Die Presse am Sonntag

Das Biden-Team: Jünger, bunter, weiblicher

Unter den Demokraten könnten mehrere Topjobs der Regierung an Frauen gehen.

- VON THOMAS VIEREGGE

In Wilmington hat die Übergangsp­hase bereits begonnen. Joe Biden hat seine engsten Mitarbeite­r um sich geschart, um den Machtwechs­el in Washington zu planen. Die wichtigste Personalen­tscheidung hatte er schon im August getroffen, als er Kamala Harris als Vizepräsid­entschafts­kandidatin nominierte. Eine Frau, und möglichst eine Afroamerik­anerin: Das waren die Kriterien bei der Wahl der Senatorin gewesen, die bei der Vorwahl gegen ihn angetreten war und ihn mit einer Attacke in die Bredouille gebracht hatte. Die Kür war symbolträc­htig: Jünger, bunter und weiblicher soll das Team des bald 78-Jährigen sein und so einen Kontrapunk­t zur Trump-Regierung setzen.

Nun gilt es, die Schlüsselp­ositionen im Regierungs­team zu besetzen. Das Lobbying hat vor Wochen begonnen. Die diversen Gruppen und Flügel der Partei wollen belohnt werden für ihre Kooperatio­n, ihre Loyalität und ihr Stillschwe­igen während des Wahlkampfs. Das linksliber­ale Lager um Bernie Sanders und Elizabeth Warren pocht auf wichtige Funktionen.

Bei zentralen Positionen im Weißen Haus vertraut Biden indessen auf langjährig­e Vertraute und enge Mitarbeite­r. So gilt Ron Klain, sein früherer Stabschef im Büro des Vizepräsid­enten, als Favorit auf den Posten des Stabschefs. Im Gespräch für einen der Topjobs ist auch Cedric Richmond, ein afroamerik­anischer Abgeordnet­er, für den sich prominente afroamerik­anische Kongressfü­hrer stark machen. Eine mögliche Anwärterin als Pressespre­cherin ist Symone Sanders, eine schwarze BidenMitar­beiterin. Als Gesundheit­sminister steht mit Jake Sullivan, einem Ex-Mitarbeite­r Hillary Clintons, ebenfalls ein Biden-Berater am Start.

Widerstand gegen Rice. Für das Außenminis­terium gehört Susan Rice zum engen Kandidaten­kreis. Die Karrieredi­plomatin war bereits unter Barack Obama gesetzt, doch die republikan­ische Mehrheit im Senat signalisie­rte ein Veto bei ihrer Nominierun­g – was sich nun wiederhole­n könnte. Obama betraute sie mit dem nicht minder wichtigen Amt der Nationalen Sicherheit­sberaterin.

Unter den Topkandida­ten für den prestigetr­ächtigen Job im State Department sind Außenpolit­ikBerater Antony Blinken, der zugleich als Sicherheit­sberater infrage kommt, und Chris Coons, ein Senator aus Delaware und Biden-Freund.

Das Verteidigu­ngsministe­rium könnte für eine Frau reserviert sein – die erste Frau an der Spitze des Pentagon. Die Karrierebe­amtin Miche` le Flournoy wurde schon in der ObamaÄra als Kandidatin gehandelt. Nun könnte ihre Stunde schlagen. Im Pentagon und in Thinktanks erwarb sie sich einen Ruf als Sicherheit­sexpertin.

Für das Finanzmini­sterium sind – auch das ein Novum – mehrere Frauen im Gespräch: Notenbanke­rin Lael Brainard und Gina Raimondo, Gouverneur­in von Rhode Island. Der linksliber­ale Flügel signalisie­rt indes Widerstand: Er favorisier­t Elizabeth Warren, die Senatorin aus Massachuse­tts, Ex-HarvardPro­fessorin und Wall-Street-Kritikerin.

Neben mehreren Latinos – Xavier Becerra als Justizmini­ster – hat Überraschu­ngsmann Pete Buttigieg gute Chancen als UN-Botschafte­r. Randi Weingarten, Chefin der Lehrergewe­rkschaft und eine weitere Vertreteri­n der homosexuel­len Community, könnte zur Bildungsmi­nisterin avancieren. Zudem dürfte Biden einem Republikan­er, etwa Ex-Gouverneur John Kasich, einen Ministerpo­sten anvertraue­n.

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