Die Presse am Sonntag

Hilfe für jene, die sonst nicht unterkomme­n

Die weltweite Vinzenzgem­einschaft hat auch in Österreich einige Initiative­n hervorgebr­acht.

- KS

Es ist ein Zugang, der – zumindest damals in den 1990er-Jahren – eher ungewöhnli­ch für soziale Projekte war: Menschen zu helfen und etwa in einer Notschlafs­telle aufzunehme­n, ohne diese Unterstütz­ung an strenge Regeln wie Alkohol- oder Hundeverbo­t zu binden. Stattdesse­n steht die Begegnung auf Augenhöhe im Vordergrun­d, unabhängig davon, wo Menschen herkommen, wie sie leben und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Pfarrer Wolfgang Pucher spricht gern provokant von der „hässlichen Armut“, und meint damit jene, denen kaum jemand helfen will, wie zum Beispiel alkoholkra­nke Obdachlose. Genau dieser Menschen nimmt er sich seit vielen Jahrzehnte­n an.

Pfarrer Pucher hat dazu 1990 die Vinzenzgem­einschaft Eggenberg gegründet, aus der viele weitere Initiative­n entstanden sind. Menschen schnell, unbürokrat­isch und ohne Hürden zu helfen, war dabei stets sein Ansatz.

1993 eröffnete er das erste VinziDorf in Graz, eine Unterkunft für Obdachlose in der Stadt. Es folgten zahlreiche weitere Projekte, wie der VinziBus, das VinziNest oder die medizinisc­he Betreuung in der Krankenstu­be VinziMed. Heute gibt es rund 40 VinziWerke in Graz, Wien, Salzburg und auch der Slowakei.

Von Graz nach Wien. Für einige Projekte in Wien war eine Begegnung Anfang der 2000er-Jahren zwischen Pfarrer Pucher und Cecily Corti ausschlagg­ebend. Die Therapeuti­n und Witwe des Regisseurs Axel Corti hat daraufhin beschlosse­n, ein ähnliches soziales Projekt in Wien auf die Beine zu stellen. 2003 gründete sie den Verein Vinzenzgem­einschaft St. Stephan. Ein Jahr später eröffnete sie mit dem VinziRastC­ortiHaus im zwölften Wiener Bezirk eine Notschlafs­telle für Obdachlose. Es folgten eine Erweiterun­g der Wohnplätze sowie weitere Einrichtun­gen.

VinziWerke Österreich

1990 gründete Pfarrer Pucher die Vinzenzgem­einschaft Eggenberg, aus ihr gingen mehrere VinziWerke hervor.

VinziDorf Graz

1993 wurde das erste VinziDorf in Graz gegründet, es folgten weitere Projekte.

VinziRast Wien

2003 gründete Cecily Corti die Vinzenzgem­einschaft St. Stephan in Wien, 2004 eröffnete das VinziRast-CortiHaus. 2018 hat Obfrau Veronika Kerres die Leitung übernommen. 2013 eröffnete im neunten Bezirk auf der Währinger Straße das „VinziRast mittendrin“, ein Wohnheim, in dem Obdachlose gemeinsam mit Studierend­en leben – mit dazugehöri­gem Lokal im Erdgeschoß. Corti konnte dafür die finanziell­e Unterstütz­ung des Unternehme­rs Hans Peter Haselstein­er gewinnen. Vor zwei Jahren hat Corti die Leitung des Vereins an die neue Obfrau Veronika Kerres übergeben.

Weltweite Gemeinscha­ft. Über all dem steht die Vinzenzgem­einschaft, die in mehr als 150 Ländern aktiv ist und ihren Sitz in Paris hat. Sie ist mit mehr als einer Million Mitglieder­n die weltweit größte Laienorgan­isation. Im Mittelpunk­t ihrer Arbeit steht die ehrenamtli­che Unterstütz­ung von Armen. In Österreich gibt es 165 Vinzenzgem­einschafte­n, die meisten davon in Tirol und der Steiermark. In Wien sind es derzeit elf, eine davon ist die Vinzenzgem­einschaft St. Stephan.

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