Der Unternehmer, der in der Krise zugriff
Im Frühling, als die Wirtschaft darniederlag, lieferte Josef Donhauser einen Coup: Er übernahm das Österreich-Geschäft der insolventen Restaurantkette Vapiano. Eine Firma am Ende, mitten in der Krise. Was verspricht er sich davon?
Die Wartezeiten bei Vapiano seien nur »gefühlt« länger als in Restaurants mit Bedienung.
Josef Donhauser ist nicht der Typ für Masterpläne. Und auch keiner, der sich von der Angst leiten lässt. „Aus dem Tun entstehen Dinge, die ich gar nicht gesucht habe“, formulierte es der Unternehmer einmal im Gespräch mit dieser Zeitung. Diese Lebensphilosophie hat er erst unlängst wieder unter Beweis gestellt. Im Mai, als die Wirtschaft als Folge des coronabedingten Shutdowns darniederlag und viele Unternehmen nur mit Staatshilfen weitermachen konnten, überraschte Donhauser mit einem Coup: Er übernahm das Österreich-Geschäft der insolventen deutschen Restaurantkette Vapiano. Ein Unternehmen am Ende, mitten in der Krise – das ist eher kein Unterfangen für sensible Gemüter.
Es ist Montag, elf Uhr dreißig, Donhauser meldet sich aus der Vapiano-Filiale in Wien Mitte. „Eines unserer stärksten Restaurants“, sagt der Unternehmer. Die Filiale hat soeben aufgemacht, die ersten Gäste trudeln ein. Noch sei es „überschaubar“. Überschaubar ist das Geschäft derzeit generell. Nach einem guten Sommer seien die Gästezahlen seit Mitte September wieder rückläufig. „Leider verlieren wir jetzt wieder an Umsatz und Terrain. Aber wir hoffen, dass wir einen Boden erreicht haben und im Frühjahr zur alten Stärke zurückfinden.“Wenn er von der „alten Stärke“spricht, wird klar, warum Donhauser die beliebte und dennoch in die Pleite gerutschte Restaurantkette Vapiano übernommen hat. An das Konzept hat er immer geglaubt, auch im Juni, als Vapiano längst insolvent war. Damals erklärte er, Vapiano sei in Österreich nicht am Konzept gescheitert, sondern an langen Wartezeiten und zu hohen Kosten in der Verwaltung. „Stimmt nicht ganz“, sagt Donhauser heute. Die langen Wartezeiten gehören nach wie vor zum Konzept. Sie seien aber nur „gefühlt“länger als in einem Restaurant mit Bedienung am Tisch. „Dort warte ich wesentlich länger, aber es kommt mir nicht so lange vor, weil ich bereits am Tisch sitze und bei einem Getränk mit meinem Vis-a`-vis plaudere.“Anders im Selbstbedienungsitaliener Vapiano. Man bestellt eine Pizza und erhält einen Pager. Damit kann man Platz nehmen oder stehen bleiben, wenn die Pizza fertig ist, vibriert er. Die Pasta geht etwas schneller, dafür wartet man direkt an der Theke darauf.
„Das Konzept halte ich nach wie vor für sehr, sehr gut“, sagt Donhauser. Aber es habe zwei größere Schwächen: Erstens die gefühlten Wartezeiten. Und zweitens, dass man in größeren Gruppen nicht gemeinsam essen kann. Weil das Essen eben, so ist das System, nicht gleichzeitig fertig wird. Das zu verbessern, ist Donhausers großes Ziel für die nächsten Monate.
Pleite trotz schwarzer Zahlen. Konzepte gibt es schon. In den Filialen in Wien Donauzentrum und auf dem Hauptbahnhof kann man vorab an einem „Order Point“bestellen und bekannt geben, wenn man gemeinsam essen will. „Dann wird das Essen gleichzeitig zubereitet, ich kann im Lokal sofort Platz nehmen und bekomme die Information, wann es fertig sein wird.“Die Möglichkeit, in der Schauküche den Köchen beim Pizzabacken und Pastakochen zuzuschauen, bleibt. „Die Kunden sollen sehen, dass wir frische Zutaten verwenden, keine Fertigprodukte, und frisch kochen“, sagt Donhauser.
Die deutsche Restaurantkette Vapiano hatte Ende März Insolvenz angemeldet. Nachdem das Geschäft in Österreich und Deutschland jahrelang floriert hatte, verhob man sich bei der globalen Expansion. Viele neue Filialen schrieben nur rote Zahlen. Und die Konkurrenz holte auf: Mitbewerber wie L’Osteria bedienen ihre Gäste am Tisch, bei Vapiano ist Selbstbedienung.
