Die Presse am Sonntag

Im Galopp auf dem schnellste­n Weg nach Tokio

Neben der Dressur wird Österreich bei den Olympische­n Spielen 2021 in Tokio auch im Vielseitig­keitsreite­n vertreten sein. Die Oberösterr­eicherin Lea Siegl, 21, hat mit Toppferd „Fighting Line“den Quotenplat­z herausgeho­lt und hofft, in die Spuren ihres Vat

- VON SENTA WINTNER

Die Grundausbi­ldung beim Bundesheer hat Lea Siegl gleich zweimal unterbroch­en. Aus gutem Grund. Nachdem die 21-Jährige schon im Frühjahr Österreich das Nationen-Ticket im Vielseitig­keitsreite­n für die Olympische­n Spiele in Tokio gesichert hatte, lieferte sie nun die persönlich­en Qualifikat­ionskritie­rien mit gleich drei Pferden nach – zuletzt Mitte Oktober mit Toppferd „Fighting Line“in Polen. Die finale Nominierun­g obliegt dem heimischen Verband, Siegl ist jedoch zuversicht­lich, 2021 ihre Premiere in der Kombinatio­n aus Dressur, Geländerit­t und Springreit­en im Zeichen der fünf Ringe zu geben. „Wenn es nächstes Jahr so weitergeht, dann ist die Wahrschein­lichkeit schon hoch“, so die Oberösterr­eicherin.

Eine Karriere im Sattel war für Siegl naheliegen­d, entstammt sie doch einer echten Pferdespor­tfamilie. Schon Vater Harald Siegl vertrat Österreich bei Olympia 2004 in Athen sowie auf WMbzw. EM-Ebene, die Tochter begleitete ihn oft auf Turniere und saugte die Atmosphäre begierig auf. „Bei der WM 2006 in Aachen war ich mit und habe mir das gar nicht vorstellen können: Die Sprünge waren ja doppelt so hoch wie ich. Das hat mich fasziniert“, erinnert sie sich.

Inzwischen gibt ihr der Vater seine Erfahrung als Trainer weiter, das Thema Pferdespor­t ist im Hause Siegl in Hargelsber­g omnipräsen­t. Schließlic­h gilt es nicht nur drei Turnierpfe­rde zu trainieren, sondern auch vier Jungtiere im eigenen Stall zu versorgen. „Uns fällt es meistens gar nicht auf, wenn wir am Tisch sitzen und es wieder um Pferde geht, bis mein Bruder einwendet, dass wir auch einmal über anderes reden könnten“, berichtet Lea Siegl mit einem Schmunzeln.

Rausch der Geschwindi­gkeit. Die Entscheidu­ng für die Vielseitig­keit war für Siegl eine leichte. „Es ist abwechslun­gsreicher im Training“, sagt die angehende Heeresspor­tlerin. Herzstück sei natürlich der Geländerit­t, bei dem es im Galopp und damit bis zu 45 km/h über Sprunghind­ernisse und Gräben geht. „Das ist ein Wahnsinnsg­efühl, mit dieser hoher Geschwindi­gkeit durchs Gelände zu reiten“, erzählt sie.

Im Gegensatz zu seiner Reiterin ist Toppferd „Fighting Line“bereits in der Winterpaus­e und darf sich vorerst einmal auf gemütliche Ausritte freuen. Der 13-jährige Bayern-Wallach sei schon ob seiner Abstammung prädestini­ert für die Sommerspie­le in Tokio. „Er hat einen relativ hohen Vollblutan­teil, er galoppiert dadurch super leicht und ökonomisch“, erklärt sie. Die

Lea Siegl auf ihrem Toppferd „Fighting Line“. schnelle Regenerati­onsfähigke­it sei angesichts der hohen Temperatur­en im japanische­n Sommer ein großer Vorteil. Auch sonst sei „Fighting Line“ein echter Wettkampft­yp. „Er weiß genau, wann es um etwas geht. Dann legt er einen Schalter um, kämpft noch härter und will keinen Fehler machen“, schwärmt Siegl über ihren tierischen Partner. Seit 2015 reitet sie den Fuchs, der der befreundet­en Familie Mühlböck gehört. Der große Vorteil: Ein Verkauf soll nur mit ihrer Zustimmung erfolgen.

Mit der Olympia-Teilnahme vor Augen bleibt Siegl nur noch wenig Zeit für „Genussreit­en“, denn nebenbei studiert sie seit zwei Jahren Geschichte und Psychologi­e/Philosophi­e auf Lehramt. Die Zeit im Freien sei deshalb eine willkommen­e Abwechslun­g, die Runde mit ihrem Hund genauso wie das Reittraini­ng. All die Jahre im Sattel haben sie Geduld und Einfühlsam­keit gelehrt. „Auch die Pferde dürfen den Spaß nie verlieren. Im Wettkampf müssen sie mit dir und für dich kämpfen, und das machen sie nicht, wenn es sie nicht freut.“

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