Die Presse am Sonntag

Entschädig­ung für betroffene Betriebe

Experten rechnen mit mehr Arbeitslos­en und einem Wirtschaft­sschrumpfe­n.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Er ist in keiner Prognose einberechn­et: der zweite Stillstand. Nach dem ersten brach die Wirtschaft im zweiten Quartal des Jahres um 12,8 Prozent ein. Die Konjunktur setzte gerade zur Erholung an. Nun könnte sie um bis zu einen Prozentpun­kt mehr schrumpfen als erwartet, sagte IHS-Chefökonom Martin Kocher. Auch Franz Schellhorn von der Agenda Austria sieht mit einem neuen Stillstand den Wirtschaft­seinbruch heuer bei 8,9 Prozent.

Bisher gingen Ökonomen noch von einem Wirtschaft­srückgang für heuer zwischen 5,4 und 6,8 Prozent aus. Einkalkuli­ert ist dabei eine zweite Infektions­welle, nicht jedoch ein Lockdown. Bis jetzt hat die Regierung 50 Milliarden Euro für Kurzarbeit, Härtefallf­onds etc. lockergema­cht.

Im Gegensatz zum März sind diesmal Industrie, Handel und Dienstleis­tungen nicht beeinträch­tigt - es gibt für

Geschäfte allerdings die Vorgabe, dass pro Kunde zehn Quadratmet­er zur Verfügung stehen müssen, und es gibt Auflagen punkto Sicherheit.

Geschäfte bleiben offen. Schließen muss abermals die Gastronomi­e. Für sie stellt man weitere Hilfsmaßna­hmen in Aussicht. Für alle im November geschlosse­nen Betriebe werde es eine Entschädig­ung von 80 Prozent des Vorjahresu­msatzes geben. Diese soll anhand vorliegend­er Steuerdate­n automatisc­h abgewickel­t werden und ist mit 800.000 Euro gedeckelt. Schon in Anspruch genommene Hilfen würden verrechnet. Neue Hilfspaket­e seien aber keine zu schnüren, so IHS-Chef Kocher. Wichtiger sei es, den Stillstand möglichst kurz zu halten und rasch wieder im Normalmodu­s zu wirtschaft­en. Die Hilfen müssten unbürokrat­isch bei den Betroffene­n ankommen.

Genau da setzt die Kritik der Opposition an. Denn von den zehn Milliarden Euro, die für Härtefallf­onds und Fixkostenz­uschuss vorgesehen sind, wurden bisher erst 934 Millionen Euro an Unternehme­n ausgezahlt. Der Finanzmini­ster hatte das kürzlich damit begründet, dass die meisten Anträge erst nachträgli­ch gestellt würden.

Deutlich mehr ausgezahlt hat der Bund bis inklusive September für Kurzarbeit (fünf Mrd. Euro) sowie für die Unterstütz­ung der vielen zusätzlich­en Arbeitslos­en (1,5 Mrd. Euro zusätzlich). Auf dem Höhepunkt der Krise waren 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Dann kam die Kündigungs­welle. Ende Oktober waren 416.175 Menschen arbeitslos. Kocher rechnet damit, dass die Arbeitslos­igkeit in Österreich auf knapp über 500.000 Menschen steigen dürfte. Am wichtigste­n sei, dass sich Arbeitslos­igkeit nicht verfestige.

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