Masters in Augusta
Verspätetes Highlight der Golfsaison: Das steigt heuer ohne Blütenmeer. Wie die Jahreszeit das Spiel beeinflusst und fehlenden Fans Exklusivität verkauft wird.
ber 350 Arten von Bäumen, Sträuchern und Blumen wachsen im Augusta National Golf Club, die Zahl ist höher als die der handverlesenen Mitglieder. Allein 30 Sorten Azaleen säumen den Par-72-Kurs , sei ne 18 Löcher sind nach der markanten Flora benannt. Die bunte Pracht ist beim traditionellen Major-Auftakt im Golfsport seit 1934 ebenso einzigartig wie das Ritual, das alljährlich im exklusiven wie konservativen Klubhaus am Ende der Magnolia Lane zelebriert wird. Die Regeln wirken anachronistisch, aus der Zeit gefallen, doch um den Ablauf durcheinander zu bringen, braucht es, so könnte man sagen, schon eine weltweite Pandemie wie in diesem Jahr.
In Augusta wird heuer alles anders aussehen, wenn sich ab Donnerstag wieder das geladene Teilnehmerfeld aus Profis um den US-Weltranglistenersten Dustin Johnson und Bernd Wiesberger, Ex-Siegern und weltbesten Amateuren misst. Das bringt schon der ungewohnte November-Termin mit sich. Aufgrund von Corona wird der neue Masters-Champion zum 18. Mal und erstmals seit 1984 nicht am zweiten Sonntag im April, sondern erst sieben Monate später gekürt.
Wie fliegt der Ball? Für die berühmten Azaleen in all ihren Rosa-Schattierungen kommt das Turnier zu spät, neben Kamelien werden in dem Klub auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei die herbstlichen Blattfärbungen dominieren. Das dekorative Setting dürfte freilich Organisatoren und TV-Sendern weitaus mehr fehlen als den Spielern, deren Fokus logischerweise vorrangig auf dem Rasen liegt. Das jüngste und zugleich normalerweise erste MajorTurnier des Jahres wartet eigentlich mit der Besonderheit auf, im Gegensatz zu
US Open (seit 1895), British Open (1860) und PGA Championship (1916) immer auf demselben Platz gespielt zu werden. Trotz dieser Routine gilt der von den Gründern Bobby Jones und Alister MacKenzie entworfene Kurs zu den tückischsten, die Löcher elf bis 13 wurden dank vermeintlicher Stoßgebete der weltbesten Profis und bedeckt gehaltenen Mitglieder (die Aufnahme erfolgt nur auf Einladung und gegen eine kolportierte Gebühr von 40.000 $) einst von Journalisten Amen’s Corner getauft.
Schockiert zeigte sich deshalb die Golfwelt, als im September in den sozialen Netzwerken Fotos kursierten, die den Platz in Augusta in fahlem Braun statt sattem Grün zeigten. Die Verantwortlichen waren um schnelle Beruhigung bemüht: Es handle sich um den normalen „Winterschlaf“des hitzefesten Bermuda-Gras, das für die heißen Südstaaten-Sommer, nicht aber für herbstlich laue Temperaturen gemacht ist. Für optimale Masters-Bedingungen wurden die Fairways mit kälteresistenten Rye-Halmen übersät, inzwischen erstrahlt der Kurs wieder grün. Auf dieser Grassorte wird traditionell auch im April gespielt, dennoch stellt sich die Frage: Wie verhält sich der Untergrund im November?
Experten prophezeien eine anspruchsvolle 84. Auflage, bei der auch das lange Spiel zum Gradmesser werden dürfte. Denn zum einen ist kühlere Luft dichter, beim Abschlag wirken also höhere Widerstandskräfte auf den Ball ein, zudem wird mit Strömungen aus Norden, also vorrangig Gegenwind, gerechnet. Zum anderen dürften sich die Grüns weniger hart wie sonst üblich präsentieren, die Bälle darauf weniger weit rollen. Denn gerade in den Wochen nach der Aussaat benötigen die Graswurzeln viel Wasser. Zudem gilt es die Ondulierungen diesmal bei tieferem Sonnenstand zu lesen.
Diese Bedingungen scheinen wie gemacht für einen muskelbepackten Longhitter wie Bryson DeChambeau. Der US-Amerikaner hat dank Training und spezieller Protein-Diät (mindes
eröffnete
der Augusta National GolfClub.EinigeUSPräsidenten und Wirtschaftsgrößen zählen zur exklusiven Mitgliederschaft. Doch erst 1990 öffnete das Klubhaus seine Türen für Afroamerikaner, 2012 für Frauen.
Grüne Sieger-Jacketts
befinden sich mit Erlaubnis des Augusta National Golf Clubs dauerhaft in Privatbesitz: das von Henry Picard, Champion von 1938, in einem Museum sowie jenes von 1961, das der Südafrikaner Gary Player so lang in seiner Heimat „vergaß“, bis er es behalten durfte. Alle anderen Sieger dürfen es für lediglich ein Jahr mitnehmen.
Masters-Siege
unddamitdiemeisten hält US-Legende Jack Nicklaus (1963, 1965, 1966, 1972, 1975, 1986). Superstar Tiger Woods gewann im Vorjahrzumfünften Mal in Augusta (1997, 2001, 2002, 2005, 2019). tens sechs Shakes pro Tag) in der Saisonvorbereitung 15 kg Muskelmasse zugelegt. Sein kraftvoll es Spi el brachte ihm bei den US Open seinen ersten Major-Sieg, auch in August a steht er bei Buchmachern hoch im Kurs. Bei 1,85 m hielt der 26-Jährige bei etwa 108 kg („Kommt darauf an, ob ich gerade Steak gegessen habe oder nicht“), für das Masters waren weitere fünf Kilogramm sein Ziel. „Länge wird in Augusta definitiv ein Vorteil sein“, erklärte DeChambeau, der in seiner Athletik die Zukunft des Sports sieht. „Die Leute werden anders über Golf denken.“
Wie kräftig ist der Tiger? Nicht zum Favoritenkreis zählt Tiger Woods. 2019 hatte der Superstar sensationell zum fünften Mal in Augusta, und nach elf Jahren Pause zum 15. Mal bei einem Major, triumphiert. Nach der Coronapause hat der 44-Jährige bislang allerdings nur sechs PGA-Turniere absolviert, zuletzt bei den US Open verpasste er den Cut, bei der Generalprobe in Kalifornien fehlten ihm als 72. 22 Schläge auf den Sieger. Am Dienstag lädt Woods jedenfalls zum Champions’ Dinner, diese Tradition hat sich der Augusta National Golf Club nach der Absage des Par-3-Contests nicht nehmen lassen. Die älteren Ex-Sieger werden jedoch fehlen, wenn der Titelverteidiger Steak und Hühner-Fajitas, Sushi und Sashimi servieren lässt.
Der Platz ist derselbe. Doch Gras, Wind, Temperatur und Sonnenstand sind anders.
Augusta für die Fans gibt es im Onlineshop. Aber nur für die, die Tickets gehabt hätten.
Abgehen werden auch die „patrons“(das Masters kennt nur Gäste, keine Zuschauer), die den Stars üblicherweise nach strengem Protokoll (kein Handy!) in Scharen folgen. Trost für die Fans: Im Onlineshop lässt sich ein Kulinarikpaket inklusive legendärem Pimento-Cheese um 150 $ für zu Hause bestellen – jedoch nur für Ticketinhaber. Das Augusta-Erlebnis soll schließlich ein exklusives bleiben.