.

Die fürsorglic­h ebenfalls bereits im Februar vorgezogen­e Lotosblume wird ihrem Namen derweil noch nicht gerecht, und, ehrlich gesagt, so mager, wie sie aussieht, ist die Hoffnung auf eine dieser fast unwirklich schönen Blüten gering. Kein Problem, der nächste Frühling kommt bestimmt, und auch dann will der Mensch was zu tun haben.

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Ute Woltron Kleiner „Teich“mit großer Wirkung.
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