ZDF Magazin Royale
Das Zweite Deutsche Fernsehen gibt dem TV-Komiker ein Upgrade. erfüllt unter anderem folgenden Bildungsauftrag: »Mit Idioten reden auf Augenhöhe«, wie Jan Böhmermann am Freitag fröhlich bekannte.
ie „Heute Show“, Pflichtprogramm für achtsame Fans der Satire am Freitagabend im ZDF, hatte diesmal eine Variante im Abspann: Ansager Oliver Welke kündigte nicht, wie gewohnt, die bisher nachfolgende Sendung „Aspekte“an, sondern – da blickte er prüfend ins Manuskript – das „ZDF Magazin Royale“. Kameraschwenk, neben ihm ein Mann mit Kapuzenjacke und Bart, der aussieht wie Jan Böhmermann. „Heute? – Jetzt? – Sorry!“, sagt er fast nervös, stürzt hinaus. „Im Hauptprogramm sind wir pünktlich!“, schreit ihm Welke nach. Und: „Nischen-Kasper!“Böhmermann hat es endlich geschafft – Sandwich-Mann zwischen der seriösen „Heute Show“und den abenteuerlichen „Aspekten“im Zweiten!
Grenzgänge. Der 39 Jahre alte Bremer gehört jetzt zum Establishment. Zwanzig Jahre hatte er sich als Reporter, Kolumnist und Moderator versucht, sogar im Team der „Harald Schmidt Show“auf Sat1. Zuletzt wu rde er bis Ende 2019 als Jungstar der Late Night Show „Neo Magazin“gesehen ,aufZDFneo– quasi der Kindersender der öffentlichrechtlichen Anstalt. Sechs Jahre lang suchte er dort bei der Verunglimpfung von Promis, Politikern (Erdog˘an! Varoufakis!) und gewöhnlichen Außenseitern häufig Grenzen des Erlaubten.
Hat der Wechsel zum Großen Bruder Böhmermann gut getan? Unbedingt! Er bringt kurz vor Mitternacht Tempo und Schärfe von seinen Ausflügen nach Absurdistan zurück, wirkt (selbst wenn er eingangs behauptet, 26 Jahre alt zu sein) gereifter. Eine Bouteille Rotwein (Fake?) schafft er zügig in einer halben Stunden, einmal trinkt er sogar aus der Flasche. Aus solchem Stoff sind Führungskräfte gemacht.
Hauptthema der ersten Sendung: „Verschwörung“. Das Wort wird im Schriftzug reißerischer Bestseller eingeblendet, blutrot, mit einer deutschen Euro-Münze als Hintergrund. Häufig gibt es Lichteffekte und Geräusche wie aus einem billigen Horrorfilm. Musik macht das „Rundfunk-Distanzorchester Ehrenfeld“aus dem Home-Office.
Für den Word-Rap sorgt der LateNight-Moderator, die Pointen schleudert er in mordsmäßigem Stakkato heraus, begleitet von minimalen Videoclips und anderen Einblendungen. Einmal sieht man kurz ein Cover der hetzerischen „Protokolle der Weisen von Zion“. Kontrah enten aus der Unterhaltungsbranche, Politiker von der AFD bis zur Union sowie B-Promis und ein Journalist kommen zu Wort.
Was also sind die Botschaften Böhmermanns, der jüngst einen Account beim Onlinedienst „Telegram“eingerichtet hat, nah beim Volk surft? Er will „mit Idioten reden auf Augenhöhe“, die „marktgesteuerte Meinungsdiktatur“bekämpfen, „unerbittlich nach schadhaften Stellen der Demokratie fahnden“. Dieses Zitat soll von der Sendung stammen, deren Namen man ausborgte – vom „ZDF-Magazin“, einst angeblich eine Plattform gegen Linke.
