Die Presse am Sonntag

Der letzte blaue Mond für lange Zeit

- VON UTE WOLTRON

Ob die diversen Phasen des Mondes und sein Auf- und Absteigen tatsächlic­h die Geschicke des Gärtners mitbestimm­en, ist eine Glaubensfr­age, ein wichtiger Taktgeber ist er allemal.

In der englischsp­rachigen Welt gibt es den schönen Spruch „Once in a blue moon“, und man verwendet ihn nur dann, wenn man die Seltenheit eines bestimmten Ereignisse­s hervorhebe­n will. Wir würden in solchen Momenten vielleicht „alle heiligen Zeiten“oder „alle Jubeljahre“beschwören, doch „blauer Mond“klingt nicht nur geheimnisv­oller, es gibt ihn auch wirklich. Immer dann, wenn er innerhalb eines Monats ein zweites Mal voll am Nachthimme­l steht, trägt er diese Bezeichnun­g, und das kommt seltener vor, als man meinen möchte.

Gestern ging pünktlich in der Halloween-Nacht ein solcher Vollmond auf, der nächste blaue Mond lässt auf sich warten, es wird ihn erst wieder am 31. August 2023 geben. Man darf sich angesichts der Stürme und Turbulenze­n hienieden fragen, wie sich die kleine Welt hier unten bis dahin verändert haben wird. Ob die diversen Phasen des Mondes und sein Auf- und Absteigen tatsächlic­h die Geschicke des Gärtners mitbestimm­en, ist eine Glaubensfr­age und weniger erforscht als etwa die Frage, ob es Wasser auf unserem nächstgele­genen Himmelsges­tirn gibt.

Manche schwören drauf, dass Pflanzensa­men besser keimen, wenn sie zu bestimmten Zeiten in die Erde kommen, andere tun das als esoterisch­e Verirrung ab. Da mischen wir uns nicht ein, fest steht jedoch, dass der Mond in den Agrikultur­en rund um den Globus stets ein wichtiger Taktgeber war, etwa wenn es darum ging, den besten Zeitpunkt zu wählen, um Vieh zu schlachten oder Bäume für Bauholz zu fällen. Diesfalls richtete man sich jedoch eher nach dem Neumond.

Opfergaben und Huldigunge­n. In Asien, vor allem in China, begeht man im sogenannte­n Mittherbst das traditione­lle Mondfest und huldigt dem Erdtrabant­en mit runden und schön verzierten Mondkuchen, die verschenkt werden. In den alten Zeiten brachten die Kaiser Chinas im Frühjahr der Sonne, im Herbst jedoch dem Mond Opfergaben dar. Die Bauern der Nordhalbku­gel richteten sich ebenfalls seit ewigen Zeiten nach dem Mond, und zwar aus praktische­n Gründen. Als „Harvest

Moon“, also Erntemond, bezeichnet man den letzten Vollmond vor der Tagundnach­tgleiche im Herbst.

Dazu muss angemerkt werden, dass der Mond im Sommer niedrig über den Nachthimme­l zieht, was sich jedoch genauso umkehrt wie der Lauf der Sonne. Denn im Winter ist es genau umgekehrt, der Mond steht hoch, außerdem geht er jetzt schon bald nach Sonnenunte­rgang auf. Deshalb sind die Abende der letzten Erntetage besonders hell, und wer mit dem Einbringen untertags nicht fertig wurde, dem leuchtete nächtens der Erntemond. Die nordamerik­anischen Algonquin, ein

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