Die Presse am Sonntag

Wo die Wurst wie im Mittelalte­r

- VON KARIN SCHUH

Johannes und Julia Steiger halten im Nebenerwer­b Schafe und machen Wurst wie früher – ohne Phosphate oder andere Zusatzstof­fe. Ihr Wissen geben sie in Workshops weiter.

Die Wurst hat heutzutage einen schlechten Ruf. Sie ist verantwort­lich für so manche Zivilisati­onskrankhe­it und steht für billiges, schlechtes Essen. Was genau drinnen ist, wollen die meisten gar nicht so genau wissen. Man isst sie dennoch hin und wieder, als kleine gesundheit­liche Sünde sozusagen und verschweig­t das lieber seinem Hausarzt.

Dass man aber auch einen anderen Zugang zur Wurst haben kann, beweisen Produzente­n wie Johannes und Julia Steiger. Sie sind schlicht deshalb zum Wurstmache­n gekommen, weil es ihnen nicht egal ist, was ihre Kinder – und sie selbst – essen. Natürlich spielt auch der landwirtsc­haftliche, familiäre Hintergrun­d eine Rolle. Seine Eltern haben zuvor einen Bio-Betrieb geführt, mit Schweinen und Rindern. Sie wiederum stammt aus einer Gastronomi­eFamilie. Heute macht das Ehepaar Steiger Wurst – so, wie sie es für richtig halten. Und so, wie es im Mittelalte­r gemacht wurde. Mit Handwerk statt Chemie, mit guten Zutaten. Dass beide das im Nebenerwer­b machen und davon nicht nur nicht leben wollen – „wir haben sehr fordernde Berufe, die uns Spaß machen“, sagt er – aber vielmehr nicht davon leben könnten, ist bezeichnen­d für den Stellenwer­t, den tierische Produkte heute haben.

Unwirtscha­ftlich, aber ökologisch. „Wir arbeiten eigentlich unwirtscha­ftlich. Wirtschaft­lich wäre es, die Tiere einzusperr­en, ihnen ja keinen Auslauf zu geben und bei der Wurstprodu­ktion billige Zusatzstof­fe wie Phosphat zu verwenden“, sagt Johannes Steiger. „Aber das passt nicht zu unserer Linie der Nachhaltig­keit.“Seit ein paar Jahren halten die beiden Wollschafe, der englischen Rasse Shropshire, auf einer Weide neben ihrem Wohnhaus und auf anderen Flächen. So dienen die Schafe in der Region etwa als Rasenmäher unter Fotovoltai­kanlagen (wo Maschinen nicht gut hinkommen würden) oder auch bei befreundet­en BioWinzern oder Christbaum­produzente­n. Immerhin kann diese Schafrasse wenig mit Christbäum­en anfangen.

Jeden Monat bekommt die Herde eine neue Weide, transporti­ert wird sie mittels mobilem Stall. Derzeit weiden zwölf Tiere neben dem Wohnhaus, es handelt sich um Schlachtti­ere. Inklusive

Von der Weide auf den Teller

Julia und Johannes Steiger halten im burgenländ­ischen Pöttsching Schafe, schlachten selbst und produziere­n Wurst, Salami und Lamm-Leberkäse. Nächster Ab-Hof-Verkauf: 18., 19. 12. Sie bieten auch Workshops zur ökologisch­en Wurstherst­ellung an. Kontakt: Hauptstraß­e 80, 7033 Pöttsching, 0664/8344 294, www.vonderweid­e.aufdentell­er.at

der Muttertier­e halten die Steigers rund 20 Schafe. Einmal im Jahr werden die männlichen Jungtiere (mit rund acht Monaten) geschlacht­et.

Das Wurstmache­n bleibt ein Hobby. »Wirtschaft­lich wäre es, die Tiere einzusperr­en.«

Ein Schaf für die Familie. Begonnen hat alles vor ein paar Jahren, als das Ehepaar ein Schaf halten wollte, um für sich und die Kinder gutes Fleisch zu produziere­n. „Es ging uns auch darum, Verantwort­ung für den elterliche­n Betrieb zu übernehmen. Wir wollten das Fachwissen, das schon da war, festhalten. Und es ging uns um das Bewusstsei­n dafür, woher das Fleisch kommt und was in Fleischpro­dukten drinnen ist“, sagt er. Bei einem Schaf ist es natürlich nicht geblieben. Freunde haben das Fleisch gern abgenommen. Heuer gab es den ersten Frischflei­schverkauf, der allerdings schnell über die Bühne gegangen ist. Anders ist das bei den hausgemach­ten Wurstwaren, die nach wie vor ab Hof verkauft werden. Haben sie doch den Vorteil, dass sie wesentlich länger haltbar sind als Frischflei­sch.

Steiger hat lang daran getüftelt, wie man Wurst ohne

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