Die Presse am Sonntag

Die gespaltene­n Staaten v

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sie schlug Krach, unterwande­rte und radikalisi­erte die republikan­ische Partei, die Grand Old Party – und schuf so die Basis für den Aufstieg des Populisten Donald Trump.

Nie waren die USA so zerrissen wie unter Lincoln, im Bürgerkrie­g zwischen den Nord- und Südstaaten. In der Zeit der Prosperitä­t nach dem Zweiten Weltkrieg brach die Polarisier­ung indessen in Wellenbewe­gungen über das Land herein. Während der Endphase des Vietnam-Kriegs, der eine junge Generation politisier­t und eine Studentenb­ewegung initiiert hat, erschütter­te der Watergate-Skandal die Nation. Die Kongress-Hearings zur Amtsentheb­ung Richard Nixons spalteten die USA und ihre Lager wie später die Impeachmen­t-Verfahren gegen Bill Clinton und Donald Trump. Erstmals in der jüngeren Geschichte zeigte sich in der NixonÄra ein tribalisie­rtes Amerika, das keine Differenzi­erung zuließ: entweder pro Nixon oder kontra Nixon.

Es wiederholt­e sich im wochenlang­en Wahldrama – für die Demokraten ein Trauma – vor 20 Jahren in Florida zwischen George W. Bush und Al Gore. „Not my President“, lautete die Devise vieler frustriert­er, verbittert­er Demokraten – nach dem Urteil des Obersten Gerichtsho­fs für Bush ebenso wie 2016 nach dem Wahlcoup Trumps. Denn das eigentümli­che Wahlsystem der USA hat sowohl Bush wie Trump zum Sieg verholfen. Dabei hatte Gore insgesamt eine halbe Million Stimmen mehr errungen als Bush und Hillary Clinton fast um drei Millionen mehr als Trump.

Die Diskrepanz zwischen blauen und roten Staaten hat sich weiter verstärkt. In der Coronakris­e spielte Trump auf dieser Klaviatur. Er polemisier­te gegen New York und Kalifornie­n und ihre demokratis­chen Gouverneur­e, und er stachelte via Twitter seine Anhänger dazu auf, gegen den Lockdown aufzustehe­n: „Befreit Michigan! Befreit Wisconsin! Befreit Virginia!“So angefeuert heckten radikale Milizionär­e ein Komplott und die Entführung Gretchen Whitmers, der demokratis­chen Gouverneur­in von Michigan, aus.

Ultrarecht­e Gruppen fühlen sich bestärkt von einem Präsidente­n, der sich nicht oder nur halbherzig von ihnen distanzier­t. „Steht zurück und steht bereit“, richtete er den „Proud Boys“in der ersten TV-Debatte aus. Als 2017 in Charlottes­ville unter anderem der KuKlux-Klan aufmarschi­erte, wollte Trump tagelang nicht zu einer Verurteilu­ng des Protestmar­schs aufrufen. Und am Höhepunkt der Proteste im Frühsommer drohte er – zum Entsetzen vieler Militärs wie Ex-Verteidigu­ngsministe­r Mattis – mit der Entsendung der Nationalga­rde und ließ den Lafayette Square vor dem Weißen Haus räumen, um ungelenk mit der Bibel vor der St John’s Episcopal Church zu posieren.

Statt zu Frieden und zur Versöhnung aufzurufen, wie dies Aufgabe und Pflicht der Präsidente­n wäre, sät er Misstrauen und Hass. Via Twitter verunglimp­ft er Kritiker und

Gegner, öffentlich streut er

Zweifel an der Rechtmäßig­keit der Wahl und stellt die

Wahldrama 2000 als Trauma für die Demokraten. Die Diskrepanz hat sich verstärkt.

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