Im April zog auch die ÖsterreichTochter, mit damals 14 Restaurants und 700 Mitarbeitern einer der stärksten Umsatzbringer, nach und beantragte ein Sanierungsverfahren. Da hatte Donhauser längst ein Auge auf das Unternehmen geworfen. Dann, im heurigen Mai, schlug er zu. Schon im Juni sperrte er zwölf Lokale wieder auf. „Die Vapianos in Österreich haben bis zum Ende funktioniert, das sehen wir jetzt an den Besucherströmen und an den Fanclubs in den sozialen Netzwerken“, sagt Donhauser.
Vapiano in Österreich verbuchte zwar seit Jahren Verluste, aber die zwölf nun wieder eröffneten Lokale hatten durchschnittlich 700 bis 800 Gäste am Tag und schrieben schwarze Zahlen. Gescheitert sei die österreichische Tochter „an der Insolvenz der Mutter“, bilanziert Donhauser. Nach Frankreich und Deutschland sei Österreich der drittstärkste Markt für Vapiano gewesen. „Bis zum Schluss.“
Die coronabedingte Krise schlägt sich freilich auf den Umsatz. Im Juni lag man bei minus 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, zwischenzeitlich hat man sich auf minus 15 bis minus 20 Prozent hochgearbeitet, jetzt sind es wieder minus 40 Prozent. Optimismus schlägt Zweifel: Nächstes Jahr will Donhauser wieder auf dem guten Niveau von 2019 angekommen sein. „Unser Ziel ist es, Gewinne zu schreiben.“
Raus aus dem Fahrwasser. Das zweite Mal wütet jetzt das Coronavirus in Österreich, und die Regierung hat erst diese Woche die Maßnahmen verschärft: Private Veranstaltungen in Lokalen sind nur mehr mit bis zu sechs Personen erlaubt, und bei allen Treffen gilt die Maskenpflicht. Auch hier zeigt sich Donhausers zuversichtliche Lebenshaltung: „Das trifft uns kaum.“Die Maßnahmen seien in Restaurants relativ unkompliziert umzusetzen, in den
Zügen sowieso. Bekannt ist Donhauser nämlich vor allem als Chef der DonGruppe, die für die Verpflegung in den Fernreisezügen der ÖBB zuständig ist. Auch dieses Geschäft leidet selbstredend unter den Folgen der Pandemie: „Wir haben die Mitarbeiter in den Zügen, aber kein Passagieraufkommen und keine Umsätze.“Im April sei das komplette Geschäft weggefallen, nun sei man bei minus 70 Prozent.
» Es geht auf jeden Fall weiter. Und meistens geht es besser weiter. «
Das ÖBB-Engagement war es auch, das dem Sohn eines Konditorpaares seine erste waschechte unternehmerische Krise bescherte: 2012 verlor er das Catering für die Staatsbahn an den Konkurrenten Do & Co. 85 Prozent seines Geschäfts waren weg. Wenn er darüber spricht, wird Donhauser philosophisch: „Wenn eine Tür zugeht, gehen, so banal das klingt, mindestens zwei wieder auf. Das sollte jedem Menschen Mut machen, denn diese Erfahrung ist zu hundert Prozent richtig. Es geht auf jeden Fall weiter, und meistens geht es besser weiter.“Diese Krise habe es ihm ermöglicht, sich komplett neu auszurichten und nicht „im alten Fahrwasser weiterzutun“. Kurz gewälzte Aussteigerfantasien verwarf er sofort, und Donhauser stellte seine Firmengruppe neu auf. Heute macht das Zugcatering 30 Prozent seines Geschäfts aus, ein Drittel ist Businesscatering und ein weiteres Drittel sind Restaurants.
Seit heuer betreibt Donhauser, der seine Karriere mit einem Lokal auf dem heimatlichen Tennisplatz startete, die Lucy-Bar im Wiener Belvedere. Außerdem macht er Caterings für Messen, Firmenveranstaltungen, Hotels und Kongresse und die gesamte Gastronomie auf dem Linzer Flughafen. Die neuesten Beschränkungen, laut denen Gäste auf Großveranstaltungen nicht mehr bewirtet werden dürfen, kommentiert er trocken: Veranstaltungen gebe es derzeit ohnehin keine. „Ob