Let’s Make Money
INFORMATIONEN FÜR ZEITGENOSSEN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN
n der aufgeheizten politischen Stimmung, die derzeit immer mehr nach dem manichäischen Weltbild funktioniert, in dem ein US-Präsidentschaftskandidat als Abgesandter des Lichts gilt, während der andere dem Dunkel zugeschrieben wird, mögen die Börsen etwas seltsam erscheinen, weil sie zumindest in der abgelaufenen Woche nicht hysterisch ausschlugen. Und sie haben mit ihrer relativen Gelassenheit wohl auch Recht: Denn wer von den beiden auch immer das Rennen letztlich gemacht haben wird, wird sich um das Fortkommen der US-Wirtschaft – und damit des Kapitalmarktes, an dem die Altersvorsorge der Amerikaner hängt – kümmern. Der eine über geringe Unternehmenssteuern, der andere über Investitionen in die Infrastruktur und in die erneuerbare Energie. Und wenn nicht die völlige juristische Zerfleischung stattfindet, werden die staatlichen Konjunkturpakete bald stehen. Für die langfristige Entwicklung des Aktienmarktes ist also der Name des Präsidenten nicht so entscheidend.
Es gibt natürlich noch einen anderen Grund dafür, dass die Märkte bis jetzt ruhiger geblieben sind als vielfach erwartet. Und der ist so wichtig, dass er alles andere übertüncht: Die lockere Geldpolitik der Zentralbanken und die stets neu signalisierte Bereitschaft, sie im Bedarfsfall weiter zu lockern. Zuletzt deutete Jerome Powell, Chef der USNotenbank Fed, dies am Donnerstag an. Man sei entschlossen, falls nötig, mit „kraftvollen Instrumenten“wie dem Anleihenprogramm die angeschlagene Wirtschaft noch stärker zu stützen, sagte er. Die nächste Fed-Sitzung ist für den 16. Dezember anberaumt. Ähnlich die Europäische Zentralbank (EZB), die recht eindeutig zu verstehen gab, dass sie auf ihrer nächsten Sitzung am 10. Dezember aktiv werden wird. All das ist Balsam für Investoren.
Wer sich jedoch nicht mit der Freude über das schier unendliche Gelddrucken begnügt und etwas tiefer blickt, kann zu Recht nervös sein. Denn die Dauereinsatzbereitschaft der Notenbanken verweist ja darauf, dass es in der Wirtschaft alles andere als rund läuft. Und dass die Erholung der vergangenen Monate aufgrund der hohen CoronaInfektionszahlen und neuer Beschränkungen in eine lange Stagnation zu münden droht. Das ist der Stoff, aus dem das nervöse Auf und Ab an den Börsen herrührt, mit dem auf absehbare Zeit zu rechnen ist und das sich wohl erst endgültig dann beruhigen wird, wenn eine Impfung gegen das Coronavirus gefunden sein wird.
Keine Panik, aber gute Nerven, wird das Credo für die nächste Zeit sein. Breit streuen sowieso.
Wer an Zukäufe denkt, sollte für den Rest des Jahres und darüber hinaus
Eine neue Kategorie von Anleihen, die von umweltverschmutzenden Unternehmen begeben werden, ist auf dem Radarschirm von Anlegern aufgetaucht, die ihre klimafreundlichen Portfolios füllen möchten. Das erklärte Paul O’Connor, Leiter Green Bonds in Europa und Asien bei JP Morgan, dieser Tage gegenüber der Agentur Bloomberg.
Diese sogenannten Übergangsanleihen sind eine Möglichkeit für Emittenten, mit dem Versprechen, ihr Geschäft umweltfreundlicher zu machen, Finanzmittel zu beschaffen. Zwar sind bisher nur wenige dieser „Transition Bonds“auf den Markt gekommen, sie werden aber eine Schlüsselrolle bei der Erweiterung des Universums der Vermögenswerte spielen, die letztendlich Umwelt-, Sozial- und Governance-Zielen (ESG) entsprechen werden, hielt O’Connor fest. „Wenn wir diese Sektoren nicht einbeziehen, wird sich nicht viel ändern.“
Da die Nachfrage nach klimafreundlichen Anleihen das Angebot übersteigt, raten die Banken den Emittenten, Nachhaltigkeit in ihre Finanzziele und Finanzierungsprogramme aufzunehmen. Sogenannte „braune Unternehmen“aus Branchen wie die der fossilen Brennstoffe und anderen stark verschmutzenden Sektoren sind ebenfalls an ESGs interessiert, da sie befürchten, dass ihre Finanzierung mit der Zeit teurer wird oder vollständig versiegt. Für einige Produzenten von Kraftwerkskohle ist dieses Szenario bereits Realität. Infolgedessen gab es an den Anleihemärkten eine Innovationswelle, zunächst bei grünen Anleihen und in jüngerer Zeit bei nachhaltigkeitsbasierten Wertpapieren.
Um zu vermeiden, dass Produkte als klimafreundlich ausgewiesen werden, die nicht ganz diesen Namen verdienen (eine als Greenwashing bekannte Praxis), hat die Climate Bond Initiative letzten Monat eine Reihe von Vorschlägen für Übergangsanleihen vorgelegt.
Anfang vergangener Woche begab etwa Etihad Airways islamische Übergangsfinanzierungen in Höhe von 600 Millionen Dollar, deren Vertragsbedingungen an die Emissionen gebunden sind. Und Patrick Pouyann ,C hef von Total, sagte, dass der Ölkonzern eine „sehr große“Übergangsbond-Emission plane.
Ein Großteil der Arbeit zur Schaffung eines funktionierenden ESG-Marktes muss von der Finanzindustrie geleistet werden, sagte O’Connor. Alle Beteiligten müssen jedoch mehr Zeit darauf verwenden, herauszufinden, wie dies funktionieren kann, sagte er. „Investoren müssen es tun, die Banken müssen es tun, die Unternehmen müssen es tun.“