Breitseite gegen Milliardäre. Böhmermann aber teilt gegen alle aus. Im Fokus standen diesmal die Superreichen. Er geht von Bill Gates und Jeff Bezos aus. Rechte Verschwörungstheorien wittern bei ihnen das Streben nach Weltmacht. Die sinistre Alternative im „Magazin Royale“: Das täten auch die Nazis bis heute. Präsentiert wird nun die deutsche Liga der Milliardäre, deren Reichtum auch in der NS-Zeit und durch Zwangsarbeit vermehrt wurde. Tenor: Diese Clique drücke sich gern vor dem Zahlen von Steuern.
Der Moderator als Klassenkämpfer. Er verbeißt sich aber auch gern in Figuren, die man in Sozialpornos wie dem „Dschungelcamp“vermuten würde. Sein willigstes Opfer ist eine alte Stoffpuppe aus „Hallo Spencer“– total im Abstieg. Nostalgisch der Abgesang: H. P. Baxter, begleitet von Ehrenfeld. Hat der nette Frontman von Scooter noch die Power? Was will er uns denn heute sagen? „FCK 2020.“Wer würde ihm da im Ernst widersprechen?
die Möglichkeiten neuer und unerwarteter Sprachen, so Bonacossa. 500 Euro zahlt jede Galerie für die Teilnahme. Ausgewählt wurden sie von drei Kuratorenteams, die jeweils eine Sektion verantworten. Durch das digitale Format hätten sie viel globaler agieren können, so Bonacossa, denn Galerien hatten weder Reise- noch Standkosten.
Viele Newcomer. So sind heuer viele Newcomer aus Südamerika dabei, wie Manuel Solano aus Mexiko, der in seiner scheinbar harmonischen Malerei seine Kindheitsprobleme verarbeitet. Die für die Zeichnungs-Sektion Disegni verantwortliche Kuratorin Bettina Steinbrügge hebt die Arbeiten der jungen saudischen Künstlerin Sarah Abu Abdallah hervor, die vielschichtige Alltagserfahrungen in ihre Werke einbindet (ab 6000 Euro).
Eine spannende Wiederentdeckung in der „Back To The Future“-Sektion ist die britische Künstlerin Rose Finn-Kelcey. 1971 ließ sie ihre doppeldeutige Flagge „Hier ist eine Sturmwarnung“als Teil der damaligen Überblicksausstellung über Britische Kunst vor einem Gebäude des TV-Senders BBC wehen. Manche Passanten sorgten sich daraufhin tatsächlich vor einem aufziehenden
Sturm. Heute kostet diese Flagge 72.000 Euro.
Anders als bei den meisten Onlineversionen von Kunstmessen sind bei der Artissima die Preise der Werke angegeben. Und es ist gibt jede Menge Information: ausführliche Texte, Archivmaterial und Statements, in denen die Kuratorinnen ihre Entscheidungen erklären. Die Messe trägt eine klar kuratorische Handschrift.
Die Online-Version der Messe trägt dennoch eine klar kuratorische Handschrift.
Die Artissima steht im Besitz der Stadt Turin und ist Teil der Fondazione Torino Musei. Daher konnte sie mit ihrem zweiten Teil in den städtischen Museen gastieren. Kuratiert von der Messedirektorin selbst, wurden 140 Werke auf drei Häuser verteilt. Die Galeria Civica d´Arte Moderna e Contemporanea (GAM) beherbergt 100 Werke, das ehemalige Stadtpalais des Hauses Savoyen namens Palazzo Madama nahm rund 30 Werke von jungen Galerien aus den Editionen der letzten Jahre auf und im MAO (Museo d´Arte Orientale) gastieren zehn „orientalische“Werke im Dialog mit der Museumssammlung. Doch just am geplanten Eröffnungstag begann in Italien der neue „Lockdown light“: Alle Museen mussten schließen. Ursprünglich sollte „Artissima Unplugged“in den Museen bis 9. Jänner zu sehen sein. Vielleicht können sie mit den Galerien eine Verlängerung beschließen, hofft Bonacossa. Der Titel der heurigen 27. Artissima ist „Rasanter Stillstand“. Mit dem 2. Lockdown könnte es zum heurigen Motto des gesamten Kulturbetriebs werden.